Du betrachtest gerade Teil XIV „Tatort Frankfurt. Welche Rolle spielt die Magie der Musik?“ Museum für Kommunikation Gedankenspiel um Callas, Pasolini, Goodall

Rückblick Teil XIII: Ritter fühlt sich unruhig, seitdem Paula Pechstein ihm Misstrauen gegenüber seinem Freund und Mitstreiter in der Aufklärung der Opernmorde eingeflüstert hat. Bislang hat er dessen Opernkenntnisse als sehr hilfreich empfunden, nun aber wundert er sich darüber, warum  I. Burn immer zur richtigen Zeit am Tatort auftaucht. Es spielte gleich Sympathie mit, als er I. Burn vor zwei Jahren im Eintracht-Museum kennenlernte und ihn wegen seiner profunden Kenntnisse im Opernmilieu schätzten lernte, etwas lässt ihn nun aber innerlich aufhorchen.

Ritter macht sich klar, dass er es war, der den Opernkritiker um Hilfe bat, als der erste Mord, der Carmenmord in der Neuen Altstadt Frankfurts geschah. Die Zweifel um Burns Loyalität und Identität beiseite schiebend, stellt sich ihm die Frage: Wer ist die Tote im Kommunikationsmuseum und was hat sie mit Pasolini zu tun, denn der war Regisseur beim Callas-Film Maria. Gibt es eine neue heiße Spur?

Eingefügte Szene E. M.: Ein Netz aus Bild, Klang und Erinnerung

Eingefügte Szene R. W.: Ritter fühlt sich wie in einen Tagtraum versetzt. Er spürt den Regen. Der trommelt leise gegen die großen Panoramafenster des Kommunikationsmuseums, während die Neonlichter der Ausstellung New Realities – KI erfindet die Mode neu“ ein kaleidoskopisches Flimmern über die staubigen Messgeräte der Fernschreiber werfen.

Im Zwielicht, das zugleich futuristisch und historisch wirkt, schwebt sein Traumerscheinungs-Flair durch die Hallen, lspürt, die Luft ist durchdrungen von den fernen Tönen einer Opernarie, dem Rufen einer Diva, deren Stimme einst die Welt in Schwingung versetzte – Maria Callas, nun nur noch ein Schatten in einem kunstvoll gefertigten Kostüm.

Doch hinter dem glänzenden Stoff der KI‑generierten Kleider erblickt sein Traumgebilde einen anderen, viel erdigeren Stoff:, die Tote trug unter ihrem Gewand einen Tropenanzug: das Gewand einer Tierschützerin. Das gerade gefundene Opfer erinnert ihn an Jane Godall, die legendäre Primatologin. Wie Jane Goodall trug diese Unbekannte nicht nur ein Kostüm, sie trug eine Mission. Teilten etwa beide die Leidenschaft für die Tiere, die eine weltweit, die andere vielleicht lokal? Gibt es einen Zusammenhang zum Frankfurter Zoo, vielleicht ein Hinweis auf einen Pharma-Skandal? Gerade ist Goodall gestorben, gibt es da eine Parallele? Ritter sinniert mit einer gewissen Melancholie.

Seine Gedanken schweifen weiter. In den Schatten dieses Museums, selbst ein Archiv der Kommunikation – von der Telegrafie bis zur digitalen Datenflut, – hallt ein weiteres Echo: das Werk von Pier Paolo Pasolini. Der Regisseur, Dichter und Filmemacher, der am 5. März 2022 sein hundertjähriges Wiegenfest gefeiert hätte, nutzte Tiere stets als Metaphern für das Verblassen der bäuerlichen Welt. Sein Essay Vom Verschwinden der Glühwürmchen und der provokante Film Der Schweinestall“ – in dem Wildschweine eine kannibalistische Gemeinschaft bilden – zeigen, wie er das Tier als Spiegel der Gesellschaft einsetzte.

In Ritters melancholische Stimmung schwingt der Gedanke mit, auch dieser Mensch musste eines unnatürlichen Todes erliegen. Der Mord an Pasolini 1975, ein junger Fahrer, ein Alfa 2000 CT, ein nächtlicher Schuss in Ostia, ein Geständnis voller Widersprüche – all das bleibt ein ungeklärtes Kapitel, das wie ein losesitzender Zahn im Zahnrad der Geschichte knackt. Und nun, ein halbes Jahrhundert später, liegt wieder ein Mensch leblos vor ihm. Ritter hebt den Schleier über dem Gesicht der Leiche um, aber was ist das …?

Eingefügte Szene K. V.:  Dialog – Ritter & Paula Pechstein über die wahre Identität des Opfers

Der Opernkritiker I. Burn sitzt in einem abgelegenen Besprechungsraum des Kommunikationsmuseums. Das Licht ist gedämpft, nur das Summen der alten Fernschreiber‑Anlagen ist zu hören. Ihm gegenüber sitzt die Klatschreporterin Paula Pechstein, immer noch gewandet wie eine makabre Interpretation von Frankensteins Braut, denn sie liebt ja, wie Burn inzwischen weiß, Hexen und Vampire. Irgendwie merkwürdig dieser Zufall, denn er war ja bei der Halloween-Nacht, in der der Mord geschah, ebenfalls als Vampir gekleidet.

Paula Pechstein hat ein Notizbuch vor sich liegen, in dem sie hastig Stichworte sammelt. Burn hat zugestimmt, mit ihr die gerade erlebten Vorgänge nochmals durchzugehen. Auch wenn er es sich nicht eingesteht, der Gedanke, vielleicht eines Tages in einem Krimi von ihr als Held zu erscheinen, gefällt ihm und schmeichelt ihm. Auf der Buchmesse in Frankfurt als Vampir und Hexe zu erscheinen, lässt ihn schmunzeln. Burn hat beim oberflächlichen Inspizieren der Leiche eine Entdeckung gemacht, die auch Paula ins Auge gestochen ist.

Paula: „Burn, wir haben uns bisher immer auf die Maria Callas‑Verkleidung konzentriert. Aber die Leiche… sie war gar nicht weiblich.“

Burn (runzelt die Stirn): „Auch ich habe das Bild noch einmal angesehen. Das Gesicht war zu maskulin, die Kieferpartie zu ausgeprägt. Und die Kleidung – ein Anzug, der an die 1970er‑Jahre erinnert.“

Paula (blättert): „Der Name, den Kommissar Ritter im Ausweis gefunden hat, lautet Jay Goodall. Sie war eine Tierschützerin, hat sich nach Jane Goodall benannt und war regelmäßig im Frankfurter Zoo zu sehen.“

Burn: „Ein Mann, der sich Jay nennt, aber als Frau im Kostüm einer Operndiva erscheint? Das ist… ein Rätsel.“

Paula: „Es gibt eine Parallele zu Pier Paolo Pasolini. Erinnern Sie sich an den 5. März 2022? An diesem Tag wäre Pasolini 100 Jahre alt geworden. Der Regisseur war berühmt dafür, Tiere als Metaphern zu benutzen – sein Essay „Das Verschwinden der Glühwürmchen“ und der Film „Der Schweinestall“, in dem Wildschweine eine kannibalistische Gemeinschaft bilden.“

Burn: „Pasolini wurde 1975 in Ostia von einem 17‑jährigen Fahrer, Giuseppe Pino Pelosi, erschossen. Offiziell war das ein politisches Attentat, doch das Geständnis im Gefängnis war voller Widersprüche.“

Paula (nickt): „Genau. Und Jay Goodall hatte dieselbe Obsession: Sie sah Tiere als Spiegel der Gesellschaft. In ihrem Blog schrieb sie, dass die Glühwürmchen – die leuchtenden Insekten – das Symbol für das Verschwinden der ländlichen Kultur seien, genau wie Pasolini es in seinem Essay tat.“

Burn entgegnet: „Also… die Leiche ist nicht nur ein Kostüm, sie ist ein Statement. Sie trägt das Bild einer Operndiva, weil das die Öffentlichkeit anzieht, aber ihr wahres Ich ist ein Tierschützer – ein moderner Medea‑Typ, der das Unrecht an der Natur anprangert. Zusamengefasst also: dem Täter geht es um die Opern-Diva Maria Callas, ihre Sprechrolle in Pasolinis Film mit inhaltlichem Europides-Mythos und es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Film „Medea“, dem Mord, der das Opfer wie eine Callas-Parodie aussehen lässt, und Pasolini, dem Inszenator und Regisseur im Film und hier beim Mord im Museum. Und jetzt kommt noch der Tierschutz ins Spiel – mir brummt der Kopf!“

Paula: „Und das Museum selbst ist das perfekte Bühnenbild. Die Ausstellung New Realities zeigt KI‑Mode, die aus Daten generiert wird – genau wie Pasolini Daten über das Landleben in seine Filme einspeiste.“

Burn (lehnt sich zurück): „Wenn wir das Bild von Pasolini und dem Mord von 1975 als Vorlage nehmen, dann ist unser Mörder vielleicht jemand, der die Geschichte wiederholen will. Jemand, der die Todesmaske von Pasolini trägt, aber heute in Form einer KI‑generierten Kostüm‑Maske.“

Paula (schreibt hastig): „Das heißt, wir suchen nach einer Person, die sowohl Pasolini als kulturelles Vorbild kennt, als auch Jay Goodall bewundert … und noch dazu die Callas in einer Sprechrolle gut findet. Das macht es zwar spannend, alber nicht einfacher. Künstler oder Kurator, der oder die im Museum arbeitet und die Verbindung zu den Tieren nutzt, um eine Botschaft zu verschleiern, aber nachdrücklich zu verkünden?

Burn: „Ein Hinweis: Der Frankfurter Zoo wurde 1858 eröffnet – nach dem Berliner Zoo der älteste Deutschlands. Also vielleicht jemand der Traditionen schätzt?Jay Goodall war dort fast täglich. Wenn wir die Besucherlisten vom 31. Oktober 2025 durchsehen, finden wir vielleicht einen Namen, der sowohl im Zoo‑Logbuch als auch im Museum auftaucht.“

Paula: „Und das Rätsel bleibt: Wer hat die Leiche dort platziert? Wer hat das Kostüm der Operndiva gewählt, um die Aufmerksamkeit von der wahren Botschaft abzulenken?“

Burn (lehnt den Kopf zurück, ein schwaches Lächeln): „Vielleicht ist die Antwort in den Brieftauben versteckt, von denen uns Ritter erzählte, in seinem seltsamen Traum. Jede Taube könnte einen Hinweis tragen – ein Wort, ein Datum, ein Name. Wir müssen sie finden.“

Paula (schließt das Notizbuch): „Dann fangen wir an. Ich rufe die Zoo‑Administration, Sie prüfen die Besucher‑Logs, und wir fragen das Museumspersonal nach allen, die in den letzten Wochen über Pasolini oder KI‑Mode gesprochen haben.“

Ritter: „Und wir behalten die Glühwürmchen im Hinterkopf – das Symbol für das Verschwinden der Wahrheit.“

Die beiden stehen auf, das Licht flackert, und der Klang der alten Fernschreiber‑Tasten hallt wie ein ferner Herzschlag durch den Raum. Das Rätsel ist noch nicht gelöst, doch ein neuer Pfad hat sich eröffnet.

Danke an Pixabay und Titelbild des Tierschutzes by Adi Armen from Pixabay

  • Beitrags-Kategorie:Alltagskultur / Blog
  • Beitrag zuletzt geändert am:14. November 2025
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