You are currently viewing Dankeschön und nochmal “Tod in Venedig”

Wieder ist ein Jahr vergangen. Und am letzten Tag des Jahres 2022 wird es Zeit, noch einmal ganz herzlich Danke zu sagen. Das UniWehrsEL kann nur so gut sein wie die Schreibenden und die Lesenden es als gut empfinden.

Ein dickes Lob wieder an Helmut Röll, meinen “Retter in der Not”, denn diese Webseite technisch zu erhalten, hat zuweilen durchaus ihre Tücken. Dann natürlich an meine liebe Kollegin, Dr. Angelika Stieß-Westermann, mit deren Unterstützung uns wieder ein besonderes Highlight in Form des Interdisziplinären Gesprächs gelungen ist. Danke allen, die mir schreiben und Ideen und Beiträge liefern, hier sei stellvertretend Herr Trebitz genannt. Last but not least Danke an meine ideenreiche zukünftige Kollegin Dr. Anne Winckler, die uns einmal mehr mit einem Leserbrief erfreut.

Kommen Sie bitte gesund im Neuen Jahr an und seien Sie herzlich gegrüßt von Elke Wehrs


Und hier nochmal ein sehr interessanter Leserbrief von Dr. Anne Winckler, der Bezug auf den “Tod in Venedig” nimmt. Danke, liebe Anne!

UniWehrsEL  – Tod in Venedig

Liebe Elke,

danke für den interdisziplinären Dialog, den Du am 21.12. mit Frau Dr. Stieß-Westermann zum Thema ‚Melancholie und Unendlichkeit‘ im Rahmen einer Veranstaltung der U3L geführt hast.
Thomas Manns Novelle ‚Tod in Venedig‘ habe ich vor langer Zeit gelesen und war damals von seiner Sprache sehr beeindruckt. Viscontis Film hat mich später in der Umsetzung dieser Wortbilder mitgerissen. Die Musik im Film habe ich eher am Rande wahrgenommen. Gustav Mahler war mir als Komponistenname zwar geläufig, seine Musik kannte ich damals nicht. Ich wusste auch nichts von der Verbindung, die es zwischen Mann und Mahler gab und dass Mahler das Vorbild für Aschenbach war. Deine ausführliche Schilderung zu Inhalt und Aufbau der Novelle und die detailreichen Ausführungen von Frau Stieß-Westermann zur Verknüpfung der Filmszenen und Mahlers Musik haben mich begeistert und dieses grandiose Werk von Thomas Mann von noch einmal von einer anderen Seite erlebbar gemacht.

Ich möchte die Plattform des UniWehrsEls gern nutzen, um noch auf eine weitere Form des Zusammenspiels zwischen Musik und der Novelle von Thomas Mann hinzuweisen. Benjamin Britten (wir hatten ihn bereits bei “Das Meer und das Hören” kennen gelernt) hat in Zusammenarbeit mit der Librettistin Myfanwy Piper die zweiaktige Oper ‚Death in Venice‘ komponiert, die 1973 uraufgeführt wurde. Hat Visconti Musik zur Illustration seiner Filmbilder benutzt, die jedenfalls nicht originär zu diesem Zweck komponiert wurde, sondern bereits vorhanden war, so hat Britten Musik ganz zielgerichtet für diese Novelle ‚erfunden‘. Seine Musik ist also ein zum Text von Thomas Mann (in der Adaption der Librettistin) und zu den von der Inszenierung geschaffenen Bildern (die teils auf Regieanweisungen beruhen, teils auf der Kreativität der inszenierenden Regisseure) hinzutretendes, bewußt geschaffenes, drittes Gestaltungsmittel für den Inhalt und die Aussagekraft der Geschichte um Gustav Aschenbach und den Knaben Tadzio. Librettistin und Komponist verschärfen an mehreren Stellen, in der Wahl ihrer Stilmittel für die Umwandlung der erzählenden Novelle in ein bebildertes, musikalisches Bühnenereignis, die hinter der Geschichte stehende Aussage.

Die Figuren des Wanderers auf dem Münchener Südfriedhof, des greisen Gecken, des Hotelmanagers, des alten Gondoliere und des Komödianten mit denen Thomas Mann immer wieder die Allgegenwärtigkeit des Todes andeutet, sind in der Oper einem einzigen Sänger anvertraut. Dieser (Bass-)bariton verkörpert den Todesboten schlechthin. Der Sänger dieser Rollen leiht schließlich dem Dionysos am Ende der Oper ebenfalls seine Stimme. Anders als die literarische Vorlage, die – im wahrsten Sinne des Wortes – nur zwischen den Zeilen den Gegensatz zwischen dem dionysischen Prinzip und dem apollonischen Prinzip erkennen lässt, spielt die Oper diesen Gegensatz aus. In einem Traum von Aschenbach treten die beiden Götter Dionysos und Apollo sängerisch in einen Wettstreit. Apollo unterliegt. Das apollonische Prinzip, das Maß, Ordnung und Harmonie verkörpert, fällt dem rauschhaften Trieb zum Opfer. Der Untergang von Aschenbach ist besiegelt.
Britten und Piper weisen dem Knaben Tadzio eine stumme Tänzerrolle zu. Musikalisch sticht bei seinen Auftritten das Schlagwerk des Orchesters hervor. Das soll wohl den Reiz noch verstärken, der von der ebenmäßigen idealen Schönheit des Jünglings ausgeht.

Ich habe 2006 in Frankfurt eine grandiose Aufführung von Benjamin Brittens Oper in der Regie von Keith Warner gesehen. Dort wurde die Lagunenstadt durch einen quer über die Bühne verlaufenden flachen Wassergraben angedeutet. Schon allein dieses Bühnenbild übte eine besondere Faszination aus. Sängerisch stach besonders Kim Begley in der Rolle des Aschenbach hervor. Diese Rolle hatte Britten seinem Lebenspartner Peter Pears auf den Leib/die Stimme geschrieben. Aber auch Johannes Martin Kränzle in der Mehrfachrolle des Todesboten beeindruckte. Hier gibt es noch ein wenig Hintergrundinformationen zu dieser Aufführung.

Sehr informativ ist auch dieser Link, der Einblicke in eine Inszenierung der Deutschen Oper Berlin aus dem Jahr 2017 gibt. Und hinter diesem Link verbergen sich Erläuterungen zu einer Inszenierung der Staatsoper Hamburg aus dem Jahr 2009.

Liebe Elke, danke – auch an Frau Stieß-Westermann – für die Denkanstöße, die sich immer wieder aus Euren interdisziplinären Dialogen ergeben. Ich freue mich auf eine Fortsetzung.

Herzlichst
Anne Winckler