Bei der Suche nach einem neuen Beispiel für das im Wintersemester24_25 kommende Seminar rund um das Thema „Ekstase“ ist ein UniWehrsEL Leser auf den 2-Minuten Trailer zu dem Horrorfilm „The Substance“, zu Deutsch „Das Mittel“, gestoßen. Der Film startet am 20. September in den Kinos und verspricht ein packendes Erlebnis zu werden. Die düstere Atmosphäre und die fesselnde Handlung ziehen den Lesenden sofort in seinen Bann. Elizabeth Sparkle, die Hauptfigur, gespielt von Demi Moore, erlebt eine gefährliche Ekstase durch ein geheimnisvolles Medikament. Diese Ekstase, die ihr Jugend und Schönheit zurückgibt, ist jedoch trügerisch. Herzlichen Dank für die interessante Beschreibung und die Idee, Schönheitswahn in den Kontext der Ekstase zu stellen!
Liebes UniWehrsEL,
der Film thematisiert die zerstörerischen Folgen von Eitelkeit und den Verlust der eigenen Identität, was den Zuschauer in einen emotionalen Strudel zieht. Es geht dabei um Ekstase, Schönheitswahn, Selbstoptimierung. Der Film „The Substance“ greift die Idee von „Das Bildnis des Dorian Gray“ auf und hat die Story an die heutige Gesellschaft angepasst.
Interessanterweise ist Demi Moore eine berühmte Filmschauspielerin und feiert mit Elisabeth Sparkle ihr Comeback im Kino. Spätestens seit ihrer Rolle im Film „Striptease“ galt Demi Moore als eine der schönsten Frauen Hollywoods in den 1990er Jahren. Diese Tatsache macht ihre Darstellung in „The Substance“ umso faszinierender. Sie bringt eine besondere Tiefe und Intensität in die Rolle der Elizabeth Sparkle, hat es doch auch etwas mit dem Alterungsprozess einer wunderschönen Frau und Schauspielerin zu tun.
Der Trailer zum Horrorfilm hinterlässt beim Zuschauer den Eindruck, dass der Film die Geschichte von Elizabeth erzählt, einer alternden Aerobic-Ikone. Mancher Filmfan denkt dabei an Jane Fonda, die in den 1980er Jahren Aerobic-Videos drehte und damit sehr erfolgreich war. Darauf spielt die Figur mit Sicherheit gedanklich an. Jedenfalls hat sich der fiktive Charakter Elisabeth Sparkle einen Beruf gewählt, der auf körperlicher Schönheit beruht und sehr oberflächlich ist. Sie lebt in einer Mediengesellschaft und macht ihren Körper zum Produkt. Niemand interessiert sich in dieser Branche für innere Schönheit oder den Charakter.
Schönheit wird oft als eine Kombination von Eigenschaften definiert, die Freude und Zufriedenheit beim Betrachter hervorrufen. Sie ist subjektiv und kulturell geprägt, kann jedoch auch zu einem Wahn führen, wenn das Streben danach übermäßig wird. Ein Schönheitswahn entsteht, wenn die Besessenheit mit äußeren Erscheinungen das Leben und die Entscheidungen einer Person dominiert, oft mit negativen psychologischen und sozialen Folgen.
Die Hauptfigur wird wegen ihres Alters im TV aussortiert und versucht mit dem Medikament den Alterungsprozess aufzuhalten. Sie spaltet sich in zwei Versionen – einer alten Verzweifelten und einer jungen Strahlenden. Diese Verwandlung führt zu einer gefährlichen Abhängigkeit und einer verzerrten Wahrnehmung ihrer selbst.
Ironischerweise wird Elizabeths Streben nach Perfektion zu ihrem größten Feind, während sie zwischen ihrem 50-jährigen und ihrem 25-jährigen Ich hin- und herwechselt. Diese Wechsel zwischen den Gesichtern macht offenkundig den Reiz des Films aus, da sie die Dualität und den inneren Konflikt der Hauptfigur visuell darstellen. Sie verdeutlichen die Spannung zwischen äußerer Schönheit und innerem Zerfall und ziehen den Zuschauer in einen emotionalen Strudel. Der Film zeigt einen gefährlichen Schönheitswahn, schlechten Umgang mit dem Alter und die Oberflächlichkeit in der Medienbranche.
Die Story erinnert den Zuschauer an das Buch „Das Bildnis des Dorian Gray“ nach Oscar Wilde. Indem Gray einen Pakt eingeht, durch den ein Porträt an seiner Stelle altert, bleibt er äußerlich immer makellos schön, während sein Porträt die Last seiner moralischen Verfehlungen trägt.
Beide Werke thematisieren die Obsession zu Jugend und Schönheit. Während Elizabeth durch ein Medikament ihre Jugend zurückgewinnt, bleibt Dorian äußerlich unverändert jung. Sein inneres Verderben wird nur in seinem Bildnis sichtbar. Beide Geschichten zeigen die zerstörerischen Folgen von Eitelkeit und den Verlust der eigenen Identität.
Der Film “Das Mittel” nutzt moderne Horror-Elemente, während der Roman um Dorian Gray psychologische Tiefe bietet. Beide Werke kritisieren die gesellschaftliche Besessenheit von Äußerlichkeiten und zeigen, dass der Preis für ewige Jugend hoch ist. Doch muss man den Film ernst nehmen? Ist er nicht vielleicht eine Parodie auf eine oberflächliche Gesellschaft? „The Substance“ spielt auch auf den Hype um die Abnehmtabletten in der Pharmaindustrie an. Diese übertriebene Darstellung zu “jung und schlank” könnte als satirische Kritik an den gesellschaftlichen Schönheitsidealen verstanden werden. Der Druck, perfekt, den gesellschaftlich vorgegebenen Idealen entsprechend, auszusehen, lässt dabei die Älteren scheinbar verzweifeln. Er bietet einerseits Unterhaltung, indem er sich über diese Verzweiflung lustig macht, andererseits auch Stoff zum Nachdenken über die Werte unserer Gesellschaft.
Elisabeth Sparkle setzt sich selbst diesem Spiel der Schönheit aus und spiegelt damit den Leistungsdruck wider, der in unserer Gesellschaft allgegenwärtig ist. Der Druck, stets perfekt und jugendlich zu erscheinen, führt zu extremen Maßnahmen und zeigt, wie oberflächliche Werte das Leben dominieren können. Dabei müsste Elizabeth dieses Spiel nicht mitspielen, sondern könnte ihr Alter akzeptieren und sich nach einem neuen Betätigungsfeld umsehen. Zum Beispiel könnte sie jüngeren Frauen als Managerin zur Seite stehen und sich für bessere Arbeitsbedingungen einsetzen. Dies würde nicht nur ihrer eigenen Entwicklung dienen, sondern auch einen positiven Einfluss auf die Branche haben. Die Gesellschaft könnte auch umgekehrt akzeptieren, dass äußere Jugend alleine keinen Wert darzustellen vermag.
Ein weiterer Aspekt ist die Selbstoptimierung, die im Film thematisiert wird. Elizabeths Streben nach einem perfekten Äußeren spiegelt den gesellschaftlichen Trend wider, sich ständig verbessern zu müssen, um den Erwartungen gerecht zu werden. Diese Selbstoptimierung kann zu einem Zwang werden, der das Leben und die Entscheidungen einer Person dominieren.
Einem kritischen Betrachter könnte der Film als perfide Abwertung von Frauen erscheinen, weil der Film ständig eine junge Frau mit einer älteren Frau vergleicht. Dadurch muss die ältere Frau im Sinne des Beauty Standards und Body Horrors hässlich und abstoßend wirken. Der Vergleich ist ungerecht und verstärkt negative Stereotype über das Altern. Der Film nutzt diesen Kontrast, um den Schönheitswahn und die Oberflächlichkeit der Gesellschaft zu kritisieren, aber er riskiert dabei, ältere Menschen in ein negatives Licht zu rücken. Diese Darstellung könnte als satirische Übertreibung verstanden werden, um die Absurdität der Schönheitsideale zu verdeutlichen, doch bleibt die Frage, ob dies der richtige Weg ist, um auf solche gesellschaftlichen Missstände aufmerksam zu machen.
„The Substance“ ist ein faszinierender Film, der die Themen Ekstase und Rausch nutzt, um den Schönheitswahn und die Oberflächlichkeit der Gesellschaft zu kritisieren. Die Hauptfigur Elizabeth erlebt eine trügerische Ekstase durch ein geheimnisvolles Medikament, das ihr Jugend und Schönheit zurückgibt, aber auch in einen gefährlichen Rausch führt. Der Film zeigt eindrucksvoll, wie der Drang nach Selbstoptimierung und äußerer Perfektion zu einem zerstörerischen Kreislauf werden kann. Diese Darstellung lädt den Zuschauer ein, über die Werte und Ideale von heute nachzudenken und die Gefahren der Besessenheit mit Äußerlichkeiten zu erkennen.
Mit freundlichen Grüßen
Ein UniWehrsEL-Leser, der sich über Ihre Meinung in Kontakt sehr freuen würde!
Danke für das Bild der verkörperten Jugend von Stefan Keller auf Pixabay