Unser Seminar Storytelling ist in bleibender Erinnerung geblieben.
Danke Herr Trebitz für diesen sehr interessanten Beitrag!
Guten Tag Frau Dr. Wehrs,
Jedes Jahr findet im östlichen Brandenburg im Herbst das internationale Bilderbuch-Festival statt.
Eine Grafikerin und Illustratorin erzählte mir davon, dass das eine tolle Gelegenheit zum Austausch und Netzwerken für sie sei. Zufällig hörte ich vor zwei ca. zwei Wochen Interviews mit eingeladenen Künstler*innen. So mit Katja Spitzer, die das Kinderbuch von Saśa Stanišić illustriert hat. Das für mich interessanteste Gespräch fand mit Rufina Bazlova, belarussische Illustratorin und Grafikerin statt. Sie belebet die traditionelle Technik der Vishyvanka-Stickerei wieder neu. Wir alle kennen die Blusen/Hemden im osteuropäischen folkloristischen Stil. Diese Art der Handarbeit ist eine in Belarus tief verwurzelte Tradition. Frauen, die nicht lesen und schreiben konnten gaben ihre Geschichten in der Vishyvanka-Technik weiter. Auch persönliche Informationen über sich, ihr Alter, ihre Herkunft, ob verheiratet oder ledig wurden so transportiert. Die Sticktechnik im klassischen Stil war in Rot und Weiß gehalten. Das waren auch die Farben der Belarussischen Revolution anlässlich des Wahlbetrugs 2020.
Rufina Bazlova belebt die traditionelle Technik wieder neu, um politische Botschaften zu verbreiten. Zum Beispiel setzt sie inmitten eines gestickten Quadrats, einer stilisierten Gefängniszelle mit Kreuzstichen das Piktogramm der Inhaftierten Person, dann der Name und das „Vergehen“ aber nicht in der offiziellen Sprache der Juristen, sondern in der Bezeichnung, wie es im Volksmund genannt wird. Auf diese subversive Art und weise entstehen informelle Quellen, die man verschenken und sich als Deckchen im Wohnzimmer vorstellen kann.
Diese Art der politisierten Bildsprache hat in Osteuropa eine lange Tradition. So war es noch Jahre nach der Oktoberrevolution in der Sowjetunion möglich, freiheitliche Bild – Botschaften vom Leben versteckt in avantgardistischen Kinderbüchern unterzubringen. Und das in einer traditionellen Formensprache, die im ersten Moment harmlos erscheint, aber von denen, die mit ihr vertraut waren verstanden wurde.
Ich habe dann weiter recherchiert und fand noch ein Gespräch auf DLF Kultur. Ich kann mir vorstellen, dass Ihnen diese Geschichte genau so gut gefällt, wie sie mir gefallen hat.
Herzliche Grüße
Winfried Trebitz