Kommissar Ritter und der Opernkenner I. Burn haben sich eine Auszeit gegönnt. Beide haben sich amüsiert, als sie in Erinnerung an eine frühere „Köstlichkeit“ schwelgend auf den küchenblock der von Ihnen sehr geschätzten kochbegeisterten Anne Winckler gestoßen sind. Beide schätzen diese wunderbaren Artikel und die Kochkunst der Kollegin von Claudia Elfriede (unter anderem Teil XVII Schreibwerkstatt im Polizeipräsidium). Sie wissen, dass sowohl Anne als auch Claudia neben einer guten Mahlzeit auch die Kunst- und Literaturwissenschaft schätzen. Sehr amüsiert hatten sie sich damals über den Schlagabtausch zu „Rache ist Blutwurst“ (im Beitrag zu Mäuschen, Vögelchen und der Bratwurst„. Sie tauschten Erfahrungen zu dem Geschmackserlebnis der „Maggi-Innovation“ aus. Nun sitzen sie im Operncafé in Frankfurt und lassen sich den Geschmack von „Toast Hawaii und gefüllten Erdbeeren“ gedanklich auf der Zunge zergehen. Natürlich spielen in ihr Gespräch auch Elemente der „Frankfurter Opernmorde“ mit ein.
Die „Küchenmarie“ schrieb in ihrem Küchenblock: „Die Älteren unter Euch verbinden diese kulinarischen Exzesse vielleicht mit Clemens Wilmenrod, dem ersten Fernsehkoch Deutschlands. In 185 Sendungen bat er von Februar 1953 bis Mai 1964 zu Tisch. …“
Dies bildet den Eingang zu der eingefügten Szene von E. W.: Kommissar Ritter und der elegante Opernkenner I. Burn sitzen gemeinsam in einem stilvollen, leicht nostalgischen Operncafé. Marmortische, rote Samtstühle, goldene Spiegel und Notenblätter an den Wänden. Beide haben ihre Gläser, die mit Sekt bzw. Weißwein gefüllt sind, erhoben und stoßen feierlich an.

Auf dem Tisch steht ein klassischer Toast Hawaii (Toast, Schinken, Ananas, Käse, Kirsche), leicht dampfend. Die Stimmung ist warm, humorvoll und kultiviert. Im Hintergrund liefert ein dezentes Porträt eine Anspielung auf Clemens Wilmenrod, den von Anne Winckler erwähnten Schauspieler als Fernsehkoch, eine „kulinarische Ikone“ der 1950er/60er Jahre.
Ritter und I. Burn haben sich kundig gemacht:
Der Toast Hawaii entstand in Deutschland in den 1950er-Jahren. Bekannt gemacht hat ihn der Fernsehkoch Clemens Wilmenrod. Typisch: Toastbrot, Schinken, Ananas, Käse – oben oft eine Cocktailkirsche. Er steht für die Nachkriegs- und Wirtschaftswunderzeit: exotisch klingend, modern, ein Hauch „große weite Welt“.
Gerade als sie miteinander anstoßen, fällt Ritter ein Bonmot ein: „Sag mal Ivo, woher kommt eigentlich der Ausspruch „einen Toast aussprechen?“
I. Burn lässt sich nicht lange bitten :“Das Wort Toast für einen Trinkspruch kommt aus dem Englischen, ursprünglich aber aus dem Französischen, kurz toster, und letztlich aus dem Lateinischen von tostare gleich rösten.“
„Du hörst Dich an wie Wikipedia“, lacht Ritter und I. Burn fährt schmunzelnd fort: „Man legte geröstetes Brot in Wein oder Bier. Beim Anstoßen wurde die Person geehrt, zu deren Gesundheit man trank, der sogenannte „Toast“. Das Brot verschwand, der Name blieb für den Trinkspruch.“
Du bist wie ein wandelndes Wörterbuch“, strahlt Ritter. Burn lässt sich nicht beirren: „Die Ananas auf dem Toast Hawaii ist kein Zufall, sondern typisch für ihre Zeit. Ananas stand als Symbil für Erotik und Luxus in den 1950er Jahren in Deutschland. Klar war sie nicht frisch erhältlich, kam aus der Dose und galt als teuer und „besonders“, getoppt noch durch die Kirsche, als Symbol der feurigen Liebe. Sie stand für Fernweh, Südsee, Amerika, Wohlstand, das Liebste – genau das, wonach man sich nach dem Krieg sehnte. Wie Du Dich erinnern wirst, kamen durch die starke amerikanische Präsenz nach dem Zweiten Weltkrieg neue Essgewohnheiten nach Deutschland.“
Burn springt auf und doziert, ungeachtet der anderen irritiert blickenden Gäste, in seiner Erinnerung schwelgend:
„Im Gemeindehaus roch es nach Filterkaffee und frisch geschmolzenem Käse. Auf dem langen Tisch standen Teller mit Toast Hawaii, jeder sorgfältig belegt: Schinken, Ananas, Käse – manche sogar mit einer leuchtend roten Kirsche obendrauf“
„Gestatten Krüger!“, hallt es durch das Operncafé.
Burn ist irritiert, fährt fort: „Er war der Älteste im Raum, trug ein Jackett, das ein bisschen zu feierlich für einen Dienstagabend wirkte, und hob sein Glas Apfelsaft. „Meine Damen und Herren“, begann er, „bevor wir essen, möchte ich einen Toast ausbringen„.
.Herr Krüger lächelte damals und deutete mit der freien Hand auf die Teller.„Auf diesen Toast Hawaii. Auf ein Gericht, das mutiger ist als wir alle. Süß und salzig, warm und kalt, bodenständig und exotisch zugleich.“
Die Gespräche verstummten. Gläser klirrten leise.Ein leises Lachen ging durch den Raum. „Er hat Generationen verbunden“, fuhr er fort. „Er hat uns gezeigt, dass man nicht reisen muss, um ein bisschen Welt zu schmecken. Manchmal reicht eine Dose Ananas.“
Die Gläser wurden gehoben.„Also“, schloss Herr Krüger, „erheben wir unser Glas – auf den Toast. Und jetzt… lasst uns den Toast essen.“
„Zum Toast!“, rief jemand. „Zum Toast!“, antworteten alle –
und einen Moment lang war niemand ganz sicher, welchen Toast sie eigentlich meinten.

Der letzte Toast – eingefügte Szene E. W.
Kommissar Ritter ist nüchtern, präzise, hasst Pathos. Diese ganze Szene bereitet ihm unbehagen. Dagegen bleibt I. Burn gelassen. Als Opernkenner und Dramaturg kennt er das Pathetische und alles ist für ihn irgendwie ein Rezitativ.
Traum oder Wirklichkeit verschwimmen: Im Hintergrund hebt Herr Krüger wie im Sprechgesang sein Glas. „Ich bringe einen Toast aus—“ Er bricht ab. Ein dumpfer Fall. Ein Teller kippt.
Die Ananasscheibe rutscht dramatisch auf den Boden.
Ein wildes Ducheinander entsteht. Wie im Chor klingt es durch das Operncafé: „Ein Toast! Ein Sturz! Ein Tod!“ Der Duft von geschmolzenem Käse liegt schwer in der Luft.
Ritters Tonfall klingt scharf und trocken und ruft I. Burn in die Gegenwart zurück: „Niemand rührt den Toast an.“ Er beugt sich über den Teller. „Schinken. Käse. Ananas … keine Kirsche.“ (Pause) „Das ist kein Abendessen. Das ist ein Motiv.“.
I. Burn wirkt verzückt, lauscht im Hintergrund einem leisen Gongschlag, ist noch immer nicht in der Gegenwart angekommen:. „Kommissar… erkennen Sie es nicht? Das ist kein Mord.
Das ist eine Tragödie in Es-Dur.“
Ritter schreit empört durch das ganze Operncafé: „Ivo Burn, jemand ist tot.“
I. Burn schaut ihn völlig von oben herab an: „Natürlich! Aber wie er starb, ist entscheidend. Der Toast Hawaii ist ein Klassiker – und Klassiker töten nie zufällig.“

Im Hintergrund ertönt laut und schrill aus einem alten Kassettenrecorder die „Habanera“ aus Carmen, an die Ritter sich mit Erschrecken erinnert. Alle verhöhnend tönt laut und schrecklich dazu ein völlig neuer Text, den I. Burn laut im Takt mitspricht: I. Burn:
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Ein Toast wird gesprochen, ein Toast wird gegessen,
vertauscht man die Rollen, ist alles vermessen!
Der eine gehört in den Mund,
der andre ins Glas —
doch wer das vergisst, bezahlt den Spaß!
Ritter wird nachdenklich: Du meinst… er wollte anstoßen… …und hat die Kirsche vom Toast gegessen?“
I. Burn nickt mit dem Kopf und antwortet pathetisch: „Genau. Er sprach den Toast zu früh. Er biss in die Kirsche, während das Schicksal schon den Taktstock hob.“
Ritter blickt ihn staunend an: „Und der Täter?“
Burn lächelt wissend: „Der Täter, Kommissar … ist die Verwechslung.“
Im Hintergrund hat das Libretto vom Band gewechselt nun ertönt, begleitet von einem Kichern: Wer Toast nicht Toast nennt, und Toast nicht erkennt, den straft nicht das Gesetz, sondern das Leben – konsequent!
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🎵So, liebe Schreibwerstatt-Liebhaber, wie könnte es weiter gehen? Danke an Anne Winckler für den Gedankenanstoß, an Pixabay und ChatGPT für die begleitenden Bilder!
