Von Einer die auszog, ihre Freiheit auszuleben…
Es gibt Bücher, Bilder oder Filme, die uns besonders berühren, weil sie etwas mit unserer persönlichen Lebenssituation zu tun haben. So geschah es auch bei der Kunstausstellung „Artig“ in Dietzenbach, bei der mir ein Bild von Uschi Heusel besonders ins Auge fiel.
Das Bild zeigte eine kleine Ratte, die sich vergeblich bemühte, Bücher auf einem Regal einzuordnen. Das Bild hieß „Die Not des Buchhalters“. Dazu gab es eine kleine humorvolle Notiz der Künstlerin in der sie beschrieb, dass „die Not von Ludwig (der Ratte) nicht hätte größer sein können, als er zuerst die Kraft, dann den Halt und zuletzt die Fassung verlor, um kurz vor Ausstellungseröffnung noch schnell die Bücher in Reih und Glied stellen zu wollen, was ihm leider nicht mehr gelang. Nun konnte nur noch der Rahmen dafür Sorge tragen, die Druckerzeugnisse am Platz zu halten“.
Gemeinsam ist mir mit Ludwig, dass ich vor den Seminarvorbereitungen immer das Gefühl habe, in meinem Büchermeer zu ertrinken. Kurzum, das Bild und auch die Künstlerin haben mein inneres Chaos zum Ausdruck gebracht. Gerne möchte ich Sie an dem Schaffen der Künstlerin teilhaben lassen. Dazu passt gut, dass sie gerade 25 Jahre auf den Spuren von Ludwig wandelt.
Gleichzeitig dockt das Schaffen von Frau Heusel an unser Seminar im kommenden Sommersemester an. Geht es doch darum, immer wieder den Mut zur Veränderung zu haben und aus manchen Lebenssituationen etwas ganz Neues entstehen zu lassen.
Liebe Elke.
Heute schreibe ich auf Deinen Wunsch hin über mich selbst und über mich als Künstlerin und freue mich sehr, wenn die Lesenden des UniWehrsEl ein wenig Freude daran haben.
Liebe Grüße von Uschi
5 Jahre auf den Spuren der Ratte mit zartem Humor
Alles was ich wollte war irgendwann nur noch zu malen, zeichnen und Neues zu erschaffen und die Freiheit zu haben, meine Fantasie auszuleben – irgendwann im Alter. Was daraus wurde, entwickelte sich bereits 1994, als ich vor der Entscheidung stand, erneut einen kaufmännischen Beruf zu wählen, was ja wohl das Vernünftigste gewesen wäre, zumal ich eine kaufmännische Lehre absolviert hatte, oder aber einfach meiner Leidenschaft zu folgen.
Damit begann die Freiheit…
Das „oder aber“ war stärker. Von nun an zeichnete und malte ich für mich, für Verlage, sowohl Kinderbücher, als auch Sach- und Cartoonbücher. Ich ging los und suchte mir mit einer Arbeitsmappe unter dem Arm Aufträge, bzw. Auftraggeber.
Es gab immer was Neues, das es zu entdecken und erlernen gab. Meine Tendenz zur komischen Malerei war immer da, Vorbilder wie Deix, Helnwein, Haderer oder auch Uderzo leiteten mich und im Jahr 1997 entstand eine kleine Ratte namens Ludwig zwischen meinen endlosen Skizzen. Bereits 1998 gingen die Streifzüge der Ratte Ludwig mit einem wöchentlichen Cartoon in Serie (Offenbach-Post), und nun, im Jahr 2022 wird es das 25. Jahr.
Etwa um die Zeit des Millenniums entstanden neben Illustrationen und Comiczeichnungen einige Gemälde mit meinen Protagonisten, den Ratten, weil ich meiner Fähigkeit als Malerin ebenso bewusst war und den Alten Meistern nacheifern wollte. Ich rahmte meine Ergebnisse in antike schwülstige Rahmen und nannte alles MUSEUM OF MODERN RAT. Mit diesen meinen Gemälden reiste ich nach Frankreich und wurde belohnt, mit dem „Prix de’l humour tendre“ (Preis für besonders zarten Humor).
Neben ca 1500 wöchentlichen Tageszeitungscartoons zeichnete und schrieb ich 5 Comic-Hefte mit Ludwig, darunter auch der „Struwwelludwig“ aus dem Jahr 2008, eine Persiflage zum Kinderbuch und Erziehungsratgeber „Der Struwwelpeter“, den ich selbst als Kind liebte. Meine selbstgestellte Aufgabe hierbei war, im Stil zu zeichnen wie der Frankfurter Arzt Dr. Heinrich Hoffmann im Jahr 1844, aber alles mit meinen eigenen Ratten und Fantasiefiguren, gepaart mit selbst erdachten neuen Texten, die in die heutige Zeit passen.
Da Hoffmanns Struwwelpeter nicht die Seitenzahl von 50 hatte, fügte ich eine zusätzliche Gutenachtgeschichte unter die Kapitel. Aber auch das reichte nicht ganz, also gibt es 2 zusätzliche Passagen, die Hoffmann sicherlich in der heutigen Zeit so ähnlich geschrieben und gezeichnet hätte.
Heute war ich mit meiner momentanen Praktikantin im Städel/Frankfurt, in erster Linie wegen der Alten Meister, deren Fähigkeiten ich nach wie vor bewundere–ich habe nur wenig, bzw. keine Frauen unter den alten Künstlern finden können. Ich möchte eine unter denen sein, die dieses Schema aufbrechen.
Uschi Heusel