Du betrachtest gerade Lob der Reptilien – Verhaltensforschung, Mythologie und Umgang mit uns fremden Tieren

Die Medienberichterstattung kann uns in jeder Hinsicht manipulieren, Ängste steigern oder auch abbauen. Dies kann man auch auf Filme anwenden. So auch geschehen im Beitrag zum Film „The Bayou„, der im UniWehrsEL besprochen wurde. Zu lesen war unter anderem, dass Beiträge zur Gefährlichkeit von Alligatoren, wie Angriffe von Alligatoren auf Menschen, duchaus das Gefühl der Bedrohung verstärken können. Solche Geschichten, die oft in den Nachrichten zu lesen sind, schüren Ängste, die tief in unserem Unterbewusstsein abgelagert sind. Darüber haben wir uns Gedanken gemacht.

Herzlichen Dank, lieber Schreibender (Name ist der Redaktion bekannt).

Ihre Ausführungen erinnern spontan an Prof. Dr. John Barghs Buch „Vor dem Denken“. Der berühmte
Sozialpsychologe, entschlüsselt in seinem Standardwerk das Unbewusste. Der von Ihnen besprochene Film „The Bayou“ deckt auf, wie unsere Gefühle, unser Denken und unser tägliches Verhalten, durch verborgene mentale Prozesse gesteuert werden. Burgh stellt nicht nur Forschungen und Experimente dazu an, wie wir zu unseren Überzeugungen kommen (analog zu Ihrem BeispieL: die Angst vor Alligatoren), sondern legt auch dar, wie Prägungen das gegenwärtige Bauchgefühl und Verhalten steuern, bevor das Denken überhaupt einsetzt. Auch im zwischenmenschlichen Bereich, wie in dem von Ihnen besprochenen menschlichen Krisenszenarium wäre es uns durchaus möglich, ungewollte Handlungsmuster zu vermeiden und das Unbewusste zu überlisten. Dies beschreibt Bargh in „DJ im Gehirn“ – was unser Denken zum Tanzen bringt.

Nicht nur Alligatoren, sondern auch Schlangen und Spinnen rufen Angst und Ekel hervor. Ohne je mit gefährlichen Tieren wirklich in Kontakt gekommen zu sein, gibt es eine vagabundierende Angst, vor allem in den westlichen Industrieländern. WissenschaftlerInnen am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig und der Uppsala University haben herausgefunden, dass sie in uns angelegt ist: Bereits sechs Monate alte Babys reagieren gestresst beim Anblick dieser Tiere – lange bevor sie diese Reaktion gelernt haben könnten.

So kann man bei Untersuchungen der Max Planck Gesellschaft (mpg.de )nachlesen: Auf Bilder von Schlangen oder Spinnen statt etwa einer Blume oder eines Fischs gleicher Farbe und Größe, reagierten Babys mit deutlich vergrößerten Pupillen. Stefanie Hoehl, Neurowissenschaftlerin am Leipziger Max-Planck-Institut und an der Universität Wien berichtet weiter über die Ergebnisse der zugrundeliegenden Studie. „Das ist bei gleichbleibenden Lichtverhältnissen ein wesentliches Signal dafür, dass das sogenannte noradrenerge System im Gehirn aktiviert wird, das mit Stressreaktionen in Verbindung steht.“ Selbst die Kleinsten sind also beim Anblick bestimmter Tiergruppen bereits gestresst.

Genau wie bei Alligatoren kann man davon ausgehen, dass bestimmte Ängste vor Tieren einen evolutionären Ursprung haben. Offensichtlich gibt es von Geburt an Mechanismen im Gehirn durch die wir Objekte als gefahrvoll für uns identifizieren, um darauf reagieren zu können. Offensichtlich prädestinieren uns angeborene Stressreaktionen dazu, Objekte als gefährlich oder eklig einzustufen. Weitere Faktoren führen dann zu Angst, Panik oder oder gar Phobie.

Und was uns im Unterbewusstsein beschäftigt, manifestiert sich in unseren Träumen. In the Archetype of the Crocodile kann man nachlesen, Krokodil und Alligator, erscheinen regelmäßig in den Träumen von Menschen fernab warmer, feuchter Lebensräume. Was uns Angst bereitet, erscheint aber auch mächtig, vielleicht sogar göttlich. „Schon in der altägyptischen Mythologie wurde das göttliche Krokodil Sobek besonders an Flussufern, der Schwelle zwischen Land und Wasser, verehrt. Der ägyptische Erdgott Geb wurde als Krokodil dargestellt, das das Tor zur Unterwelt bewacht.“

Und sehr poetisch ausgedrückt kann man weiter lesen: „Schwellen markieren den Zugang zum Unbekannten, einem Reich, in dem übliche Regeln nicht gelten – eine treffende Parallele zur Grenze zwischen Ego und Unbewusstem. Urkräfte, scheinbar versunken in den uralten Flussbetten der Psyche, können ausbrechen, um den Anspruch des Egos auf Autonomie zu ertränken, zu zerstückeln und zu verschlingen. Momente der Auflösung in Traumata oder Phasen der Psychose haben eine ebenso erdrückende Kraft wie die schrecklichen Zähne und das klaffende Maul des Krokodils. Auch die unbewusste Quelle des Bewusstseins hat die Macht, es zu verzehren. Das Krokodil steht für Gefahr, Tod und den unerbittlichen Drang des Lebens, sich selbst zu verwirklichen“.

Auch Schlangen hatten bereits im Alten Orient und in Ägypten ein ausgesprochen breites, dualistisches Bedeutungsspektrum, lässt uns der br wissen. Sie gelten als Feinde oder Schutzmächte, repräsentieren Weisheit, Fruchtbarkeit und Regeneration, andererseits Tod, Zerstörung und Sterben. Sie verweist im altorientalischen Raum auf ein starkes königliches Machtsymbol, findet sich auf Gegenständen, die vom vernichtenden wie auch schützendem Potenzial des Herrschers künden. Im Alten Ägypten, wie in vielen altorientalischen Kulturen, ist die Schlange ein Ausdruck höchster göttlicher und königlicher Kraft und manifestiert sich beispielsweise wie Wadjet, die Landes- und Schutzgöttin Unterägyptens, als aufgerichtete Kobra.

Die Angst vor diesen Tieren ist aber nicht ganz unbegründet wie man im BR 24 zu einem Bundeswehr-Schlangentraining nachlesen kann. „Im Auslandseinsatz begegnen Bundeswehr-Soldaten oft gefährlichen Schlangen wie Kobras, Puffottern oder Vipern. Einfach töten darf man die Tiere nicht. Deswegen gibt es für die Soldaten ein Schlangentraining in München – einzigartig in Deutschland“.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Team UniWehrsEL

Danke für Ihre interessanten Anregungen und Bilder und das Bild von Aryavrit India auf Pixabay