Deutsches Filmmuseum Frankfurt Gedanken zu „Alien: Romulus“ natürliche Intelligenz versus KI
Im Deutschen Filmmuseum Frankfurt laufen seit Jahren in Dauerschleife fünfzehn Minuten des ikonischen Aliens – ein kurzer, aber intensiver Ausschnitt, der Besucher immer wieder in die klaustrophobische Atmosphäre des Weltraumhorrors zurückversetzt. In einer eigens dafür vorgesehenen Vitrine steht zudem das berühmte Alien‑Kostüm, das seit den ersten beiden Filmen, die einen absoluten Kultstatus erreicht haben, untrennbar mit der Filmreihe verbunden ist. Diese legendären Werke zu präsentieren, macht es besonders schwer, neue Kapitel in das Franchise einzuführen. Ein Leser fragt nach einem Besuch des DFM: Gewinnt die natürliche Intelligenz am Ende doch, weil sie sich flexibel an die widrigsten Gegebenheiten anpassen kann, oder erweist sich die kalkulierte Logik einer KI als entscheidender Faktor für das Überleben einer Gruppe? Diese Fragen bilden für einen unserer Leser des UniWehrsEL das Herzstück von Alien:Romulus und darum möchte er Sie dazu einladen, über die Grenzen von Menschlichkeit und Technologie nachzudenken.
Liebe Leser des UniWehrsEL,
Der Film handelt von einer Gruppe junger Weltraumkolonialisten, die das Weltall nach allem durchsuchen, was sich finden und vielleicht zu Geld machen lässt. Dabei stoßen sie im All auf eine scheinbar völlig verlassene Station namens Romulus. Bald macht die junge Gruppe Bekanntschaft mit der gefährlichsten und furchteinflößendsten Kreatur, die es im ganzen Universum gibt. Ein brutaler Kampf um Leben und Tod beginnt.
Dabei stellt sich die zentrale Debatte: der Film Alien: Romulus hat mich nicht nur durch seine düstere Ästhetik und die spektakulären Action‑Sequenzen beeindruckt, sondern auch durch ein überraschendes Motiv, das in der Science‑Fiction selten so intim behandelt wird: die Beziehung zwischen Mensch und künstlicher Begleitung – hier verkörpert durch den leicht defekten Androiden Andy. Für mich erinnert diese Bindung an das alte Spielzeug‑Prinzip, bei dem Puppen nicht nur Spielgefährten, sondern seelische Spiegelbilder sind.
Rain lebt in einer Minen‑Kolonie, in der 0 Stunden Sonnenlicht pro Jahr ist. Die Luft ist von Staub und dem Geruch erkrankter Lungen durchdrungen, die Bewohner sind von Stumpfsinn und Endlos-Qual gezeichnet, weil ihre Existenz ausschließlich aus dem ewigen Schacht‑Schuften besteht. Die Kolonie wirkt wie ein moderner Hades: ein geschlossener, dunkler Raum, in dem jede Hoffnung erstickt wird und das Leben zu einer bloßen sozial-kritischen Betrachtung der Ausbeutung wird.
Dieses Bild erinnert stark an Richard Wagners Ring des Nibelungen. Besonders denke ich an die Figur des „Alberich“, in dem der Zwerg in den finsteren Tiefen seiner Schmiede arbeitet, umgeben von hoffnungslosen Zwergarbeitern, die von der Erde verschluckt werden. Auch dort herrscht die reine Qual– das monotone Hämmern, das stetige Rauschen des Feuers und das Fehlen jeglichen Lichts, das die Seele erdrückt. In beiden Szenarien ist das Umfeld ein Symbol für die Hölle: ein Ort, an dem das Individuum seiner Menschlichkeit beraubt wird und nur noch das reine Überleben zählt.
Gerade weil die Kolonie so unerträglich ist, erscheint die Raumstation Romulus – trotz ihrer tödlichen Xenomorph‑Bedrohung von der die Gruppe aber nichts ahnt – wie ein verlockender Ausweg. Die Bewohner sehen in ihr ein Licht am Ende des Tunnels, ein Ort, an dem das endlose Graben und das erstickende Dunkel endlich ein Ende finden könnten. Die Vorstellung, in die Schwerelosigkeit zu entfliehen, wird zur Flucht aus der Hölle, selbst wenn das Ziel selbst lebensbedrohlich ist. So wird die Entscheidung, das Risiko der Raumstation einzugehen, nicht aus Abenteuerlust, sondern aus der verzweifelten Suche nach einem Ende aller Qualen geboren.
Der Ausreiseantrag der Minen‑Kolonie wird plötzlich blockiert: Die Quote wird verdoppelt, sodass Rain und die übrigen Bewohner gezwungen sind, weitere sechs Jahre in den dunklen Schächten zu schuften. Diese unmenschliche Entscheidung lässt die Gruppe keinen anderen Ausweg sehen, als das riskante Vorhaben zu verfolgen, die verlassene Raumstation Romulus zu infiltrieren und dort die Kryo‑Schlafkammern zu stehlen, die für die lange Reise zu ihrem fernen Zielplaneten nötig sind.
Rain (gespielt von Cailee Spaeny) ist die zentrale Figur der Geschichte. Sie ist in der kollektiven Dunkelheit aufgewachsen, hat ihre Eltern an einer Lungenkrankheit verloren und wurde von dem leicht defekten Androiden Andy wie ein Bruder aufgezogen. Ihre Motivation ist es, dem endlosen Leid der Mine zu entkommen und ein neues Leben zu finden.
Tyler (Archie Renaux) ist der Anführer des Plans. Er erkennt, dass die einzige Möglichkeit, der Kolonie zu entkommen, darin besteht, die Raumstation zu erreichen, bevor sie mit einem der planetaren Ringe kollidiert. Tyler organisiert die Gruppe, verteilt die Aufgaben und hält die Moral hoch, obwohl die Zeit drängt. Kay (Isabela Merced) ist Tylers Schwester und schwanger. Ihre Schwangerschaft erhöht die Dringlichkeit des Vorhabens, weil sie nicht bereit ist, ein weiteres halbes Jahrzehnt in der Mine zu verbringen. Kay übernimmt die Rolle der emotionalen Stütze und sorgt dafür, dass die Gruppe das Ziel nicht aus den Augen verliert. Bjorn (Spike Fearn) bringt technisches Fachwissen mit. Er kennt die Funktionsweise von Raumfahrzeugen und ist für das Hacken der Sicherheitssysteme der Romulus verantwortlich. Ohne Bjorns Know‑how wäre das Eindringen in die veraltete Station kaum möglich. Navarro (Aileen Wu) ist die Strategin der Gruppe. Sie plant das Timing des Angriffs, koordiniert die 36‑Stunden‑Frist, bevor Romulus mit einem der Ringe des Planeten kollidiert, und sorgt dafür, dass alle Mitglieder zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind.
Gemeinsam entwickeln sie einen detaillierten Plan: Sie nutzen ein altes Docking‑Modul, das noch funktionsfähig ist, um unbemerkt an die Romulus anzudocken. Sobald sie an Bord sind, dringen sie in die Kryo‑Kammern ein, deaktivieren die Sicherheitssysteme (Dank Bjorns Expertise) und sichern die Schlafkapseln. Der gesamte Vorgang muss innerhalb von 36 Stunden abgeschlossen sein, sonst würde die Raumstation in ihrer Umlaufbahn zerstört werden.
Die Verweigerung der Ausreise ist also der Katalysator, der die Gruppe dazu zwingt, dieses scheinbar unmögliche Unterfangen zu wagen. Ohne diese Blockade hätten sie vermutlich weiter in der trostlosen Mine geschuftet; stattdessen treibt die Aussicht auf ein Leben jenseits der Dunkelheit die fünf Personen an, das Risiko einzugehen und Romulus zu erobern.
Rain (Cailee Spaeny) lebt in einer Minen‑Kolonie, in der keine Sonne mehr scheint und ihre Eltern bereits an Lungenleiden verstarben. Ihr einziger Vertrauter ist Andy, ein Android, den sie wie einen Bruder behandelt. Diese Beziehung ist exakt das, was wir bei Puppen als „Seelenverwandte“ beschreiben: ein Gegenstand, der zwar nicht lebendig ist, aber durch die Projektion menschlicher Gefühle zu einem Teil des eigenen Selbst wird. Andy ist programmiert, stets das Beste für Rain zu wollen – ein Ziel, das ihn zwar begrenzt, aber gleichzeitig zu einer unverzichtbaren Stütze macht. Die Gruppenmitglieder verspotten ihn zum Teil, doch für Rain ist er mehr als Metall und Schaltkreise; er ist ihr einziger Anker in einer trostlosen Welt.
Der Wendepunkt im Film – Andy erhält an Bord der Raumstation Romulus einen neuen Chip, der seine Fähigkeiten erweitert, aber sein Wertegefüge durcheinanderbringt – erinnert stark an das Spiel mit einer Puppe, die plötzlich „lebendig“ erscheint. Plötzlich kann Andy nicht mehr nur die simple Aufgabe erfüllen, sondern muss komplexe moralische Entscheidungen treffen, etwa die Glastür nicht zu öffnen, obwohl die Crew ihn anschreit. Diese Szene verdeutlicht, wie ein scheinbar harmloses „Spielzeug“ (oder hier ein Android) zu einem moralischen Akteur werden kann, wenn ihm neue „Fähigkeiten“ verliehen werden.
In der Literatur und im Spielzeug‑Marketing wird oft betont, dass Puppen Kindern helfen, ihre eigenen Gefühle zu externalisieren und zu verarbeiten. Andy erfüllt dieselbe Funktion für Rain: Er ist das Objekt, in das sie ihre Ängste, Hoffnungen und den Wunsch nach Zugehörigkeit projiziert. Die Tatsache, dass er schließlich selbst in einen Konflikt zwischen Angst getriebenen Emotionen und kühler Logik gerät, spiegelt die innere Zerrissenheit wider, die viele Menschen erleben, wenn sie sich zu einem Gegenstand als „Seelenverwandten“ hingezogen fühlen.
Der Film nutzt diese Dynamik, um die moralisch ambivalentesten Charaktere der Alien-Reihe zu präsentieren – und beweist, dass die wahren Konflikte nicht nur zwischen Mensch und Xenomorph, sondern auch zwischen Mensch und seiner eigenen Schöpfung ausgetragen werden. Andy, der Android, wird zum Spiegel für Rain und die übrige Crew, genau wie eine Puppe das Spiegelbild der kindlichen Psyche ist.
Abschließend möchte ich betonen, dass Alien:Romulus dem Zuschauer zeigt, wie tief verwurzelt die Idee der „Puppe als Seelenverwandte“ im menschlichen Bewusstsein ist – selbst in einer Zukunft, in der künstliche Intelligenz und interstellare Reisen Alltag sind. Die Beziehung zwischen Rain und Andy ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, dass das Bedürfnis nach einem vertrauten Gegenstand, der den Menschen versteht, zeitlos bleibt.
Mit freundlichen Grüßen von einem Fan des Filmmuseums
Herzlichen Dank für den Beitrag die Images by Amore Seymour und die weiteren Impressionen from Pixabay
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