„Inspiration Pomeji“ – Besuch des Pompejanums in Aschaffenburg mit Blick auf „cave canem“
Sehr beeindruckt hat einen unserer Leser des UniWehrsEL der Beitrag „Auf den Tiger gekommen„. Daran anknüpfend schickte er uns mit besten Grüßen diesen Beitrag „wie er auf den Hund gekommen sei“. Er berichtet uns von seinem Besuch des Pompejanums in Aschaffenburg. Dieses kleine Stück Italien am Hochufer des Mains habe ihn, wie er die Leser des UniWehrsEL wissen lassen möchte, tief berührt. Herzlichen Dank für Ihre liebevollen Recherchen und die Teilhabe an Ihren Erfahrungen, sowie den Hinweis auf die Sonderausstellung, die noch bis Ende Oktober besucht werden kann!
Liebe Leser des UniWehrsEL,
lassen Sie uns heute ein wenig gemeinsam Geschichte betreiben. Die Ausgrabungen der im Jahr 79 n. Chr. durch den Ausbruch des Vesuvs verschütteten Städte Herculaneum (ab 1738) und Pompeji (ab 1748) hatten eine wahre Leidenschaft für die Antike bei den Deutschen entfacht, die auch den bayrischen König Ludwig I. (reg. 1825–1848) ergriff. Deshalb ließ der König zwischen 1840 und 1848 durch seinen Architekten Friedrich von Gärtner (1791–1847) in Aschaffenburg den Nachbau der pompejanischen Casa dei Dioscuri errichten.
Im Zweiten Weltkrieg schwer gezeichnet, erhob sich das Pompejanum ab 1960 wie ein Phönix aus der Asche: in mehreren Restaurierungsphasen wurden Trümmer beseitigt, verlorene Räume rekonstruiert und Fresken behutsam erneuert. Seit 1994 bereichern zudem originale römische Kunstwerke — Marmorskulpturen, feine Kleinbronzen und antike Gläser — die Räume; zwei ausdrucksvolle Götterthrone aus Marmor gelten als besonders kostbar. Dazu kommen jährlich wechselnde Sonderausstellungen zu archäologischen Themen, die das Haus immer wieder neu beleben.
Anlässlich der Sonderausstellung „Inspiration Pompeji. 175 Jahre Innenausstattung des Pompejanums“ (bis 31. Oktober 2025) wurden etwa 30 von rund 300 Planungsstücken ausgewählt und für das Publikum gezeigt. Die Objekte — Entwürfe, Zeichnungen, Farbmuster und Detailstudien — machen sichtbar, wie genau und liebevoll die Räume der Villa geplant wurden. Besonders für Besucher: Wegen der Ausstellung sind einmalig drei kleine Räume im Obergeschoss geöffnet, deren Wandmalereien sehr gut erhalten sind. Dort wird deutlich, wie die Ideen aus den Vorlagen in die Nachbildung in Aschaffenburg umgesetzt wurden.
Besonders beeindruckt hat mich bei meinem Besuch des Pompejanums ein Mosaik. Es ist am seitlichen Eingang des Gebäudes angebracht und wird auf dem Museumsprospekt beworben. Mein Blick fiel sofort auf das bekannte Fresko „Hüte dich vor dem Hund“: der schwarze Hund mit dem kurzen Halsband und der warnenden Schrift scheint den Betrachter direkt anzuschauen. Das Mosaik trifft den Betrachter sofort mit einer klaren, beinahe direkten Ansprache; die kurze Inschrift „Carve Carnem“ und der aufmerksame Blick des Hundes erzeugen das Gefühl, persönlich gewarnt zu werden.
Durch die realistische Darstellung des Hundes gewinnt das Bild emotionale Nähe: man spürt Schutzbereitschaft, aber auch Distanz — ein zwiespältiges Gefühl von Geborgenheit und Misstrauen. Formal lenken Kontrast und Blickrichtung die Aufmerksamkeit auf das Tier, wodurch der Hund zur zentralen Figur wird und eine psychische Spannung mit dem Betrachter aufbaut. Für viele Betrachter löst das Mosaik Erinnerungen an eigene Haustiere (oder eigene Schilder mit Warnungen vor dem Hund) und Schutzinstinkte aus; diese persönliche Resonanz macht das Bild auch für heutige Betrachter interessant und berührend.
Diese Warnung vor dem Hund ist eines der bekanntesten Mosaiken Pompejis und wurde auch für das nachgebildete Pompejanum in Aschaffenburg angefertigt. In diesem Moment wurde mir bewusst, wie sehr Tiere in antiker Kunst nicht nur dekorative Motive sind, sondern Spiegel menschlicher Seelenzustände.
Das Fresko wirkt auf den ersten Blick wie ein praktischer Warnhinweis — zugleich ist es ein Bild voller Symbolik. Der Hund als Wächter, der vor Eindringlingen schützt, steht für Misstrauen und Schutzbereitschaft. Gleichzeitig kann er Nähe und Loyalität ausdrücken: Begleiter bei der Jagd, Kamerad im Krieg, Beschützer des Hauses. In der Geschichte begegnet uns der Hund in vielen Rollen — vom treuen Haushund bis zum Canis Pugnax, dem kampfesmutigen Hund der Antike. Kein Wunder, dass Künstlerinnen und Künstler ihn so gern darstellten: Hunde zeigen Gefühle auf einfache, klare Weise. Ihr Blick, ihr Heulen, ihr Bewachen spiegeln Ängste, Hoffnung und Trauer der Menschen.
Diese kleinen Steinchen erzählen ähnlich wie das Fresko Geschichten von Beziehungen — von Mensch und Tier, die einander brauchen. Im Mosaik sehe ich den Hund nicht nur als Wächter: er ist Begleiter auf der Jagd, Symbol für Mut in der Schlacht, aber auch ein Hinweis auf das Unheimliche. Man glaubte, das Heulen eines Hundes könne den nahenden Tod ankündigen — eine Vorstellung, die Angst und Aberglauben der Menschen jener Zeit offenlegt. Darin zeigt sich die Anima: Tiere als Projektionen unserer inneren Welt, als Spiegelbilder dessen, was den Menschen bewegt. Insgesamt wirkt das Mosaik wie ein Spiegel: Es ruft unterschiedliche Gefühlslagen hervor — Wachsamkeit, Trost, Furcht und Bindung — und zwingt den Betrachter dazu, seine eigenen inneren Reaktionen zu beobachten.
Das Pompejanum selbst, diese im 19. Jahrhundert nach pompejanischen Vorbildern errichtete Nachbildung, macht solche Bilder lebendig. König Ludwig I. ließ aus seiner Begeisterung für die Stadt Pompej erbauen, heute ist seine Nachbildung ein Glücksfall für alle Kunstbegeisterten. Sie können hier die antike Kultur studieren: Zwischen Viridarium und Atrium, zwischen sorgfältig nachgebildeten Mosaiken und originalen Fundstücken aus Rom, fühlt man sich in eine andere seelische Landschaft versetzt. Die mediterrane Gartenpartie mit Feigen, Wein und Kiefern trägt dazu bei: eine Atmosphäre, in der die Begegnung mit Tieren wie dem Hund noch unmittelbarer wirkt.
Beim Verweilen vor dem Fresko „Hüte dich vor dem Hund“ wurde mir klar: Hunde sind mehr als von den Römern verwendete Nutztiere oder schönes Dekor. Sie sind Projektionsflächen unserer Ängste, unseres Schutzbedürfnisses, unserer Treue — und damit ein Schlüssel zum Verstehen menschlicher Gefühle über Jahrtausende. Das Hunde-Fresko am Pompejanum zeigt das auf eine sehr berührende, fast intime Weise.
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