Du betrachtest gerade „Tiger, wetze nur die Klauen!“ – eine Erwiderung und Erweiterung

Auf den Beitrag „Auf den Tiger gekommen“ von I. Burn (herzlichen Dank dafür!) möchte ein UniWehrsEL-Leser gerne noch einmal näher eingehen, denn gerade die Gestalt des Tigers hat ihn dazu angeregt, über die faszinierenden Eigenschaften dieses herrlichen Tieres im Kontext des Singspiels von Mozarts „Zaide“ und die Aussage „Tiger, wetze nur die Klauen!“ nachzudenken. Hinzu kommt ein weiterer Buchtipp. Herzlichen Dank für die Anregungen.

Lieber I. Burn!

Ich fand es sehr spannend, mein lieber I. Burn, dass Sie Ihre Ausführungen in den Kontext einer Opernzeile aus „Zaide“ von Mozart gestellt haben. Dazu meine Erwiderung:

Spätestens seit Otto Clemens und Franz Hafners Beiträgen  „Legendäre Raubkatzen“ – Olimba – Königin der Leoparden & Der Sibirische Tiger – Seele der russischen Wildnis, den spektakulären Tier-Dokumentationen, weiß ich vieles über diese Raubkatzen. Man erfährt über „Olimba – Königin der Leoparden“ über die Überlebensstrategien der Leopardenfamilie.wie Jagd, Revierkampf und aufopfernde Mutterliebe. Sie folgen einer wahren Geschichte einer der graziösesten und scheuesten Katzen des Planeten in ihrem natürlichen Umfeld. Preisgekrönt u.a. mit zwei „International Wildlife Awards“ ist auch „Der sibirische Tiger – Seele der russischen Wildnis“: Die größte Raubkatze der Welt ist mächtig, gefährlich und charismatisch. Sie lebt im fernen Osten Russlands, meist im weglosen Urwald, verborgen im dichten Unterholz. Einst vom Aussterben bedroht, ist ihr Bestand derzeit auf rund 600 wilde Tiger angewachsen.

Bei WWF kann man nachlesen: “ Das Herz der Region ist der Amur, der in China Heilongjiang, Fluss des schwarzen Drachen, genannt wird. Das Wasser des Amur legt von der Quelle bis zur Mündung über 4440 Kilometer unbeeinflusst von Dämmen zurück – Rekord für Asien. Mehrere Klimazonen treffen hier aufeinander und schaffen sehr unterschiedliche Lebensräume. Die letzten Amur-Tiger und Amur-Leoparden durchstreifen die temperierten Mischwälder im südlichen Teil. Wolf, Vielfraß und Luchs sind die großen Predatoren der nördlichen borealen Wälder. Die großartige Daurische Steppe im Osten der Mongolei ist noch immer Heimat für Tausende von wandernden Mongolischen Gazellen und zahlreiche Zugvögel.“

Nun zur Opernzeile aus „Zaide“ von Mozar ! Mich faszinieren die Eigenschaften des Tigers im Kontext der oben aufgeführten Arie „Tiger! wetze nur die Klauen.“ und interessiere mich dafür, wie sie musikalisch und textlich wirksam werden:

Ein Tiger vereint Stärke, Heimlichkeit, Gefährlichkeit, Eleganz und tödliche Effizienz. Mozart (und sein Textdichte Johann Andreas Schachtner) nutzen diese Attribute prägnant: durch die Metaphorik der Gefährlichkeit und des Heißhungers: Die Bildsprache des Reißens und Saugens evoziert physische Brutalität. Musikalisch kann eine solche Vorstellung durch scharfe, punktierte Phrasen, abrupte Dynamiksprünge oder motorische Begleitung unterlegt werden — ein Ausdruck der endfordernden Dringlichkeit. Auch Heimlichkeit & Lauerstellung kommen zum Tragen. Des Tigers Anschleichen entspricht Zaides verstohlener, verzweifelter Lage; ihre innere Stimme ist wie ein Raubtier, das nur noch auf den Augenblick wartet, in dem alles endet.

Erfahren Sie meine Gedanken zu Majestätik & Fremdheit: Gleichzeitig besitzt der Tiger eine Würde; Zaides Anruf an das Tier hat auch den Ton einer letzten, fast religiösen Instanz. Musikalische und textliche Merkmale Mozarts und seines Textdichters Johann Andreas Schachtner nutzen knappe, harte Bilder. Der Text ist kein sanftes Flehen. Er ist ein Aufschrei. Musikalisch kann das durch schroffe Phrasen, plötzliche Ausbrüche und starke Dynamik unterstützt werden. So entsteht das Gefühl von Lauerstellung, Bedrohung und innerer Explosion.

Mein Fazit: Warum die Arie für das Seminar „Anima(l)“ oder generell vergleichende Bilder aus Mythologie und Oper, wie schon bei der Oper Castor und Pollux , auch ein UniWehrsEL-Thema, relevant ist? Die Szene zeigt, wie Tierbilder innere Zustände sichtbar machen. Zaide wird nicht nur als Figur im orientalischen Bühnenkleid erlebbar, sondern als menschliches Wesen voller Widersprüche. Für ein kulturinteressiertes Publikum ist das spannend: Die Arie wirft Fragen nach Macht, Identität, Würde und Selbstvernichtung auf. Sie ist kurz, aber dicht. Sie lädt zur Diskussion ein.

Mit freundlichen Grüßen

Ein aufmerksamer UniWehrsEL-Leser

Danke für Image by hartono subagio from Pixabay