Du betrachtest gerade <strong>„Der perfekte Schein – Felix Krull und die Kunst des Hochstapelns heute“</strong>

Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ kann man am 11. August 2025 um 20:15 im Frankfurter Grüneburgpark life bei der „Dramatischen Bühne“ erleben. Die Geschichte vom Hochstapler und Trickdieb Felix Krull, der lügt, täuscht und sich lächelnd durchs Leben schlägt, passt wunderbar zu unseren „Halbwahrheiten“. Gelingt es dem Protagonisten doch, dem Leben die heiteren Seiten abzugewinnen. Und dass dabei bestimmte Verluste hingenommen werden müssen, scheint unausweichlich. Klar, dass sich der Kulturbotschafter des UniWehrsEL dieser Story angenommen hat. Wie immer tausend Dank dafür!

Liebe UniWehrsEL-Leser,

„Mit einer eleganten Bewegung zog Felix das goldene Etui hervor, ein Geschenk, das er natürlich nicht selbst bezahlt hatte, und bot seinem Gegenüber eine Zigarette an. ‚Sie werden verstehen, dass ein Mann wie ich auf höchsten Stil Wert legt.‘ Sein Blick glitt beiläufig über die prächtigen Dekorationen des Salons – Besitz, der ihm nie gehört hatte, aber in diesem Moment vollkommen zu ihm zu gehören schien. Nicht ein Funken Zweifel, nur der makellose Schein.“ (Auszug aus Thomas Mann: Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull)

Lassen Sie uns gemeinsam anhand dieses spannenden ‚Evergreens‘ einige Fragen stellen und versuchen, daraus auch Antworten abzuleiten.

Felix Krull: Ein Meister der Täuschung?

In Thomas Manns Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull wird die Kunst der Täuschung auf faszinierende Weise entfaltet. Doch welche Eigenschaften muss ein Hochstapler wie Felix Krull mitbringen, um so erfolgreich zu sein? Zunächst benötigt er ein hohes Maß an Eloquenz – die Fähigkeit, Worte so geschickt einzusetzen, dass sie seine Umgebung verzaubern. Felix beherrscht diese Kunst bis zur Perfektion, sei es, um Vertrauen zu gewinnen oder Zweifel zu zerstreuen.

Ebenso wichtig ist Charisma – jene schwer fassbare Ausstrahlung, die andere in seinen Bann zieht. Felix versteht es, Sympathie und Bewunderung zu wecken, oft ohne, dass sein Gegenüber genau weiß, warum. Dazu kommt eine ausgeprägte Improvisationsfähigkeit, die es ihm erlaubt, auch in unerwarteten Situationen elegant zu reagieren und aus der Not eine Tugend zu machen. Schließlich braucht ein Hochstapler wie Felix eine gehörige Portion Selbstbewusstsein, das ihn daran hindert, an sich selbst zu zweifeln und seine Scheinwelt aufrechtzuerhalten – selbst, wenn die Wahrheit schon bedrohlich nahekommt.

Von der literarischen Figur zur digitalen Welt

Felix Krull ist ein Paradebeispiel für einen charmanten Täuscher, der mit Witz, Eloquenz und einem Hauch von Dreistigkeit eine Welt erschafft, in der Illusion und Realität verschwimmen. Seine Hochstapelei basiert auf Halbwahrheiten, einem gekonnten Spiel mit den Erwartungen seiner Mitmenschen und seiner Fähigkeit, sich in die Rolle desjenigen zu versetzen, der er sein möchte. Genau diese Eigenschaften machen ihn auch in der heutigen Zeit relevant.

In den sozialen Medien findet sich Felix Krulls Geist in moderner Form wieder. Influencer erschaffen Scheinwelten, bauen ihre Marken auf Halbwahrheiten auf und schaffen es, die Aufmerksamkeit und das Vertrauen ihrer ‚Follower‘ zu gewinnen. Soziale Plattformen laden zur Selbstinszenierung ein und belohnen diejenigen, die diese Illusionen am überzeugendsten gestalten. Felix Krull könnte sich in dieser Welt problemlos bewegen – vielleicht würde er heute als gefeierter Influencer glänzen.

Das Staatstheater Mainz hat dies in seiner Inszenierung von Felix Krull unterstrichen, indem es die Hauptrolle mit einer Frau besetzte. Diese Entscheidung zeigt, dass die Kunst der Täuschung geschlechtsunabhängig ist. Halbwahrheiten dienen sowohl der Reproduktion als auch der Hinterfragung traditioneller Geschlechterrollen – sie bieten Raum, Identitäten neu zu erfinden und mit Erwartungen zu spielen.

Am Ende bleibt die Frage: Sind wir die Hochstapler, die Getäuschten – oder beides? Felix Krull hält dem Zuschauer einen Spiegel vor, der zeigt, wie universell die Verlockung des perfekten Scheins ist – damals wie heute.

Psychologie der Selbstinszenierung in sozialen Medien

Warum streben Menschen auf Plattformen wie Instagram, TikTok oder Facebook danach, sich besser darzustellen, als sie tatsächlich sind? Die Antwort liegt tief in der Psychologie des Menschen verwurzelt. Soziale Medien sind eine Bühne, die es erlaubt, gezielt nur die besten und attraktivsten Aspekte des eigenen Lebens zu präsentieren. Dies geschieht, weil Menschen sich nach Anerkennung und Bestätigung sehnen – ein grundlegendes Bedürfnis, das durch Likes, Kommentare und Follower erfüllt wird. Das Belohnungssystem der sozialen Medien stimuliert dabei das Gehirn, ähnlich wie bei anderen Genussmitteln, was eine Art Sucht nach dieser Anerkennung erzeugt.

Darüber hinaus gibt es in einer Welt, die zunehmend leistungs- und konsumorientiert ist, einen enormen Druck, ein perfektes Leben zu führen. Soziale Medien verschärfen diesen Druck, indem sie durch algorithmisch hervorgehobene Inhalte eine verzerrte Realität schaffen, in der scheinbar alle erfolgreich, schön und glücklich sind. Um nicht zurückzubleiben, greifen viele zu Strategien der Selbstdarstellung, die Halbwahrheiten oder sogar reine Illusionen beinhalten – genau wie Felix Krull es tat. Es ist eine Flucht vor der eigenen Unsicherheit und der Wunsch, von anderen bewundert zu werden.

Faszination und Gefahr der Hochstapelei

Doch warum sind Hochstapler wie Felix Krull für die Gesellschaft schädlich, während sie gleichzeitig eine so große Faszination ausüben? Hochstapelei kann Vertrauen untergraben und gesellschaftliche Strukturen destabilisieren. Betrüger wie Felix Krull oder moderne Hochstapler in sozialen Medien manipulieren Menschen, erschaffen falsche Ideale und Werte und setzen oft auf unehrliche Mittel, um persönliche Vorteile zu erlangen. Sie fördern eine Kultur, in der es wichtiger scheint, den perfekten Schein zu wahren, als authentisch und ehrlich zu sein.

Und doch ist die Faszination unbestreitbar. Der Zuschauer fühlt sich von Hochstaplern angezogen, weil sie eine Art von Meisterschaft im Spiel mit der Realität verkörpern. Es ist die Kombination aus Dreistigkeit, Cleverness und der Fähigkeit, Regeln zu brechen und dennoch Sympathie zu gewinnen, die sie so spannend macht. Hochstapler halten uns einen Spiegel vor – sie verkörpern oft Wünsche und Träume, die tief in uns schlummern, wie den Wunsch nach Anerkennung, Erfolg oder Freiheit von gesellschaftlichen Zwängen.

Fazit

Felix Krull zeigt dem Leser, dass Täuschung, geschickt eingesetzt, eine Kunstform sein kann – eine, die faszinierend und abstoßend zugleich ist. Doch ob in der Literatur, auf der Bühne oder in den sozialen Medien: Die Kunst des Hochstapelns birgt auch Risiken. Sie untergräbt Vertrauen, fördert Oberflächlichkeit und verführt dazu, der Illusion mehr Wert beizumessen als der Wahrheit.

Liebe Grüße Ihr Kulturbotschafter des UniWehrsEL

Danke für Image by Roland Steinmann from Pixabay