Auf den Spuren Friedrich II und König Manfred: Sommerresidenzen in Süditalien
Was macht einen Ort zum Sehnsuchtsort für Herrscher des Mittelalters? Wie verbrachten Kaiser Friedrich II. und die Könige Manfred und Karl I. von Anjou ihre Sommermonate in den malerischen Landschaften Süditaliens? Diese Fragen standen im Mittelpunkt der faszinierenden Vorlesung von Prof. Dr. Kai Kappel und Prof. Dr.-Ing. Klaus Tragbar im Literaturhaus Darmstadt. Ihr interdisziplinäres Projekt „Sommerresidenzen und herrscherlichen Refugien um den Monte Vulture. Wohnkomfort und Naturerfahrung im spätstautisch-frühangebinischen Süditalien“, beleuchtet die architektonischen und kulturellen Dimensionen dieser Rückzugsorte und bietet uns wertvolle Einblicke in die Lebensweise der Herrscher.
Liebe Leser des UniWehrsEL,
gerne möchte ich Ihnen meine Eindrücke zu einem interdisziplinären Projekt vermitteln, in dessen Mittelpunkt die Sommerresidenzen bedeutender Monarchen stehen.
Kaiser Friedrich II. und König Manfred: Sommermonate in Süditalien
Kaiser Friedrich II., ein bedeutender Monarch des 13. Jahrhunderts, war bekannt für seine kulturelle Offenheit und seine Förderung der Wissenschaften. König Manfred setzte diese Tradition fort und war ebenfalls ein wichtiger Herrscher in der Geschichte Süditaliens. Ihre Sommerresidenzen, wie Lagopesole, das Castell in Gravina und Palazzo San Gervasio, so erklären die Wissenschaftler Klaus Tragbar und Kai Kappel, waren nicht nur Orte der Erholung, sondern auch Rückzugsorte, die den Herrschern die Möglichkeit boten, sich in der Natur zu entspannen und die Schönheit der Landschaft zu genießen.
Im Rahmen des Forschungsprojekts wurden drei Residenzen untersucht, wobei Lagopesole die größte und bedeutendste ist. Diese beeindruckende Anlage wurde zwischen 1242 und 1280 von Kaiser Friedrich II. genutzt und diente als Ort der Erholung, gesichert von den Königen Manfred und Karl I. von Anjou. Die Residenz war nicht als Verteidigungsbau konzipiert, sondern als Rückzugsort, der den Herrschern die Muße bot, die Natur zu genießen und sich von den politischen Geschäften zu erholen.
Das Castell in Gravina, das bereits in den 1230er Jahren entstand, ist ein weiteres Beispiel für diese Art von Residenz. Der Chronist Giovanni Villani berichtet, dass Friedrich II. bei Gravina eine Ruhepause einlegte. Im Jahr 1309 wurde ein Saal für die Falkenjagd sowie eine Kapelle zum Beten angelegt. Die Falkenjagd, eine besonders geschätzte Form der Jagd, war ein Zeichen von Adel und Kultur und diente dazu, die Fähigkeiten des Herrschers zu demonstrieren.
Ein drittes Bauwerk, das im Rahmen des Projekts untersucht wird, ist Palazzo San Gervasio. Im Herbst 1255 erholte sich König Manfred dort von den Strapazen einer Schlacht. Er schätzte den Bau wegen seiner gesundheitsfördernden Luft und Gewässer sowie besonders wegen seiner Jagdmöglichkeiten. Die Jagd hatte im Mittelalter eine immense Bedeutung, nicht nur als Freizeitbeschäftigung, sondern auch als Symbol für Macht und Status.
Nach dem Machtwechsel 1266 wurde das Bauwerk erstmals erwähnt, und ein Teil der Anlage war 1275 reparaturbedürftig. Der Palast wurde 1280 für den Aufenthalt Karls I. Ende Juni wiederhergerichtet. Aktuell wird die Anlage tiefgreifend saniert, was die Bedeutung dieser Residenz für die Geschichte und Kultur der Region unterstreicht.
Die Wohnkultur dieser Sommerresidenzen spiegelt transkulturelle Austauschprozesse wider, die im hochmittelalterlichen Europa, Nordafrika und im östlichen Mittelmeerraum stattfanden. Die Forscher:innen des Projekts betonen das wechselseitige Verhältnis von Bauwerk und Landschaft, was die Bedeutung der Natur für das Leben der Herrscher unterstreicht. Die Residenzen waren Orte der Muße, an denen die Herrscher nicht nur ihre politischen Geschäfte führten, sondern auch die Ruhe und Abgeschiedenheit suchten, die ihnen die Natur bot.
Ein besonders interessanter Aspekt der Vorlesung war die Diskussion um die ikonografische Bedeutung der Architektur. Im Vortrag wurden Statuen gezeigt, die von den Anwohnern als Darstellungen von König Barbarossa und seiner Frau angesehen wurden, könnten in Wirklichkeit mythologische Figuren wie eine Quellnymphe und einen Faun darstellen. Diese Interpretation passt besser zu dem Zweck der Residenz Lagopesole als Ort der Erholung und des Genusses.
Die architektonischen Merkmale der Sommerresidenzen, wie der Turm von Lagopesole, waren nicht etwa als Sternenwarte oder zur Abwehr von Feinden gedacht, sondern dienten als privater Rückzugsort für den Herrscher. Diese Abgeschiedenheit stand im Kontrast zum Festsaal, der für Empfänge und repräsentative Anlässe genutzt wurde. So wird deutlich, dass die Gestaltung dieser Residenzen sowohl funktionale als auch symbolische Aspekte berücksichtigte.
Insgesamt hat die Vorlesung im Literaturhaus Darmstadt nicht nur das Wissen der Zuhörer über die Residenzbildung im Hochmittelalter erweitert, sondern auch das Verständnis für die Lebensweise und die kulturellen Praktiken der Herrscher dieser Zeit vertieft.
Ich freue mich auf die weiteren Ergebnisse des Projekts, das bis zum 31. Dezember 2025 läuft (es wurde bis 2026 verlängert), und bin gespannt, welche neuen Erkenntnisse über die Sommerresidenzen und ihre Bedeutung für die Geschichte Süditaliens noch ans Licht kommen werden. Prof. Dr. Kai Kappel und Prof. Dr.-Ing. Klaus Tragbar haben versprochen einen weiteren Vortrag in der Dante Gesellschaft Darmstadt zu halten, wenn ihr Projekt in 2026 abgeschlossen ist.
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