Schaurige Legende, düstere Wirklichkeit und Remake von „The Crow“ –
Neo-Rokoko, Robert der Teufel und der tragische Tod des Brandon Lee
Einer alten Legende nach bringt eine Krähe die Seelen Verstorbener ins Totenreich. Wenn aber nach einer schrecklichen Untat die Seele keine Ruhe finden kann, hilft die Krähe Unrecht zu vergelten. So kann man es im Filmklassiker und Kultfilm „The Crow“ (1994) nacherleben. Besonders tragisch, Hauptdarsteller Brandon Lee, Sohn der Legende Bruce Lee, starb am 31. März während der Dreharbeiten bei einer Schussszene. Die Handlung beruht auf dem weltbekannten gleichnamigen Comic von James O’Barr, der durch seine Zeichnungen den frühen Tod seiner Freundin emotional verarbeitet (dazu auch unser Beitrag „Emotionale Verarbeitung„). Die Neuverfilmung von „The Crow“ (2024) ist ein mutiger Versuch, die düstere Geschichte neu zu interpretieren. Ob dies gelungen ist, können Sie der Kritik unseres Kulturbotschafters des UniWehrsEL entnehmen.
Liebe Leser des Blogs UniWehrsEL,
ich hatte mir einen launigen Abend mit der Neuverfilmung von „The Crow“ (deutsch: „Die Krähe“) erhofft, doch nach etwa der Hälfte des rund zwei Stunden währenden Films wurde ich mit einer faustdicken Überraschung konfrontiert. Die Handlung, die bis dahin in einer dystopischen Welt spielte, wirkte kaputt, düster, bedrückend und chaotisch. Plötzlich führte die Storyline in die Welt der Oper. Auf dem Bildschirm erschien ein wunderschönes Opernhaus, das mich sofort an die Staatsoper Wien erinnerte, so prachtvoll war das Foyer gestaltet. Ich hielt den Film an und zückte mein Smartphone, um herauszufinden, um welches Opernhaus es sich handelte, während der Titelheld Eric elegant mit einem Säbel kämpfte und eine ganze Armee von Sicherheitsleuten seines Endgegners niederstreckte.
Die Bühne des Opernhauses war mit einer Szene aus der französischen Oper „Robert le diable“ von Meyerbeer geschmückt. Für die Leser, die nun ungeduldig werden, hier ein kleiner Tipp: Mozarts „Don Giovanni“ wurde an diesem Opernhaus uraufgeführt. Bevor alle anderen Leser den Text nun unterbrechen und zum Smartphone greifen, um den Aufführungsort von Mozarts Don Giovanni herauszufinden, es ist natürlich die Prager Oper. Die Prager Staatsoper wurde 1888 als Neues Deutsches Theater eröffnet. Das Gebäude wurde im Stil der Neorenaissance errichtet und befindet sich zwischen dem Nationalmuseum und dem Hauptbahnhof. Genauer gesagt, wurde die Oper mit Wagners „Die Meistersinger von Nürnberg“ eingeweiht, was ihre Eröffnung als deutsches Theater in Prag markierte. Die Oper ist bekannt für ihren geräumigen Zuschauerraum und die prunkvolle Neo-Rokoko-Dekoration, die sie zu einem der schönsten Theatergebäude Europas macht. Das Gebäude wurde von den Architekten Ferdinand Fellner d. J. und Hermann Helmer entworfen.
Die prunkvolle Dekoration der Prager Oper steht in starkem Kontrast zur düsteren Welt des Titelhelden Eric, der aus einer Nervenheilanstalt ausbricht. Dort trifft er auf seine große Liebe Shelly Webster, gespielt von der britischen Künstlerin FKA Twigs, die mir bis dahin unbekannt war. Sie wirkt wie eine Kunstfigur innerhalb dieser Comicverfilmung. Regie führt Rupert Sanders, bekannt für seine Neuinterpretation von „Snow White and the Huntsman„.
Die Neuverfilmung von „The Crow“ stößt bei den Fans des Originals von 1994, in dem Brandon Lee die Titelrolle spielte, auf große Skepsis. Der Kultstatus des Originals ist nicht nur dem genialen Soundtrack zu verdanken, sondern auch dem tragischen Unfalltod von Brandon Lee. Der Sohn der Martial-Arts-Ikone Bruce Lee starb 1993 während der Dreharbeiten, als er von einer echten Kugel getroffen wurde – ein schockierender Unfall, der die Filmwelt erschütterte. Dank der kreativen Fähigkeiten von Trickfilmern konnte der Film dennoch vollendet werden. In einigen Schlussszenen wurde Brandons Gesicht nachträglich eingefügt, während ein Double die restlichen Szenen für ihn drehte. Diese Tragödie verlieh dem Film einen mystischen Status, der ihn mit anderen legendären Filmen wie „The Dark Knight“ und dem Tod von Heath Ledger verknüpft (dazu auch unser Beitrag über „Urban legends„).
Ledger wurde posthum mit dem Oscar als bester Nebendarsteller für seine ikonische Darstellung des Jokers ausgezeichnet. Das Original-Soundtrack-Album zu The Crow enthält Songs aus dem Film und landete an der Spitze der Charts. Es enthielt unter anderem Werke von The Cure (deren Song „Burn“ zum Hauptthema des Films wurde), „The Jesus and Mary Chain“, „Rage Against the Machine“ und „Helmet“.
Vor diesem Hintergrund hat es die Neuverfilmung von „The Crow“ besonders schwer, die eingefleischten Fans des Originals zu überzeugen. Doch die Besetzung des Titelhelden Eric mit dem schwedischen Schauspieler Bill Skarsgård, bekannt aus der Neuinterpretation von Stephen Kings „Es“ als düsterer Clown Pennywise, bringt frischen Wind in die Geschichte. Skarsgård hat das Talent, komplexe und finstere Charaktere zu verkörpern, was die Erwartungen an seine Darstellung von Eric nur weiter steigert. Doch das zentrale Problem des Films liegt in der Liebesgeschichte zwischen Eric und Shelly, die unter dem Label ‚Actionfilm‘ präsentiert wird. Fans von Actionfilmen erwarten keine romantisch-tragische Erzählung im Stil von „Romeo und Julia“.
Die Szene aus der Oper „Robert le Diable“ von Meyerbeer verweist eindringlich auf die tragische Liebesgeschichte, die sich im Film entfaltet. Der Beiname „Diable“ hat seine Wurzeln in einer düsteren Legende: Roberts Mutter, verzweifelt und kinderlos, wandte sich in ihrer Not an den Teufel und bat um Hilfe.
Diese teuflische Intervention führte dazu, dass Robert von Geburt an mit einer dunklen Bestimmung belastet war. Bereits in seiner Kindheit offenbarte sich seine jähzornige und gewalttätige Natur, die ihn zu einem gefürchteten Charakter machte. Während sein Vater ihn mit harter Hand zum Ritter schlug, wuchs in Robert der Drang, sich gegen die gesellschaftlichen Normen zu erheben. Er übernahm die Führung einer Räuberbande, die unbarmherzig durch die normannische Landschaft zog und Angst und Schrecken verbreitete. Als Robert sich seiner eigenen Gewalttätigkeit und Bosheit bewusst wurde, begann er, die dunklen Schatten seiner Vergangenheit zu ergründen. Auf der Suche nach der Ursache stieß er auf das Mysterium seiner Geburt, ein Geheimnis, das tief in den Abgründen seiner Seele verborgen lag.
In „The Crow“ verfolgt Vincent Roeg, Erics erbitterter Widersacher und ebenso wie Roberts Vater ein Mann, der einen teuflischen Pakt geschlossen hat, das Paar gnadenlos. Eric und seine Freundin, frisch aus der düsteren Nervenheilanstalt geflohen, fühlen sich wie Gejagte in einem Spiel, dessen Regeln sie nicht verstehen. Die Handlanger von Vincent sind ihnen auf den Fersen, und die Luft ist erfüllt von der drohenden Gefahr. In einem verzweifelten Moment der Hoffnungslosigkeit werden sie schließlich entdeckt und brutal niedergeschossen. Doch der Tod ist nicht das Ende. Eric findet sich in einem mysteriösen Zwischenreich wieder, einem Ort, der zwischen Leben und Tod schwebt.
Dort begegnet er der griechischen Sagenfigur Kronos. Dieser Bote symbolisiert die Zeit. Kronos erklärt Eric, dass ihm nur wenig Lebens-(Zeit) bleibt, um seine Geliebte zu retten.
Um sie zu befreien, muss Eric sich seinen Gegnern stellen und besiegen. Jeder getötete Feind bringt ihn näher zu seiner geliebten Freundin, doch der Preis ist hoch. In einem Wettlauf gegen die Zeit muss Eric nicht nur gegen die Dunkelheit in seinem eigenen Herzen kämpfen, sondern auch gegen die übernatürlichen Mächte, die ihn und seine Liebe auseinanderreißen wollen.
Die Verbindung zwischen Roberts teuflischer Herkunft und seiner gewalttätigen Natur ist nicht nur ein zentrales Element der Oper, sondern spiegelt auch die innere Zerrissenheit des Titelhelden Eric wider. Beide Figuren sind gefangen in einem Strudel aus Leidenschaft, Rache und dem Streben nach Erlösung, was die dramatische Intensität der Geschichte verstärkt und den Zuschauer in seinen Bann zieht.
Die Anspielung auf die Oper „Robert le diable“ ist gelungen, da sie die Themen von Gewalt und Rache, die sowohl in der Oper als auch in Erics Geschichte präsent sind, miteinander verknüpft. Eric und seine Freundin werden von Vincent Roeg verfolgt, der einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hat, was die Verbindung zur Oper weiter verstärkt.
Fazit: Die Neuverfilmung von „The Crow“ ist ein mutiger Versuch, die düstere Geschichte neu zu interpretieren, doch die Mischung aus Action und romantischer Tragödie stellt sowohl Fans des Originals als auch Actionliebhaber nicht zufrieden. Aber für Kulturinteressierte verleiht die beeindruckende Kulisse der Prager Staatsoper und diverse Anspielungen dem Film eine interessante Dimension.
Danke für den spannenden Beitrag und die Bilder auf Pixabay, besonders das Bild von Çiğdem Onur auf Pixabay
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