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Die Salzburger Festspiele 2021 präsentieren „Don Giovanni“ von Wolfgang Amadeus Mozart. Es ist eine berühmte Oper, in der das „Lustprinzip“ einem Mann über alles geht.
Dazu ein Leserbrief:

… ich habe die Neuinszenierung von Don Giovanni auf zwei Abende verteilt gesehen, weil es ein wirklich spannender Theaterabend ist. Die Regie von Romeo Castellucci sprüht nur so von interessanten Einfällen. Am Anfang wird die Kirche leergeräumt, weil ein zutiefst unmoralisches Stück mit gottlosem Inhalt aufgeführt wird.

Ein Auto fällt vom Himmel, wie ein Klavier, es werden Symbole aus dem Paradiesgarten verwandt wie der Apfel und der Baum der Erkenntnis. Don Giovanni liebt jedes Einzelteil einer Frau. Deshalb sieht der Zuschauer Frauenbeine, Frauenrücken, die Silhouette. Es ist äußerst raffiniert. Mal trägt Don Giovanni ein Bett mit sich herum. Don Giovanni und Leporello sehen sich zum Verwechseln ähnlich. Der gute Don Oktavio ist wahlweise ein Kreuzritter, Beschützer oder der Pudel – das Anhängsel von Donna Anna. Der Drucker steht für die Verführungskunst des Don Giovanni an sich.

Laut Regie macht Don Giovanni immer das Gleiche in seiner Verführung. Er vervielfältigt sich wie Papier in einem Drucker und die Frauen gehen ihm auf die immer gleiche Art ins Netz. Er hat jedoch Angst vor den Konsequenzen: Bildlich stark dargestellt mit Donna Elvira gespielt als Schwangere und ihren Kindern, die Don Giovanni in die Enge treiben.

Donna Elviras Schmerz wird in dieser Inszenierung, im Gegensatz zu sehr vielen anderen, nicht als übersteigerter Wahn abgetan, sondern sehr einfühlsam aufgegriffen. Don Giovanni hat Elvira schwanger sitzen lassen, wie die anderen 150 Frauen, die auf der Bühne sind, auch. Alle Hoffnungen und Träume dieser Frauen hat Don Giovanni mutwillig zerstört.

Daher verfolgen sie ihn wie die griechischen Rachegöttinnen in seinem persönlichen Albtraum. Meistens wird Don Giovanni nur für den Mord am Komtur bestraft. Das Unglück der Frauen wird oft in Inszenierungen als Nebenschaden abgetan. Darum finde ich die Inszenierung sehr empathisch gegenüber den vielen Frauenschicksalen.

Das Finale zeigt einen entblößten Mann der mit seinen Dämonen – seinen falschen Versprechen gegenüber den Frauen – kämpft. Das Schlussbild, bei dem die seelischen Verletzungen durch Don Giovannis Treiben in Abgüssen festgehalten werden, ist stark. So ist klar, dass es kein aufgesetztes Happyend gibt. Die Figuren sind beim Happyend abwesend und ein Geisterchor singt im Off für sich alleine.

Hier ein kleiner Eindruck des italienischen Trailers, damit Sie sich ein eigenes Bild machen können:

  • Beitrags-Kategorie:Blog
  • Beitrag zuletzt geändert am:18. August 2021
  • Lesedauer:3 min Lesezeit