Klöster sind beliebte Drehorte für Filme. Allen voran steht das Kloster Eberbach, das 1985/86 Starregisseur Jean-Jaques Annaud und Produzent Bernd Eichinger zur Inszenierung eines Bestsellers diente. „Der Name der Rose“ mit dem attraktiven Jean Connery in der Hauptrolle spielte in der ehemaligen Zisterzienserabtei und ließ schauriges Klosterfeeling nacherleben.
Dies gelang auch einer kleinen Gruppe Studierender von der U3L in der ehemaligen Benediktinerabtei Seligenstadt am Sonntag im März 2024 (kurzes Video): einfach sagenhaft der Drehort für den Märchenfilm „Siebenschön“.
Die ehemalige Benediktinerabtei Seligenstadt war in besagtem Film aus dem Jahr 2014 das Zuhause von Nonne Genoveva (Esther Schweins). Sie unterstützt „Siebenschön“ (Xenia Assenza), ein hübsches und vor allem wissbegieriges Bauernmädchen, welches sich in Prinz Arthur (Franz Dinda) verliebt hat. Die Liebe wird zwar erwidert, aber es wäre kein Märchen, wenn da nicht erst einmal viele Hindernisse zu überwinden wären. Das ist der Stoff aus dem Grimms Märchen oder auch wie in diesem Fall Märchen von Ludwig Bechstein (1801 bis 1860) gemacht sind und knüpft somit wunderbar an unser Sommersemester-Seminar „Flanieren durch den Märchenwald“ an.
Auch wenn viele Szenen des Märchenfilms in der Rhön, in Fulda, auf der Ronneburg oder im Freilichtmuseum Fladungen spielen, lohnen sich die kurzen Kloster-Seligenstadt-Ausschnitte. Zeigen sie doch Seligenstadts Klosterbibliothek, die Klosterküche und den wunderbaren Klostergarten, die wir alle bei unserer Führung sehr ausführlich und kompetent von Museumsleiter Marcus Paschold in der ehemaligen Benediktinerabtei Seligenstadt vor Augen geführt bekamen.
Das Kloster war wie eine eigene kleine Welt in sich angelegt und enthielt alles, was man zum unabhängigen Leben braucht, so erfahren wir. Wasser, Mühle, Garten, eine Apotheke und dazu die notwendigen Handwerksbetriebe, die den Mönchen kurze Wege und lange Meditationen ermöglichten. So hatte es 828 Einhard, der Berater Karls des Großen erdacht, als er die Benediktinerabtei gründete, die sich 1803 auflöste. Unter napoleonischer Herrschaft wurde kirchlicher Besitz verweltlicht. Das Kloster fiel an die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt. Bis 1960 diente das Kloster dann als Behördendomizil. Dort ist heute auch noch das Büro des Museumsleiters Paschold untergebracht. Seit den 1980er Jahren erfuhr es, so hören wir weiter, eine Restaurierung durch die Hessische Schlösserverwaltung im Sinn seiner Blütezeit des 17./18. Jahrhunderts.
Es lässt sich nicht leugnen, dieses Kloster war rundherum prächtig. Nicht nur die Empfangsräume und Wohnräume des Abtes oder Prälates (sogar mit eigener in die Wand eingelassenen Tür zur Toilette!), erstaunen uns. Die Prälatur, ein mächtiges von 1699 stammendes Gebäude, bot zudem Unterkünfte für bedeutende Gäste. In der Beletage, die wir durch das Treppenhaus in den ersten Stock erklimmen, beeindrucken Räume mit Seitentapeten und monumentale Gemälden als standesgemäße Unterkunft für die Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Immerhin, zwei Kaiser waren wohl während der langen Klosterzeit vom 9. Bis zum 19. Jahrhundert zu Gast gewesen.
Die Küche imponiert mit einer offenen Feuerstelle mit Rauchfang, eingerahmt mit spätgotischer Säule und Konsolen. Noch zu bestaunen ist die Durchreiche zum Hof, die der Armenspeisung diente. Eine weitere Durchreiche besteht zur ehemaligen Krankenstation der Mönche. Dort bekam man sogar Fleisch zu essen, wenn man siech war. Fleisch war wohl nicht für Jeden und nur für besondere Anlässe gedacht. Leider führte es wohl dazu, so hören wir schmunzelnd von Herrn Paschold, dass es bald mehr Sieche als betende Mönche gab und dies schnellstens, nach Besichtigung des Klosters durch einen der obersten Kirchenherren, geändert wurde.
Im Klosterhof besichtigen wir die mit einem Treppengiebel verzierte Klostermühle, die als als Öl- und Getreidemühle 1574 errichtet wurde. Angetrieben wurden die Mühlräder durch den durch den Klosterhof fließenden Mühlbach, dessen Bachquelle versiegte. Für den Schaubetrieb heute, wird das Oberflächenwasser der Abteigebäude in Zisternen gesammelt, die einen Pumpenkreislauf des Mühlenbetriebs kurzfristig ermöglichen.
Im, aus dem 11. Jahrhundert stammenden und bis 1620 als Getreidespeicher genutzten, Sommerrefektorium beeindrucken uns die barocken Wandmalereien. Sie entstanden 1725 im Auftrag von Abt Petrus IV. Er ließ Decken und Wände anlässlich des 900-jährigen Klosterbestehens vom Künstler Giovanni Francesco Martini mit Freskenmotiven des Spätbarocks ausmalen. Das im Hintergrund befindliche riesige Ölgemälde scheint allerdings erst später seinen prominenten Platz gefunden zu haben. Passt es doch inhaltlich mit einer Szene, die ein abgeschlagenes Haupt zeigt, nicht recht zu der Bestimmung als Sommerspeisesaal der Mönche. Es war wohl eher ursprünglich für die Basilika bestimmt, vermuten wir.
Schnell werfen wir noch einen Blick in den Garten, der zu einem weiteren Sommerausflug einlädt. Im Moment regnet es leider in Strömen und das „verhagelt“ uns ein wenig den krönenden Abschluss dieser wunderbaren Führung durch ein „Es war einmal …“
Und nochmal zurück zum Film „Siebenschön“, denn so schreibt die Offenbach-Post im Jahr 2023 von einem ganz besonderen Dienstagabend im Wirtshaus „Riesen“ in Seligenstadt. Abonnenten der Offenbach-Post und hr3-Hörer hatten Tickets für eine Preview des hr-Märchenfilms “Siebenschön” in Seligenstadt gewonnen, einem der Drehorte. Und wir können nur zustimmen, wenn die Frage danach aufkam, welcher Ort denn wohl besser für einen Schauplatz für einen Film geeignet sei, als Seligenstadt und sein Kloster.