Haben Sie schon mal vom deutschen Maler Wilhelm Trübner gehört? Er war ein Teil des Leibl-Kreises um den Maler Wilhelm Leibl, der sich in den 1870er Jahren in Deutschland bildete und dafür eintrat, die Kunst aus der historisierenden Akademiemalerei herauszuführen. Vorbild waren die französischen Impressionisten wie Renoir, Monet, Degas. Trübner machts seinen Hund Cäsar zum Vorbild für sein Gemälde „Cäsar am Rubikon„. Dazu ein Beitrag unseres Kulturbotschafters des UniWehrsEL.
Sehr geehrte Leser und Leserinnen des UniWehrsEL,

Wilhelm Leibl hängt mit dem Gemälde „Älterer Bauer und junges Mädchen“ oder „Das ungleiche Paar“ im Städel Museum in Frankfurt. Der Betrachter könnte leicht an das berühmte Märchen „Die Schöne und das Biest“ denken. (

auch erwähnt in unserem Beitrag „Das Böse in der Popkultur“)
So zeigt das Gemälde eine junge Frau und einen hässlichen Alten. Sie hält seine Umgebung gut aus. Dennoch könnte der Betrachter aus ihrer Körperhaltung ein leichtes Unbehagen lesen. Bei einer noch größeren Nähe würde das Glas überschwappen. Leibl bewertet das Paar nicht, sondern er zeigt den Ist-Zustand. Leibl gehört zu den jungen Malern, die sich von den französischen Impressionisten anregen ließ, seine eigene Bildsprache und seine eigenen Motive zu finden. Ebenso hat sich der Maler Wilhelm Trübner verhalten.
Wilhelm Trübner hat mit Cäsar am Rubikon (zu sehen in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe) ein Bild geschaffen, das weit mehr ist als ein gewöhnliches Stillleben. Auf einem massiven Holztisch steht eine Metallschale mit vier verführerisch glänzenden Würsten – ein für die damalige Zeit höchst ungewöhnliches Motiv, das jedoch durch den Namen Cäsar, der Dogge, eine völlig neue Bedeutung erhält.
Der Hund blickt erwartungsvoll über den Tisch, sein Kopf ist sofort erkennbar, der Körper erst beim zweiten, genaueren Hinsehen. Der gierige Blick, die leicht verrutschte Tischdecke und das fast schon fotografische Licht verleihen dem Werk eine überraschende Realitätsnähe. Der Betrachter identifiziert sich sofort mit dem sehnsüchtigen Hundeblick: Wer würde nicht gern die Würste genüsslich verschlingen?

Erstens lässt sich Cäsar als Symbol für die künstlerische Gier verstehen: Der Hund streckt sich nach dem „frischen Fleisch“ neuer Motive, das jeder Maler – und jeder Schöpfer – unablässig sucht. Gleichzeitig wird das Bild zu einer Metapher für unsere konsumorientierte Gesellschaft; die vier glänzenden Würste stehen für verführerische, aber flüchtige Versuchungen, nach denen das Publikum – wie Cäsar – gierig greift.

Der Hundeblick lädt den Betrachter ein, eigene Sehnsüchte zu projizieren. Was sind unsere persönlichen „Würste“? Welche Ziele streben wir an, obwohl sie vielleicht unerreichbar scheinen? In diesem Sinne wird das Bild zu einem narrativen Rubikon‑Moment: Das Erreichen der Würste symbolisiert das Überschreiten einer inneren Grenze, ein Wendepunkt, der sowohl für den Hund als auch für den Betrachter bedeutend ist.
Der Titel Cäsar am Rubikon führt den gebildeten Betrachter zunächst zu den historischen Assoziationen des römischen Feldherrn Julius Cäsar – ein Bild, das gerade durch die aktuelle Aufführung von Händels Oper

„Julio Cesare in Eggito“ an der Oper Frankfurt noch stärker im Gedächtnis bleibt. In der Oper geht es um Macht, Intrigen und die Beziehung zwischen Cäsar und Cleopatra.

(vgl. auch Beitrag zu „Cleopatra …„). Trübners Cäsar ist jedoch ein ganz anderes Kaliber: ein geliebter Hund, der mit seiner Gier auf Würste die klassische Historienmalerei verspottet.
Durch diese ironische Gegenüberstellung kritisiert Trübner die damalige Kunstmode, die fast ausschließlich historische Großereignisse darstellte. Stattdessen setzt er ein alltägliches, fast banales Motiv – das Warten auf ein Leckerbissen – in den Kontext eines „Rubikon‑Moments“, in dem das Verlangen nach den Würsten zum Symbol für das Durchbrechen persönlicher Grenzen wird.
Als Teil der jungen deutschen Maler, die sich von den französischen Impressionisten inspirieren ließen, verbindet Trübner realistische Detailtreue mit einer fast schon satirischen Bildsprache. Die leicht verrutschte Tischdecke suggeriert zudem, dass das Ziel fast unerreichbar ist – ein Bild für unerfüllte Träume.

In das Seminar Anima(l) – Seelenzustände (wie zum Beispiel in unserem Beitrag zu Shakespeare Sommernachtstraum erwähnt) passt das Werk hervorragend, weil Cäsar zum Studienobjekt für Instinkt, Begierde und Selbstbeherrschung wird.
Trübner hat seinen Hund Cäsar mehrfach mit Würsten dargestellt, so auch in dem Titel Ave, Cesar, morituri te salutate – die Todgeweihten grüßen dich, was im Staatlichen Museum Berlin hängt. Auch mit diesem Bild übt Trübner Kritik am Zeitgeschmack und der Vorliebe des Kunstbetriebs für Historienbilder. Die Dogge habe Trübner Modell gestanden, und so verschwanden die Würste, kurz nachdem jemand an das Atelier geklopft hatte, spurlos. Diese Beobachtung des Verhalten des Hundes brachte Trübner auf die Idee den Moment des Verschwindens der Würste quasi für die Nachwelt im Gemälde Cesar am Rubikon festzuhalten.
Liebe Grüße vom Kulturbotschafter des UniWehrsEL

Im Städel Museum in Frankfurt findet man auch ein Studienblatt zur Dogge Cäsar – hier unser Titelbild. Danke auch an unseren Kulturbotschafter des UniWehrsEL und an Pixabay.
