Du betrachtest gerade Teil VII Schreibwerkstatt Tatort Frankfurt – Welche Rolle spielt die Magie der Musik? Auftakt: Frankfurt Holzhausenpark

Nach dem Zwischenfall in der Paulskirche (Schreibwerkstatt Tatort Frankfurt Teil VI), bei dem der Tenor Strahlemann schwer verletzt wurde, die Primadonna ihre Unschuld beteuerte und ein, einem Schwert ähnelnder Gegenstand als falsche Requisite Burn ins Auge stach, kommt es zum geplanten Showdown im Frankfurter Holzhausenpark.

Zur Erinnerung: Burn hat im Teil V unserer Schreibwerkstatt, der in der Oper Frankfurt spielte, vorgeschlagen, der Mörderin oder dem Mörder eine Falle zu stellen. „Um diesem Monster eine Falle zu stellen, müssen wir uns auf ein gewagtes Rollenspiel einlassen. Du hast eine junge Kollegin, die wie sie mir vor einiger Zeit verriet, nicht nur ein sehr großer Fan der Oper ist, sondern für einige Zeit in die potentielle Opferrrolle schlüpfen könnte …“ „Auf gar keinen Fall“, fällt ihm Ritter ins Wort, „Du musst verrückt geworden sein, um so etwas überhaupt nur vorzuschlagen …“

Anmerkung UniWehrsEL: Was wissen wir eigentlich über I. Burns Vergangenheit? Woher kommen eigentlich seine Opernkenntnisse tatsächlich? War er vielleicht früher selbst ein Regisseur oder wäre es vielleicht gerne geworden? Dasselbe gilt für den scharfsichtigen Kommissar Ritter. Auch über ihn erfährt der Leser, die Leserin nichts. Ritter selbst könnte Zweifel daran haben, ob er für einen solchen ‚künstlerischen Fall tatsächlich der Richtige ist. Ist es legitim, in einer solchen schwerwiegenden Mordserien tatsächlich weitgehend auf die Ideen und Vorschläge eines Menschen einzugehen, der ein Fremder in der Polizeiarbeit ist? Kann Ritter I. Burn wirklich vertrauen?

Eingefügte Szene K. I. Finale – das letzte Duett? Tatsächlich hat Burn nicht nur Ritter, sondern das ganze Ermittlerteam dazu überredet, die Inszenierung auf einer Probebühne im Holzhausenschlösschen zu wagen. Die Ausschreibung war kurzfristig in allen namhaften Zeitungen publiziert worden, man suche nach einem neuen Regisseur, einem einmaligen Talent mit völlig neuen Ideen, der eine nie gekannte Magie der Musik entfalten könne, die junge entzückende ‚Butterfly’ anders und neu mit gänzlich unbekannten einmaligen Talenten und Künstlern besetzen. Burn ist sich ganz sicher: dem kann dieser Selbstdarsteller, dieser Möchtegern, dieser eingebildete Herr über Leben und Tod nicht widerstehen. Ihn im wahrsten oder doppelten Sinne ‚auf die Bühne zu stellen und ihn dort zu stellen‘, ist Herausforderung und eigentlich ein Wahnsinn, wie Ritter es empfindet.

Burn hat die Butterfly als geeignet gefunden, weil sie tatsächlich im nächsten Jahr unter dem Titel „Madama Butterfly „in der Oper Frankfurt gespielt wird. Es geht darum, dass sich zwischen Cio-Cio-San, genannt »Butterfly«, und dem US- amerikanischen Marineoffizier Benjamin F. Pinkerton eine unheilvolle Beziehung entwickelt, an deren Ende ihr ritueller Selbstmord steht. Das passt einfach zu gut zu der Opern-Mord-Reihe, um das Schicksal gescheiterter Existenzen.

Eingefügte Szene K. W. Fund und missglückter Showdown auf der Probebühne

In dem leerstehenden Theaterproberaum, kurz bevor der Mörder sein ‚Finale‘ inszenieren will, kommt es zum alles entscheidenden Showdown. Der Opernexperte i. Burn und Kommissar Ritter haben die von ihnen gelegte Spur aufgenommen und setzen zum finalen Sprung an. Kommen sie tatsächlich noch rechtzeitig?

Der Probesaal im Holzhausenschlösschen ist düster und morbide hergerichtet, veraltet wirken die Theaterschweinwerfer, die heute zum letzten Mal aufleuchten sollen, verschlissen und muffig die leuchtend roten Vorhänge.

Es ist schon sehr spät. Draußen schlafen die Bewohner der Stadt und ahnen nichts von dem, was hier gleich geschehen wird.

Ritter ist angespannt, als er versucht, sich so leise wie möglich anzuschleichen. Dielen knarren, die Waffe in seiner Hand zittert. Er riecht die staubige Luft, Schweiß dringt ihm aus allen Poren und vermischt sich mit dem Modergeruch der alten Requisiten. Hinter ihm tappt I. Burn, kreidebleich, aber fokussiert.

In der Mitte der Bühne steht ein einfaches Tatami-Bett. Darauf kniet eine junge Frau. Beide erkennen Sophie, die erfahrene Polizistin, die als Undercover-Sängerin fungieren soll. Gekleidet im weißen Kimono, in der Rolle der „Madame Butterfly“. Sie hat die Arme gefaltet und nach vorne gestreckt, wie zu einem Gebet. 

Vor ihr, mit dem Rücken zum Eingang, steht ein alter Mann in dunkler Kleidung. Könnte das der mutmaßliche Täter sein?

Burn erkennt in ihm Franz Strahlemann, den ehemaligen, glücklosen Tenor und Möchtegern Regisseur. Er hielt sich selbst für ein verkanntes Genie, war jahrelang verbittert in der Versenkung verschwunden, bis er durch die vermeintlichen Zeitungsaufrufe, einer einmaligen Butterfly-Inszenierung, seine Chance witterte. Strahlemann trägt noch immer einen dicken Verband um sein rechtes Handgelenk, denn er hatte

bei einer Auseinandersetzung mit der Diva in der Paulskirche (Schreibwerkstatt Teil VI Auftakt Paulskirche) den Kürzeren gezogen. Im ersten Moment dachte man sogar, er sei tot. Aber da steht er wieder, und das verkündet etwas Unheilvolles.

Anmerkung UniWehrsEL: Gab es da nicht im Teil III unserer Schreibwerkstatt den alten Mann in der Hochschule für Gestaltung, der nicht nur unglücklich in eine Diva verliebt war, sondern sie heimlich beobachtend auch als „seine Carmen“ sah, obwohl sie eine gänzlich andere Rolle probte?

Ging es da vielleicht um diese junge Frau, die Ritter leblos auf dem kalten Boden liegend in der Frankfurter Altstadt fand (Idee einer Schreibwerkstadt Teil I)? Ging es da nicht auch um eine Inszenierung, denn ihr Körper lag theatralisch drapiert wie eine Opernfigur – eine moderne Carmen. Ihr Kleid ist dunkelrot, fast wie frisch vergossenes Blut.

Ritter flüstert: „Hat er sie betäubt oder hypnotisiert? Was zum Teufel macht er da? Will er sie zum Selbstmord führen wie Cio-Cio-San? Was für ein Stümper! Sieht der sich wirklich als Regisseur eines vollkommenen Finales?“

Burn tritt aus dem Schatten. Seine Stimme ist ruhig, fast sanft, gleicht einem Dirigenten, der einen Kollegen anspricht: „Strahlemann, Sie haben das Ende falsch verstanden! Immer diese billige Sentimentalität, das große Pathos …“

Auch Strahlemann hebt langsam die Arme, als würde er eine Arie dirigieren. „Aber sie war echt! Ihre Verzweiflung. Ihre Würde im Tod. … ohne Zweifel, hier muss wieder eine Frau sterben, aus Liebe zur Kunst …“

Leise erklingt eine traurige Melodie. Aber was ist das? Ritter kommt es vor wie ein Dejá Vue. Wieder eine Nacht, die schwer über Frankfurt hängt und plötzlich und völlig unpassend ertönt ein unaufhörlicher, verzerrter Klang aus einem alten CD-Player. Durch die muffige Luft dringt gänzlich unpassend zu einer ‚Butterfly‘, dieses an die schreckliche Tatnacht der Carmen erinnernde L’amour est un oiseau rebelle. Die berühmte Habanera aus Bizets Carmen. Es erschüttert Ritter bis aufs Mark. Und genau wie damals beugt Ritter sich mit angespannter Miene über das Gerät. Auch hier wieder ein billiger, verkratzter CD-Player. Er greift nach der Stopptaste. Drückt sie. Keine Reaktion. Ein zweiter Versuch. Wieder nichts.

Die Musik trotzt ihm, scheint ihn ein weiteres Mal zu verhöhnen. Sie spielt weiter, dreht ihre Runde wie eine unnachgiebige Geisterstimme. Seine Finger ballen sich zur Faust. Er reißt den Stecker aus der Wand.

Und doch – das Lied verstummt nicht.

Im dramatischen Duell zwischen dem wahnsinnigen Mörder, dem erfahrenen Kommissar Ritter und dem, Opernkenner Ivo Burn, entfaltet sich ein mörderisches Duell.

Weitergehende Überlegungen:

Was geschieht mit dem seltsamen verkannten Tenor und Opernregisseur Strahlemann. Hat er tatsächlich etwas mit der Mordserie zu tun? Oder ist es nur ein Nebenschauplatz?

Eine Gesellschaftskritik würde die Frage beinhalten: Wie geht eine Gesellschaft mit Gewalt gegen Frauen um, wenn diese „ästhetisiert“ wird?

Wie könnte diese Geschichte nun enden:

Tragisch: Die Sängerin stirbt, der Täter begeht Selbstmord – das ‚perfekte Finale‘ für ihn

Klassisch spannend: Ritter rettet die als Opernfigur gekleidete junge Polizistin in letzter Minute. Burn überlebt schwer verletzt.

Psychologisch raffiniert: Der Täter ergibt sich, weil Burn sein Motiv als eine pervertierte Obsession entlarvt. Ging es vielleicht um eine frühkindliche Opernerfahrung mit seiner verstorbenen Mutter? War es vielleicht eine Melodie, die ihn immer wieder dazu ‚triggerte‘ eine gehasste, auf der Bühne lebendig gewordene Opernfigur für alle Zeit ‚mundtot‘ zu machen. Oder war alles nur ein perfides Katz-und-Maus-Spiel, indem der oder die TäterIn alle an der Nase herumgeführt hat?

Lassen Sie uns bitte Ihre Gedanken wissen, liebe Leser! Sind Ritter und Burn wieder ganz am Anfang ihrer Ermittlungen und Nachforschungen? Wie kann sich alles auflösen? Schreiben Sie uns bitte Ihre Ideen!

Danke für das Image vom Frankfurter Holzhausen Park by Thomas Hartmann from Pixabay

  • Beitrags-Kategorie:Alltagskultur / Blog
  • Beitrag zuletzt geändert am:10. Oktober 2025
  • Lesedauer:12 min Lesezeit