Ein Beitrag von Elisabeth Balluff, der künstlerischen Wegbegleiterin von Ute Gerdes (1939 – 2008)
In unserem Seminar von Puppen und Menschen kommen unter anderem (Künstler-)biografien zu Wort, in deren Leben Puppen eine Rolle spielten. Dass Puppenerfahrungen zu späteren Schaffensprozessen anregen können, weil sie bei eigenen biographischen Zusammenhängen wesentlich werden, konnten wir in unserer Seminarstunde am 20. 10. 25, zu unserem großen Vergnügen, bei einem Vortrag von Frau Elisabeth Balluff nachvollziehen. Sie las uns zunächst einen selbst verfassten humorvollen Text vor, indem sie schilderte, wie sie als Kind ihre Puppe von ihrer betrügerischen Seite her erlebte. Vom Mysterium des Puppenwesens überwältigt, pendelte sie, wie sie uns wissen ließ, „zwischen Faszination, Identifikation und Zerstörung“. Frau Balluff gab uns zudem einen kurzen Einblick in ihre Zeit als künstlerische Wegbegleiterin von Ute Gerdes in den 80/90er Jahren und stellte uns „Mariechen im Stuhl“ vor.
Zur Fazination von Ute Gerdes (1939-2008)
Auf die Frage, weshalb mich das Werk von Ute Gerdes fasziniert, kann ich kurz antworten: die multispektralen Ebenen, die meine eigene Perspektive einfangen und darüber hinausweisen. Ute Gerdes ist auf der Suche nach den Hintergründen und Unwägbarkeiten im Miteinander als auch im Ausgeschlossen sein. Dabei verschränkt sie die Phänomene der politischen Zeitgeschichte, teilweise mit surrealer Bildmotivik. Themenschwerpunkte sind Landschaften, die sie als verletzlicher Körper darstellt oder die Geschlechterverhältnisse mit ihren oft verletzenden Auswirkungen. Auf diesen brisanten Thementeppich antwortet Ute Gerdes mit ihrer Bildsprache, die mit spielerischem Experimentiergeist freilegt und ihrem Werk eine einzigartige Bedeutung verleiht. Die Vielschichtigkeit dessen berührt mich tief. (s. Link: Ute Gerdes)
Über „Mariechen im Stuhl“ (90x115cm)

Der Kopf und die Hand der auf dem Kinderstuhl sitzenden Person, von der Künstlerin als „Mariechen“ tituliert, sind Collageteile und gehen nahtlos in Malerei über, ebenso der deformierte puppenähnliche Kopf des Kindes. Mariechen und das Kind befinden sich in einem hellen Raum mit Fensterfront. In ihrer Nähe wird ein runder Tisch angedeutet. Nur der Titel weist darauf hin, dass es sich bei der androgynen Figur um eine Frau handelt. Dieses Bild dürfte in den 1980-er Jahren entstanden sein, einer für den Normalverbraucher noch internetbefreiten Epoche, in der weder die heutig allgegenwärtige Form der Informationsüberflutung herrschte noch ‚gegendert‘ wurde. Aber die Auswirkungen zahlreicher politischer Bewegungen wie z. B. der Studenten- oder Ökologiebewegung bewegte Ute Gerdes und vor allem die Frauenbewegung machte sie für sich zum Thema.
Doch lassen wir sie selbst zu Wort kommen: „Die Kunst, die wir kennen, ist eine einseitige Kunst. Wir kennen nur Männerkunst mit der ihr eigenen Sprache, den ihr eigenen Sehweisen. Ich glaube, dass diese Sprache nicht immer unbedingt zu dem passt, was ich als weiblicher Mensch erlebe und was ich aussagen will….
… Ich genieße es, wenn während des spielerischen Prozesses mit Farben und Collagematerial ein bisschen Wahnsinniges oder Magisches eingedrungen scheint. …
…Ich bin begeistert, wenn absurde Seltsamkeiten, spöttisch humorvolle Aussagen, nein gesehene, nicht identifizierbare Form- und Farbbeziehungen, poetische Anklänge entstanden sind.“ (Aus Ute Gerdes: DUMPF GEWORDEN)
Aktuell
-Landesmuseum Darmstadt: 23.10.2025-08.02.2026 Face2Face: Ute Gerdes ist vertreten
–Kunstfabrik E.V, im S-Bahnhof Wixhausen (Haltestelle S6) : Bahnhofstr. 2, 64291 Darmstadt – Kunstfarik- -UTE GERDES Zeichnungen und Bilder, Vernissage: 1.11.2025 um 18.00 Uhr
Öffnungszeiten: Sa/So 2.11./3.11. von 14.00-18.00 Uhr
Sa/So 8.11/ 9.11. von 14.00-18.00 Uhr
Herzlichen Dank, liebe Frau Balluff, auch für das Bild ©“Mariechen im Stuhl“ von Ute Gerdes
