Kommentar: „Monster Frankenstein oder das geschundene Tier“
Mary Shelleys „Frankenstein“ ist eine Figur, die aus der Literatur, Film und Theater nicht wegzudenken ist und zudem aktuell wie einst und je. Ob als Frauenfigur, die sich weder bändigen noch bevormunden lässt wie in „Poor Things„, der bizarr-lustigen Frankenstein-Komödie, die Männerfantasien anregt, oder im Kontext von „Darmstadts Prometheuslandschaft“. Die geschundene Kreatur wurde im „Theater Schloß Maßbach“, der Unterfränkischen Landesbühne, als „gruselig und beängstigend aktuell“ angekündigt. Auch der 2025 erschienene US-amerikanische Science-Fiction-Horrorfilm von Guillermo del Toro nimmt sich des gleichnamigen Romans von Mary Shelley aus dem Jahr 1818 an. Er feierte im August 2025 bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig seine Premiere. Dazu ein Kommentar des Kulturbotschafters des UniWehrsEL, mit großem Dank!
Liebes UniWehrsEL,
2025 saß ich im Theater Maßbach und erlebte die beeindruckende Aufführung von Mary Shelleys „Frankenstein“. Die Darbietung, bearbeitet von Christian Schidlowsky, regte in mir intensive Gedanken an. Besonders berührte mich die Verbindung zwischen Frankensteins Monster und einem geschundenen Tier passend zum Seminar Animal Tiere als Spiegelbild menschlicher Seelenzustände. Diese parallele Betrachtung macht die Geschichte umso relevanter.
Die vier Schauspieler – Marc Marchand, Ingo Pfeiffer, Yannick Rey und Anna Schindlbeck – übernahmen 26 verschiedene Rollen und brachten die Geschichte von Victor Frankenstein und seinem fremden Wesen mit solcher Intensität auf die Bühne, dass ich mich sofort in deren Emotionen hineinversetzen konnte. Diese eindrucksvolle Darbietung ließ mich darüber nachdenken, wie Tiere oft als Spiegelbild menschlicher Seelenzustände betrachtet werden können.
Victor Frankenstein erschafft ein fremdes Wesen aus den Teilen toter Körper, doch seine Schöpfung wird sofort zum Ausgestoßenen. Ähnlich wie viele Tiere, die aufgrund ihrer äußeren Erscheinung oder ihrer Herkunft missverstanden und abgelehnt werden, wird das Monster von seiner Umwelt gefürchtet. Es trägt den Stempel der Traurigkeit und Verzweiflung, was es zu einem verletzlichen Spiegelbild menschlicher Emotionen macht. Die Abneigung, die ihm entgegengebracht wird, erinnert an die Vorurteile, die oft gegen Tiere gerichtet sind, die in ihrer Einzigartigkeit und Vielfalt nicht akzeptiert werden.
Victor Frankenstein, der seinen Instinkt verfolgt, die Natur zu beherrschen, kümmert sich nicht um die Folgen seines Handelns. Nach der Geburt seiner Schöpfung überlässt er sie ihrem Schicksal, was zu tragischen Konsequenzen führt.
Hier findet sich eine weitere Parallele zum Umgang der Menschen mit Tieren: Das Versäumnis, Verantwortung zu übernehmen, führt oft zu Leid und Elend (als Beispiel Gedanken zu unserem Beitrag „Laika und Margarita„) .
In diesem Licht erscheint Guillermo del Toros neueste Verfilmung von „Frankenstein“ auf Netflix als besonders relevant. Del Toro, bekannt für seine Liebe zu Monstern, bleibt der literarischen Vorlage treu und hebt dabei die komplexen Beziehungen zwischen Schöpfer und Geschöpf hervor. Seine Inszenierung reflektiert die tiefen Themen von Isolation und Ablehnung auf eindringliche Weise. Während die Zuschauer in die visuelle Pracht eintauchen, wird ihnen auch die innere Zerrissenheit des Monsters nähergebracht, was zu einer stärkeren emotionalen Verbindung führt.
Del Toros filmisch erzählte Geschichte bleibt gut verwurzelt in der klassischen Erzählung, bringt jedoch gleichzeitig frische Perspektiven und modernisierte Elemente ein.
In diesem Kontext kommt eine besorgniserregende Beobachtung zur Sprache: Der berühmt-berüchtigte Serienmörder Ted Bundy ist nur einer von vielen Menschen, die zuerst Tiere quälten, bevor sie zum Morden von Menschen übergingen. Eine Erklärung hierfür lieferte unter anderem der Humanist Dr. Albert Schweitzer: „Jeder, der sich daran gewöhnt hat, das Leben von Lebewesen allgemein als wertlos zu betrachten, läuft Gefahr, daraus zu schließen, dass auch menschliches Leben wertlos ist.” Diese Sichtweise untermauert, wie das Ignorieren des Leids von Tieren letztlich zu einer Entwertung menschlichen Lebens führen kann.
Das Monster leidet unter seinem grotesken Äußeren und sehnt sich nach Anerkennung. Es dringt in die Herzen der Zuschauer vor und offenbart eine sanfte und fürsorgliche Natur – Eigenschaften, die oft auch bei Tieren sichtbar sind zu Gedanken zum Monster auch unser Beitrag zu „Dracula„).
Ebenso wie das Monster zeigt auch ein geschundenes Tier, das Missachtung und Grausamkeit erfahren hat, den Drang, Gutes zu tun und Nähe zu suchen. Doch beide sind sie gefangen in einem Kreislauf von Ablehnung und Verzweiflung. Robert K. Ressler, der für die US-amerikanische Bundespolizei FBI Profile von Serienmörder:innen erstellte, sagte: „Mörder […] fangen oft damit an, als Kinder Tiere umzubringen und zu quälen.“ Diese Worte unterstreichen, wie wichtig es ist, die Anzeichen von Gewalt und Misshandlung von Tieren ernst zu nehmen.
In einem eindringlichen Moment spricht das Monster zu Victor: „Ich bin das Geschöpf, das von dir erschaffen wurde. In meiner Existenz wohnt ein sanftes Herz, gefangen in einem Körper, der von den Menschen verabscheut wird.“ Diese Worte sind nicht nur ein Bekenntnis der Einsamkeit, sondern auch ein eindringlicher Ausdruck für den Schmerz, den viele Tiere empfinden, die als Nutz- oder Stofftiere missbraucht werden.
Sie haben oft so viel zu bieten, doch die Gesellschaft versagt darin, ihre inneren Qualitäten und Bedürfnisse zu erkennen (zu Mitleid mit geschundenen Kreaturen auch unser Beitrag „Dog Lab„)
Victor Frankenstein, der seinen Instinkt verfolgt, die Natur zu beherrschen, kümmert sich nicht um die Folgen seines Handelns. Nach der Geburt seiner Schöpfung überlässt er sie ihrem Schicksal, was zu tragischen Konsequenzen führt. Hier findet sich eine weitere Parallele zum Umgang der Menschen mit Tieren: Das Versäumnis, Verantwortung zu übernehmen, führt oft zu Leid und Elend.
Mary Shelleys „Frankenstein“ vermittelt, dass sowohl das Monster als auch die geschundenen Tiere ein Plädoyer für Mitgefühl und Anerkennung sind. Sie lehren uns, dass Schönheit und Wert nicht nur an der äußeren Erscheinung festgemacht werden dürfen; vielmehr geht es darum, das innere Wesen zu würdigen. Die tragischen Figuren, die Shelley und andere Künstler schaffen, können als mahnende Stimmen dienen, die uns daran erinnern, Verantwortung zu tragen und unsere Herzen zu öffnen, sowohl für unsere Mitgeschöpfe als auch für die lebenden Wesen um uns herum. Das Verständnis für das Leid von Tieren kann entscheidend dazu beitragen, dass auch menschliches Leben wertgeschätzt wird.
Ganz herzlichen Dank auch an Pixabay für die unseren Text begleitenden Images!
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