Du betrachtest gerade Teil XVI: Schreibwerkstatt „Tatort Frankfurt. Welche Rolle spielt die Magie der Musik?“ Dialog in der Neuen Frankfurter Altstadt

Claudia ist beim Besuch des „Schauspiel Frankfurt“ und dem Stück „Wir haben es nicht gut gemacht„, das sich um die Beziehung von Bachmann und Frisch dreht, ins Grübeln gekommen. Hat sie dies doch an die gerade in der Trennung befindliche Beziehung zwischen ihr und dem Tenor und Regisseur Strahlemann erinnert. Dabei sinnierte Claudia Elfriede über den ‚Himmel-Hölle-Topos‘ bei Maria Callas, den inszenierten Mord mit der Callas Verkleidung und die metaphorische Bedeutung des Verlustes der Stimme (Teil XV, der im Schauspiel Frankfurt spielte). In ihrer aufgewühlten Stimmung und der Unsicherheit über ihre für den Mord vielleicht wichtigen Erkenntnisse, ruft sie ihre Freundin, die Klatschreporterin Paula Pechstein an und bittet diese, zu ihr in die Wohnung in der Neuen Altstadt zu kommen.

Eingefügte Szene U. W.: Paula Pechstein, die als Klatschreporterin bekannt ist, sich selbst aber als durchaus seriöse Journalsitin sieht, eilt zu ihrer Freundin, der Literaturwissenschaftlerin Claudia Elfriede, die sie schon immer für ihren Scharfsinn bewundert hat. Trafen sie erst neulich beim sogenannten „Callas-Mord“ im Museum für Kommunikation aufeinander, um die Halloween-Party zu genießen, so war Paula sehr besorgt, als die Freundin plötzlich verschwunden war. Sie war bislang nie bei ihrer Freundin, die sie auf einer Fashion-Veranstaltung kennengelernt hatte, zuhause.

Sie ist sehr erstaunt darüber, dass die von Claudia angegebene Adresse in der Neuen Frankfurter Altstadt quasi um die Ecke liegt, von dem ersten Opernmord in der Neuen Frankfurter Altstadt. „Schockierend, denkt Paula, dass sowohl der erste wie „Carmen“ (Auftakt zu unserer Schreibwerkstatt „Tatort Frankfurt und die Rolle der Musik“) inszenierte Mord, als auch der „Callas-Mord„, (Teil XII im Kommunikationsmuseum), irgendwie auch mit Claudia Elfriede in Verbindung gebracht werden kann.

Claudia Elfriede hat ihre Freundin schon beim Ankommen durch die kleinen Scheiben ihrer Dachgeschosswohnung in der Neuen Frankfurter Altstadt erspäht. Das war nicht einfach, sich hier eine Wohnung zu ergattern. Sie musste ihre Beziehungen ganz schön ausspielen, es hat aber letztlich geklappt. Kurzfristig hatte sie sogar mit dem, seiner Meinung nach ‚verkannten Genie‘ Strahlemann hier gewohnt, aber das wertete sie jetzt eher als ‚dunkles Kapitel‘ in ihrem bisherigen Leben.

Eingefügte Szene K. B.: Sie klingelt und die verstörte Claudia berichtet ihr von ihrem gestrigen Frankfurter Schauspielerlebnis „Wir haben es nicht gut gemacht„. Ihre Verbindung zu dem Tenor und Regisseur Strahlemann verschweigt sie allerdings …

Claudia Elfriede hat sich in der Neuen Altstadt gemeinsam mit Strahlemann ein „Nest“ gebaut, sie ist Liebhaberin alter Antiquitäten. Alte Bücher, Schriften, Noten, Zeitungen und Zeitschriften sammelt sie seit Jahren. Nun nehmen sie sich gegenüber auf den ,Designklassikern die sie bereits 2017 erstanden hat, Platz und legt los: „Die Schauspieler Maja Kuhl und Sebastian Kuschmann haben dieser Bühnendarstellung von Wir haben es nicht so gut gemacht beeindruckende Intensität und Vielschichtigkeit verliehen. Kuhl verkörpert Ingeborg Bachmann als feministische, kämpferische und selbstbewusste Persönlichkeit – eine Frau, die für ihre Überzeugungen einsteht und sich gleichzeitig durch verletzliche, zarte Nuancen auszeichnet. Ihre Darstellung zeigt, wie Bachmann mit ihren inneren und äußeren Konflikten ringt, stets mit einer Berührbarkeit, die die Zuschauer in Bann zieht.“

„Das erinnert mich schon an Dich“, wirft ihre Freundin Paula freundlich ein.

Aufgeregt fährt Claudia fort: „Kuschmann hingegen bringt Max Frisch mit einer faszinierenden Mischung aus Dominanz und Devotion auf die Bühne. Seine wortgewaltige Performance spiegelt Frischs literarische Stärke wider, während seine selbstmitleidigen Momente die emotionalen Tiefen seiner Figur verdeutlichen. Als die Krankheit von Bachmann offenbart wird, zeigt Kuschmann eine beeindruckende Wandlung: Die Sprachlosigkeit, die ihn plötzlich ergreift, bringt die Zerbrechlichkeit seines Charakters ans Licht und führt die tragische Dimension ihrer Beziehung vor Augen.“

Sie wird sich selbst in diesem Moment bewusst, dass das Thema der ‚Sprachlosigkeit‘ sie innerlich stark beschäftigt. Ihre Gedanken wandern zu Strahlemann, der Die Euphorie des Anfangs und des Schmerzes des Endes

„Das Stück“, so fährt sie fort, „beginnt mit der Faszination des Kennenlernens: 1958, als Frisch das Hörspiel Der gute Gott von Manhattan von Bachmann hört und sie begeistert kontaktiert. Es geht um Liebe in New York in unterschiedlich gelegenen Hotelzimmern. Jan will weg, begeht einen Liebesverrat, weil er dies ihr verschweigt. Im Radio erfährt er, dass in einem der besagten Hotelzimmer eine Bombe explodiert ist. Jennifer ist tot. Szenenwechsel: Der gute Gott von Manhattan steht vor Gericht und muss sich verteidigen. Er ist des Mordes an Jennifer angeklagt. Der Sinn dahinter, die unmögliche Liebe, die nach anfänglicher Euphorie in ihrem eigenen Glanz verblasst.“

Gebannt hört Paula zu, denkt dabei an den „Carmen-Mord“, an eine Geschichte, die auch so leidenschaftlich begann und mit Mord endete. In ihre Gedanken hinein hört sie die Stimme der Freundin: „Ein hervorstechender Gegenstand ist ein Plakat von Frischs Stück „Andorra, das Bachmann als Erinnerung aufbewahrt. Dieses Detail unterstreicht die Mischung aus persönlichen und beruflichen Verbindungen, die das Stück so intensiv macht.“

Paula zieht wiederum Parallelen zum „Carmen-Mord“:

„War da nicht auch ein Plakat, das auf eine andere Oper anspielte, nämlich auf „Tosca“ und könnte dies nicht genauso ein wichtiger Hinweis sein, der auf persönliche und berufliche Verbindung zwischen Opfer und Täter verweist?“

Schon beim Auftakt in der Neuen Altstadt stellte Ritter sich die Frage: Was bedeutet das Tosca-Plakat? Ist dies der erste Mord einer Serie? Sind die Opfer Nachstellungen berühmter Operntode? Und vor allem – wer inszeniert diese morbide Vorstellung (es gibt ja bestimmte Frauenbilder in jeder Oper)?

Warum bleiben wir?„, diese Frage diskuttieren die Freundinnen. Gerade weil das universelle Fragen aufgeworfen hat, die weit über die Beziehung von Bachmann und Frisch hinausgehen: Warum halten Menschen an Beziehungen fest? Wie drücken wir unsere Gefühle aus, wenn Worte versagen? Wie überwinden wir Sprachlosigkeit?

„Wir haben es nicht so gut gemacht“, fährt Claudia fort, „dieser Satz von Max Frisch, entstanden in einer Auseinandersetzung mit Ingeborg Bachmann, fasst die Tragik ihrer Beziehung prägnant zusammen. Er ist der Titel des Stücks, weil er das Kernmotiv auf den Punkt bringt: die schwierige Balance zwischen Liebe, Selbstfindung und Scheitern, die auch uns Zuschauer zum Nachdenken über eigene Beziehungen einlädt! Maja Kuhl und Sebastian Kuschmann machen mit prägnanter Intensität die Ambivalenzen der Beziehung zwischen Bachmann und Frisch spürbar – ein Wechselspiel aus Nähe und Distanz, Liebe und Schmerz. Das Stück zeigt, wie schwer es ist, in einer Beziehung den anderen zu verstehen, ohne sich selbst zu verlieren.“

Nach langen Diskussionen, die sich sowohl um die Opnernmorde, als auch um ihre persönlichen Erfahrungen drehen, kommen sie zum gemeinsamen Ergebnis: „Liebe fordert Mut, Mut zur Ehrlichkeit, zur Auseinandersetzung und manchmal auch zur Loslösung. Doch wenn Worte versagen – wie hält man dann überhaupt an der Liebe fest?“

Und in diesem Moment geschieht etwas Schreckliches: wie bei Ritters erster Begegnung mit dem Mordopfer „Carmen“ dringt ein unaufhörlicher, verzerrter Klang aus einem alten CD-Player durch die kalte Luft – L’amour est un oiseau rebelle. Die berühmte Habanera aus Bizets Carmen läuft in Endlosschleife, so laut, dass die Worte fast gespenstisch über die Pflastersteine hallen.

Danke, dass Sie nach wie vor mit soviel Schreib-Freude bei unserer Schreibwerkstatt dabei sind und auch herzlichen Dank wieder einmal an Pixabay mit deren Hilfe unsere Ideen visualisierbar werden!

  • Beitrags-Kategorie:Alltagskultur / Blog
  • Beitrag zuletzt geändert am:15. November 2025
  • Lesedauer:9 min Lesezeit