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Mit zunehmendem Alter rücken existenzielle Fragen in den Vordergrund, denn sie lösen Angst aus. Es geht um Themen der Einsamkeit, Isolation und des Lebenssinns. „Existenzialien“, so werden in der Existenzphilosophie als Grundlage der existenziellen Psychotherapie die sogenannten letzten Fragen“ genannt, die Tod, Isolation, Sinnlosigkeit und Freiheit betreffen.

Der Diplom-Psychologe und psychologische Psychotherapeut Alexander Noyon hat es sich zur Aufgabe gemacht, existentielle Arbeit mit Patienten des höheren Alters um diese Fragestellungen zu bereichern. Im Alter dominiere oft der Verlust nahestehender Personen das Lebensgefühl. Daraus resultieren dann Einsamkeit und Isolation. Letztere unterscheidet er in zwischenmenschliche und existenzielle Isolation. In der zwischenmenschlichen Isolation sind in der Therapie das behutsame Anbieten von Möglichkeiten des sozialen Miteinanders gefragt, verbunden mit der akzeptierenden Haltung des unersetzlichen Verlustes eines geliebten Menschen.

Die existenzielle Isolation geht noch einen Schritt weiter und beschäftigt sich mit grundlegenden Fragen des Menschsein.

So beschreibt der bekannte Psychoanalytiker Irvin D. Yalom (wir haben ihn bereits im UniWehrsEL im ueber-lebenskunst-sehnsucht-und-schiffbruch/ Kontext von Schopenhauer kennen gelernt), dass die Grenze zwischen „Ich“ und „Du“, die letzte Grenze der Isolation im Sterbeprozess des Menschen sei und nicht aufhebbar. Dennoch, so Yalom, sind präsente Nähe und „in-Beziehung-treten“ ein wichtiges „Bollwerk“, das den Menschen angesichts der existenziellen Isolation Trost bringe. Allerdings gelinge das nur bei einer selbstöffnenden Haltung von beiden Seiten.

Der Philosoph Sören Kiergegaard spricht von einer Bewusstwerdung der Haltung zum Leben angesichts des Todes. Yalom greift diesen Gedanken auf: die Idee des Todes kann uns retten, obwohl die Tatsache seiner Naturgesetzlichkeit uns gleichzeitig vernichtet. Damit will Yalom vermitteln, es sei heilsam sich mit dem Tod und dem Sterben auseinander zu setzen.

Alle zentralen Schriften der Weltreligionen denken da ähnlich wie beispielsweise die Meditation über den Tod im Buddhismus. Im Buch „Dienstags bei Morrie. Die Lehre eines Lebens“ von Mitch Albom beschreibt die Gespräche zwischen dem sterbenden Morrie und einem jungen Menschen Mitch, der meint, ihm Trost spenden zu müssen und stattdessen lernt, sein Leben neu zu betrachten.

Auch das Christentum bietet diese versöhnliche Perspektive: HERR, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden (Psalm 90,12).

Noyon erläutert, es gehe nicht darum, die Angst vor dem Tode gänzlich abzubauen, dies sei unmöglich, aber: „Es geht darum, den Tod als kontrastbietenden Hintergrund zu akzeptieren, vor dem viele Aspekte unseres Lebens (wie z. B. der Sinn des Wählens und der Wert der einzelnen Handlung) erst Gestalt annehmen.“