Gibt es in Ihrem Alltag auch ständig gedankliche Konflikte, die eine Entscheidung verlangen? Gerade in der jetzigen Zeit geraten wir in Situationen, die zwiespältige Gefühle in uns entstehen lassen. Die Entscheidung zwischen zwei Möglichkeiten ist herausfordernd, weil sie uns in gleicher Weise (wenig) verlockend erscheint. Warum ist das eigentlich so? Steht das äußere Angebot einer Versuchung im Widerspruch zu unserer Lebensgrundsätzen, mit denen wir nicht in Konflikt kommen wollen?
Nach der Theorie des Sozialpsychologen Leon Festinger (1957) befindet sich eine Person vor einer Entscheidung bzw. Handlung in einem Konflikt (zwischen Alternativen wählen zu müssen), danach im Zustand kognitiver Dissonanz (die gewählte Alternative rechtfertigen zu müssen).
Einen anderen Verstehensansatz für Konfliktentstehung, vor allem in der Kommunikation, liefert die Doppelbindungstheorie (engl. double-bind theory). Sie beschreibt die lähmende, weil doppelte Bindung eines Menschen an paradoxe Botschaften oder Signale (auch nonverbale, z.B. Gesten) und deren Auswirkungen. Sie wurde im Zusammenhang mit der Erforschung schizophrener Erkrankungen von einer Gruppe um den Anthropologen und Kommunikationsforscher Gregory Bateson (1962) entwickelt und von Paul Watzlawick, dessen Schüler, zur „Theorie menschlicher Kommunikation“ erweitert.
Die betroffene Person befindet sich in einer abhängigen Position, die von ihr Anpassung verlangt und sie in eine „Zwickmühle“ bringen kann. Dahinter können sich berechtigte Interessen und Grundbedürfnisse dominanter Bezugspersonen verbergen. Es kommt zu widersprüchlichen Reaktions- und Handlungsaufforderungen auf unterschiedlichen Kommunikationsebenen wie etwa Sach- und Beziehungsebene.
Auch wenn wir sie verdrängen, unterdrücken, nach außen hin zu verdecken suchen, bedrängen uns diese Konflikte und sind meist von heftigen Gefühlen begleitet. Um das innere Gleichgewicht halten zu können, erfinden wir Regeln und Rituale.
Manche Forscher betrachten Rituale als evolutionäres Erbe, deren Sinn nicht so einfach erkennbar ist. Für andere gehören sie untrennbar zur menschlichen Natur – und sind lebensnotwendig.
Konflikte bergen hohes Stresspotential in sich. Um trotzdem sein persönliches Gleichgewicht zu halten oder wieder zu gewinnen, können „Body Mind Rituale“ hilfreich sein. Es geht darum, Balance, Koordination, Ausdauer und Beweglichkeit. Wichtig sind Übungsfolgen, die in Inhalt und Ausführung gleich sind und somit den Charakter eines „Rituals“ haben. Rituale (vom lateinischen ritualis) sind eine nach vorgegebenen Regeln immer gleich ablaufende Handlungen.
Wenn es um Konfliktbewältigung geht, kommt auch der Alltagsbegriff „fair play“ ins Spiel. Hier liefert das psychologische Konzept der „kognitiven Dissonanz“ eine Erklärung für Verhalten. Demnach treffen Menschen bevorzugt Entscheidungen gemäß ihrem Selbstbild. Halten sie sich z.B. für „fair“ oder „großzügig“, vermeiden sie Handlungen, die eindeutig egoistisch sind, um nicht in Widerspruch zum eigenen Selbstbild zu geraten. Besteht die Möglichkeit, Konsequenzen auszublenden, fällt eine „großzügige“ Entscheidung deutlich schwerer und sie entscheiden sich für eine egoistischere Alternative.
Gleich sind bei uns allen die inneren Ursprünge von Konflikten: Innerer Streit um den Besitz des Haben-Wollens und Nicht-haben-Könnens. Hat man mit seiner inneren „Gier“ abgeschlossen, hört auch der innere Blitzkrieg auf.
Hoch aktuell, auch als Ursprung eines Konfliktes, die Angst vor sozialer Isolation. Ursprünglich zwischen Eltern und Kindern, wiederholt sie sich im Erwachsenenalter. Sich dem Wunsch der anderen nicht zu beugen bedeutet dann, soziale Isolation, Verlassenwerden, benachteiligt, ausgeschlossen zu sein.
Wer andere Menschen ausschließt und sie vorsorglich in Situationen bringt, vor denen sie selbst uneingestanden Angst haben, der versucht instinktiv den oben genannten Konsequenzen zu entgehen.
Der Neurologe Gerald Hüther beschreibt die sogenannten „Angstmacher“ in seinem Buch „Wege aus der Angst. Über die Kunst, die Unvorhersehbarkeit des Lebens anzunehmen“ 2020): „Das Schüren oder Beschwichtigen von Angst ist also gezielt zur Durchsetzung eigener Interessen und Absichten einsetzbar. Diese Instrumentalisierung der Angst macht Menschen abhängig und manipulierbar, beraubt sie ihrer Freiheit“.
Entsprechend beschreibt Gerald Hüther auch nicht, wie wir uns von der Angst befreien, sondern was wir tun können, um nicht zu Getriebenen der von anderen oder Interessengruppen geschürten Ängste zu werden.
Zum Schluss noch eine bekannte Denksportaufgabe, die der Sozialpsychologe Tobias Brocher anführte, um uns im Lösen von Konflikten zu trainieren:
Eine Familie mit zwei Kindern soll in einem Boot über ein Wasser; das Boot trägt höchstens einen Erwachsenen oder die beiden Kinder. Wie kommen Sie alle hinüber?
Ich wünsche Ihnen viel Spaß für die Lösung dieses Konflikts. Es wird sich zeigen, dass Sie nicht nur nachdenken müssen, sondern je nachdem auch Zwischenlösungen, Aufschub, Zurückstellungen, Geduld und halbe Kraft eingesetzt werden haben.
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