Du betrachtest gerade Matthias Meitzler: Forschung zur Trauerkultur um Haus- und Heimtiere – Vera Müller-Skuplik: „Tiere beim Sterben begleiten“

Im Wintersemester 2025/26 geht es um den Umgang von Menschen und Tieren, aus verschiedenen wissenschaftlichen Perspektiven und Disziplinen heraus betrachtet. Dazu konnten Experten angeworben werden. Unter anderem wird die bekannte Tierärztin Dr. Vera Müller-Skuplik von ihrem Buch „Tiere beim Sterben begleiten“ berichten. Die Thematik der Bedeutung des Heimtieres als Sozialpartner und dessen Verlust, war unter anderem auch ein Beitrag in unserem Seminar „Gestatten Sie, dass ich liegen bleibe“, in dem sich alles um den gesellschaftlichen Umgang mit Sterblichkeit drehte. Schlüsselwörter nach den Soziologen Matthias Meitzler und Thorsten Benkel sind dazu die „Human-Animal Studies“, die unter anderem auch den Heimtiertod, die Tierfriedhöfe, Trauer und Bestattungskultur von Tieren umfassen.

Matthias Meitzler beschreibt in Animalische Avantgarde. Zeitgenössische Kundgaben von Trauer um verstorbene Heimtiere die Beziehungsgeschichte von Menschen und Tieren sei lang, heterogen und ambivalent. Lange Zeit wurden Tiere nicht „als sinnhaft handlungsfähige Subjekte anerkannt, sondern jenseits des Sozialen verortet“. Kurzum weniger die Soziologen, als die Naturwissenschaftler setzten sich mit Tierischem auseinander.

Die Mensch-Tier-Sozialität als Forschungsgegenstand fuße auf den, in den USA der späten 1980er-Jahre entstandenen „Human-Animal Studies“ (HAS), einem interdisziplinären Forschungsprogramm, das sich mit der Rolle von Tieren in der Gesellschaft und mit Kommunikations- bzw. Interaktionsprozessen zwischen Menschen und Tieren auseinandersetze.

Ein Leben ohne Tiere zu führen (analog besonders eines ohne den Mops, dies fand schon Loriot), sei möglich, aber sinnlos. Nun gilt dies nicht nur im Umgang mit Haustieren, vielmehr kommt man um den Kontakt und die Einstellung zu Tieren schwer herum. Ob Jagd, Schlachtung, Massentierhaltung und Fleischkonsum, Tierschutz, Züchtung und öffentliche Zurschaustellung bis hin zur Tierpräsenz in Literatur, Kunst und Forschung, an potentiellen Mensch-Tier-Begegnungskontexten und somit wissenschaftlichen Problemstellungen mangele es, so Meitzler, jedenfalls nicht.

Ein bedeutendes Forschungsfeld sei dabei der zeitgenössische Umgang mit Heimtieren (zwischen Heimtieren und Haustieren unterscheidet der Soziologe). Der Bedeutungswandel des Mensch-Tier-Verhältnisses zeige sich vor allem im erhöhten Stellenwert im Leben ihrer Halter*innen. Als „Companion Animals“ erlangten sie einen Rang, der ihre Animalität nicht nur relativiere, vielmehr würden sie nicht nur als Hund oder Katze, sondern als „Sozialpartner mit unverwechselbaren Charakteristika, Kompetenzen und Rollen“ wahrgenommen.

Meitzler schreibt davon, dass die lebensweltliche Geltung eines Tieres besonders an seinem Lebensende offenkundig werde. Wie der Tod eines Menschen, so stellt auch der eines Heimtieres ein krisenhaft, affektuell erschütterndes Erlebnis dar, welches Trauer hervorruft und nach ritueller Bewältigung verlange.

Anhand von qualitativen Interviews mit Trauernden, Veterinärmediziner*innen, Tierbestatter*innen, Trauerbegleiter*innen etc. sowie im Zuge von ethnografischer Feldforschung auf Bestattungsfachmessen, in einem Tierkrematorium und einer Werkstatt für Tierpräparation sowie auf bislang über 20 Tierfriedhöfen im gesamten deutschsprachigen Raum (punktuell auch im europäischen Ausland) habe Meitzler den zeitgenössischen Stellenwert des Heimtiertodes unter die Lupe genommen.

Der Verlust eines Tieres lässt den Menschen wachsen und reifen und sozialisatorische Fähigkeiten erwerben. Kinder, die mit Tieren aufwachsen, erlangen Fürsorgekompetenzen, erfahren aber auch, da das Tier eine geringere Lebenserwartung aufweist als der Mensch, erste Todesdeutungsmuster und Trauerbewältigungserfahrungen (vgl. Meitzler, 2017a, S. 185 in „Hunde wollt ihr ewig leben? Der tote Vierbeiner – ein Krisentier“)“.

Die erste Begegnung mit dem Sterben eines für sie bedeutsamen Anderen, inklusive der damit verbundenen psychosozialen Begleiterscheinungen, will von Eltern sorgsam vorbereitet und, wenn möglich, von Experten begleitet sein. Hier setzt die Tierärztin Vera Müller-Skuplik mit ihrer langjährigen Erfahrung an, um Orientierungs- und Entscheidungshilfen zu geben, wenn das Leben des geliebten Haustieres zu Ende geht. Wunderbar, dass uns Vera Müller-Skuplik diesen bedeutenden Einblick in ihre Erfahrungswelt ermöglicht.