Urban legends: Faszination und Horror im Film „Düstere Legenden“
Erfolgreiche Schriftsteller wie Sebastian Fitzek nutzen sie, die „Märchen für Erwachsene“ und findet düstere Legenden und Mythen hilfreich als Ventile, sich seiner Angst zu stellen, sich zu sensibilisieren und achtsam durchs Leben zu gehen, so beschreibt er es in ZeitOnline. „Kinder brauchen Märchen“ fand schon der bekannte Psychologe Bruno Bettelheim und empfahl diese als pädagogisch wertvoll, um Gefahren wie die des „finsteren Waldes“ einschätzen zu können (siehe auch unser Beitrag zu Heine, der Gänsemagd und der Bedeutung von Märchen). Eine UniWehrsEL-Leserin bezieht sich zur Thematik der Urbanen Legenden auf die Literaturwissenschaftlerin Lea Liese und unseren Beitrag im Seminar-Talk des UniWehrsEL. Sie möchte gerne ihre Erfahrungen mit Urbanen Legenden teilen und versteht dabei als herausragendes Beispiel für die Verbindung von Urban Legends und dem Horrorfilmgenre den Film „Düstere Legenden“ (1998), inszeniert von Jamie Blanks.
Liebe Leser des Blog UniWehrsEL,
Urbane Legenden beziehen sich in der Regel auf reale Ereignisse. Sie verändern aber ihre Struktur durch das mündliche Weitererzählen, erfinden etwas hinzu oder lassen etwas weg. Jedenfalls bereichern sie das Horrorgenre im Film ungemein. Gerne von jungen Leuten erzählt, gehen Slasher-Movies mit Vorliebe aus modernen Legenden hervor.
Der Film Urbane Legenden mit zwei Fortsetzung zeigt wie populär Urban Legends in den USA bereits in den 1990ern waren, sonst wären sie nicht die Grundlage für einen beliebten Horrorfilm. Es wundert mich daher nicht, dass sich daraus später Verschwörungstheorien entwickelt haben, weil der Film einen Niedrigschwellenzugang zum Thema Urban Legends ermöglicht.
Der Film entstand Ende der 1990er Jahre, in der das Slasher-Genre durch Werke wie „Scream – Schrei!“ von Wes Craven einen neuen Aufschwung erlebte. “ Der Schriftsteller Stephen King bezeichnete den Film als „verständnissicheren, komisch/schrecklichen Spross des Slasher-Genres“, mit „einem Irren, der eine dem Edvard-Munch-Gemälde „Der Schrei“ nachempfundene Maske trägt.
Das Splatter-Genre im Film ist ein Subgenre des Horrorfilms, das sich durch Gewalt, Blutvergießen und grafische Darstellungen von Verletzungen und Tod auszeichnet. Ein zentrales Merkmal von Splatter-Filmen ist die in Szene gesetzte Gewalt, die oft übertriebene und detaillierte Darstellungen von Verletzungen und blutigen Szenen umfasst. Diese Darstellungen sind häufig so übertrieben, dass sie schockierend wirken sollen. Neben der Gewalt enthalten Splatter-Filme oft auch klassische Horror-Elemente wie Monster, Geister oder psychopathische Mörder. Die Angst vor dem Unbekannten wird durch die explizite Darstellung verstärkt. Viele Splatter-Filme nutzen zudem schwarzen Humor oder ironische Elemente, um den Gewaltszenen die Schärfe zu nehmen. Dies kann dazu führen, dass der Zuschauer sowohl schockiert als auch amüsiert ist. Im Blog UniWehrsEL wurde aus dem Genre bereits der Film „Evil Dead“ besprochen.
Während Splatterfilme – vom lautmalerischen Verb ’splatter‘ (spritzen) vom Geräusch des an die Wand spritzenden Blutes stammt (Beispiel Rodriguez „From Dusk Till Dawn“, zu dem Quentin Tarantino das Drehbuch schrieb), punktet der Slasher-Film (englisch shlash -schlitzen) vor allem beim jugendlichen Publikum. Wes Cravens Film „Scream“, als großer Slasher seines Genres, begründete nicht nur ein neues Kapitel in der Horrorkultur, sondern inspirierte auch zahlreiche Nachahmer, die versuchten, von diesem Erfolg zu profitieren. Beim Teenie-Slasher „Düstere Legenden“ ist besonders, dass er sich als erster Film dem Thema der modernen Schauer- oder Ammenmärchen annähert und eine Vielzahl von düsteren Legenden in seine Handlung integriert.
Die Schlüsselszene von „Düstere Legenden“ spielt in einem College-Hörsaal, wo eine Vorlesung über Urban Legends stattfindet. Die Kamera schwenkt über die Studenten, die gespannt den Ausführungen des Dozenten lauschen, das baut Spannung beim Zuseher auf und führt ihn langsam in den Stoff ein, mit dem sich der Zuschauer nun rund 90 Minuten beschäftigen wird. Professor Wexler erzählt seinen Studenten die Legende von der Babysitterin, die einen beunruhigenden Anruf aus dem Haus erhielt. Die Studentin Brenda wird nach vorne gerufen, weil sie sich über das klingelnde Handy des Professors lustig macht. Nun soll sie „Pop Rocks essen und dazu Cola trinken„, da es einem weiteren Mythos zufolge dazu führen soll, dass Magen und Darm platzen – eine Vorstellung, die die Studenten aus der Werbung kennen. Professor Wexler verleiht dem Thema Urban Legends die nötige wissenschaftliche Tiefe. Mit der Vorlesung steigt der Zuschauer gleich in das Gebiet ein und erhält so spielerisch Expertenwissen.
Urban Legends, wörtlich übersetzt „Stadtlegenden“ (gibt es auch über Frankfurt), sind moderne Mythen, die oft in Form von Geschichten oder Anekdoten erzählt werden. Sie handeln häufig von schockierenden, gruseligen oder skurrilen Ereignissen, die angeblich in der realen Welt passiert sind. Diese Legenden verbreiten sich meist durch Mundpropaganda, soziale Medien oder das Internet und reflektieren oft gesellschaftliche Ängste und Werte. Sie sind ein faszinierendes Phänomen, das die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen lässt und den Zuhörer dazu anregt, über die dunklen Seiten des menschlichen Verhaltens nachzudenken.
Zum Filmplot: 25 Jahre nachdem sich im Pendelton College ein blutiges Massaker abgespielt hat, verschwinden schon wieder Schüler und Lehrer spurlos. Bei seinen Studenten stoßen die Urban Legends auf ein geteiltes Echo: Natalie und der sensationslüsterne Campus-Reporter Pau, wittern einen Zusammenhang zu einer spektakulären Mordserie, dagegen zeigen sich ihre Kommilitonen Damon, Sasha, Brenda und Parker zunächst skeptisch. Das ändert sich schnell, als die Studenten unliebsame Bekanntschaft mit dem maskierten Serienkiller machen, der die Jugendlichen nach Vorbild der düsteren Legenden tötet.
Die Idee, Märchenelemente mit der modernen Welt zu verbinden, ist ein zentrales Merkmal von „Düstere Legenden“. Drehbuchautor Silvio Horta (um seinen Tod ranken sich auch zahlreiche Gerüchte) gelingt es, die düsteren Geschichten, die in den Gesprächen der Protagonisten oder in den Medien erwähnt werden, geschickt in die Erzählung einzuflechten. Diese Meta-Ebene, die an die Film-im-Film-Struktur von „Scream“ erinnert, verleiht dem Film eine zusätzliche Dimension. Die Universitätsvorlesung über Urban Legends bildet eine interessante Erzählebene, während die Mordserie im College-Umfeld der Protagonistin Natalie die zweite Ebene darstellt. Diese Verknüpfung von Fiktion und Realität macht den Film besonders spannend und lässt die Zuschauer über die Wahrhaftigkeit der dargestellten Legenden nachdenken.
Die psychologischen Aspekte der Faszination für Urban Legends
Die Faszination für Urban Legends und Filme wie „Düstere Legenden“ und die „Scream“-Reihe lässt sich durch verschiedene psychologische Aspekte erklären. Zum einen bieten diese Geschichten eine Möglichkeit, unsere tiefsten Ängste und Sorgen in einem sicheren Rahmen zu erkunden. Sie erlauben es uns, sich mit dem Unbekannten und dem Unheimlichen auseinanderzusetzen, ohne tatsächlich in Gefahr zu sein. Die Spannung, die durch die Kombination von Realität und Fiktion entsteht, zieht uns in ihren Bann und lässt uns an der Grenze zwischen Angst und Faszination balancieren.
Darüber hinaus spiegeln Urban Legends oft gesellschaftliche Themen und Ängste wider, die in der jeweiligen Zeit relevant sind. So schreibt die „taz“ 1993: „Manifestierte sich in den Godzillas der 50er und 60er die Angst vor der Atomenergie und dem unbeirrbar vorangetriebenen Fortschritt, so erklärten die Horrorfilme der 70er Jahre den Menschen selbst zur teuflischen oder zombie-esken Bedrohung. Mit beginnender Rezession der Mittachtziger wurde die Furcht dann wieder nach außen projiziert: Alle Aliens kamen nun wieder aus dem All. Wie die Ängste der frühen 90er filmisch umgesetzt werden, beantwortet das Fantasy Filmfest, das gestern im Metropolis begann“.
Seit den 1990er Jahren, als „Düstere Legenden“ und „Scream“ populär wurden, waren Themen wie Gewalt, Identität und die Gefahren der modernen Welt besonders präsent. Noch heute sind diese Themen aktuell und dese Filme bieten nicht nur Unterhaltung, sondern auch eine kritische Auseinandersetzung mit den Ängsten der Gesellschaft.
Insgesamt sind die düsteren Legenden und die Scream-Reihe ein faszinierendes Element des Horrorgenres, das den Zuschauer dazu anregt, über die dunklen Seiten des Lebens nachzudenken und die eigenen Ängste zu hinterfragen. Die Düsteren Legenden sind das Spannendste, was das Horrorgenre Ende der 1990er Jahre zu bieten hatte, und ihre Wirkung ist bis heute spürbar.
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