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Endlich ist wieder Wiesenzeit und zwar richtig: das 187.te Münchner Oktoberfest läuft. Ein Phänomen von dem Brigitte Veiz schreibt und fragt, ob es denn so etwas wie eine Sucht danach geben könne. Hat diese Bier- und Konsumschlacht etwas mit der Suche nach Glück zu tun?

Dieser Frage gingen wir bereits in einem Seminar zum Thema “Wahres Glück im Warenglück” an der U3L nach.

Wo findet sich das „wahre Glück“? Lässt es sich durch unseren freien Willen beeinflussen, so wie es die Glücks- und Heilsversprechen in unserer Konsumgesellschaft verheißen? Was tun, wenn sich das Glück, trotz Ratgeber, nicht finden lässt oder nicht hält, was wir uns von ihm versprochen haben? Die Sozialpsychologie erklärt die Erlebens- und Verhaltensweisen von Menschen unter dem Einfluss gesellschaftlicher Faktoren und beobachtet kompensatorische Linderungsmittel wie: mächtige Ablenkungen durch exzessives Feiern, Ersatzbefriedigung durch Kaufrausch und Fressorgien, Rauschstoffe wie Nikotin und Alkohol. Und schon sind wir wieder beim Oktoberfest.

„Wiesnsüchtig“ nennt es die Fachfrau, bei der das ‚Festefeiern‘ nach eigenen Angaben quasi schon mit der Muttermilch inkorporiert wurde. Als völlig ‚wiesnunsüchtige‘ Hessin frage ich mich, was macht den Zauber und die Sehnsucht aus, an diesem Fest der Superlativen teilzunehmen?

Da wäre zunächst die Atmosphäre, bestimmt allein durch die Größe und natürlich die Stimmung, so schreibt Veiz in ihren sozialpsychologischen Betrachtungen zum Oktoberfest. Eine Sucht, nicht vergleichbar mit der Drogensucht, weil ja auch zeitlich begrenzt, nämlich 16 Tage im Jahr. Dennoch bestünde diese Abhängigkeit, weniger körperlicher als psychischer Natur, abgesehen der Sucht nach Alkohol, die aber nicht allein ‘wiesnspezifisch‘ sei. Die Anzeihungskraft dieses unglaublichen Festes sei auf jeden Fall bei Gästen des In- und Auslands seit jeher ungebrochen.

Es war am 12. Oktober 1810 als die Hochzeit des bayerischen Kronprinzen Ludwig mit der 18jährigen Therese von Sachsen-Hildburghausen stattfand, mit dem berümten Preisschießen, das bis zum 21. Oktober dauerte. Illumination und Speisung aller Bürger und Stämde verband die Menschen in der Münchner Innenstadt. Mit „32065 Laibln Semmelbrot, 3292 Pfund Schweizerkäse, über 80 Zentnern Schaffleisch, 8120 Cervelatwürsten und 13300 Paar geselchten Würsten“, ganz zu schweigen von den „232 Hektolitern Bier und den 4 Hektolitern Wein“ (vgl. Veiz, S.28, zitiert nach dem Münchner Stadtmuseum) nahm das Fest seinen würdigen Anfang für das heutige Oktoberfest.

Bereits 1899 entstanden Texthefte mit diversen Oktoberfestschlagern, Schunkel- und Trinkliedern, die auch heute nicht mehr wegzudenken sind: „Oans, zwoa, drei, g’suffa!“ Inzwischen hat dieser Hit von Georg Lang Weltstatus erreicht.

Kleine Bierhütten verschwanden nach und nach, die „Bierburg“ des heutigen Formats entstand. Die Ritualisierung des Oktoberfestes begann 1908. Immer wieder Samstags, in den Bierhallen gleichzeitig um zwölf Uhr mittags begannen dann Böllerschüsse bei Festeröffnung und das Anstechen des „Ehrenfasses“ durch den Münchner Oberbürgermeister: O‘zapft ist“! Wenn das erste Fass Wiesnbier geschlagen wird, kann das Oktberfest beginnen.

Ob das auch in Zukunft so weitergehen wird, steht in den Sternen.

Ein Leser des UniWehrsEL hat dazu einen Brief verfasst.

Liebes UniWehrsEL,

wie die Zeitungen passend zur Eröffnung des Oktoberfestes vermelden, steuert Deutschland auch auf eine Bierkrise zu, in England ist es schon so weit. Als Folge der Energiekrise wird die Kohlesäure knapp. Kohlensäure wird aus Düngemitteln gewonnen, die Deutschland aus Russland bezieht. Das wird die Bierpreise verteuern. Also noch schnell im Foyer ein Bier oder einen Wein zum alten Preis trinken, bevor dieser im Preis mehr kostet, als eine Theaterkarte der billigsten Kategorie? Auch Cola hat Kohlensäure. Und auch Wein benötigt Kohlensäure zur Herstellung. Zum Glück braucht Leitungswasser keine Kohlensäure und so kann der Tee weiter mit Leitungswasser gekocht werden. Was meinst du?

Liebe Grüße