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Über Helden ist nun schon mehrfach berichtet worden. Dabei ging es aber mehr um die äußere Zuschreibung, das was ihn ausmacht, als um das, was in seinem Inneren geschieht. Dies war aber genau die Intention des berühmten Schriftstellers E.T.A, Hoffmann in seiner Erzählung „Die Bergwerke zu Falun“. Ein Held taucht in sein Inneres hinab und begegnet dort seinen geheimen Wünschen. Danach ist er nicht mehr derjenige, der er einmal war.

Das wahnsinnige innere Wüten, das den Helden dabei zuweilen ergreift, galt in der Romantik nicht als zu bekämpfende Krankheit, sondern als eine Phase, in der Kräfte freigesetzt wurden, die heller sehen ließen als es im “Normalzustand” möglich war.

Als Symbol der Sehnsucht, Liebe und dem Streben nach dem Unendlichen, galt in der Romantik die blaue Blume. Reale Vorbilder könnten Kornblume oder Wegwarte gewesen sein, sie blühen um den Johannistag herum und spielen auch im Roman eine gewichtige Rolle. Das hat wohl unter anderem die Künstlerin Kat Menschik dazu inspiriert, eine neue Ausgabe der “Bergwerke zu Falun” kongenial zu bebildern. Ihre Zeichnungen der Unterwelt nutzen das Kornblumenblau beim allerletzten Bild, das den Gedanken der Unendlichkeit in sich trägt.  

E.T.A. Hoffmann war ein Schriftsteller, der ein Genre mitgeprägt hat, den des Schauerromans. Er gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der Romantik. Seine Erzählung „Die Bergwerke zu Falun“ hat schon viele Leser fasziniert, auch den Schauspieler Matthias Brandt, der sich den Text wohl ausgesucht hat, weil die Story 2021 auf die Bühne der Salzburger Festspiele gebracht worden ist. Anbei der Werbetrailer für die Bühnenbearbeitung.

Auf die Lesung mit Matthias Brand hatte sich ein UniWehrsEL-Leser ganz besonders gefreut, sie sollte im Schauspiel Frankfurt stattfinden. Matthias Brandt erschien ihm für besonders hörenswert, weil er im Bereich des Horror-Genres bereits im Schauspielhaus Frankfurt mit „Psycho“ von Hitchcock einen großen Publikumserfolg landen konnte.

2018 schrieb das Schauspiel Frankfurt: “»In Psycho habe ich das Publikum geführt, als ob ich auf einer Orgel gespielt hätte« sagte Alfred Hitchcock im Gespräch mit seinem Bewunderer François Truffaut. Hitchcock hat »Psycho« als Experimentalfilm verstanden, der beim Publikum eine eindrückliche Wirkung zeitigen sollte. Der Schauspieler Matthias Brandt interpretiert dieses filmische Jahrhundertwerk nun gemeinsam mit dem Pianisten und Sänger Jens Thomas neu auf der Bühne.”

Da die Vorstellung zu den Bergwerken zu Falun ausfiel wird unser UniWehrsEL-Leser wohl nicht erfahren, wie die Umsetzung und Interpretation durch Matthias Brandt & Jens Thomas in der Klavierbegleitung geworden wäre. Aber er kann uns beschreiben, warum es sich lohnt die Geschichte selbst zu lesen.

Herzlichen Dank dafür!

Liebes UniWehrsEL,

gerne hätte ich dir von der Lesung von Matthias Brandt am Schauspielhaus Frankfurt berichtet, doch leider fiel die Veranstaltung am 10.06. aus. Zugeben war ich darüber etwas enttäuscht, hatte ich mir doch am 09.06. den Text von E.T.A. Hoffmann rund 40 Seiten “die Bergwerke zu Falun” durchgelesen. Damit meine Mühe nicht ganz umsonst ist, will ich meine Erfahrung mit dem Text gerne mit dir teilen.

Die Storyline dreht sich um den jungen Seefahrer Elis Fröbom. Er ist soeben von einer Schiffsreise nach Göteborg (Stadt in Schweden) zurückgekehrt. Seine Mannschaft feiert ein Fest über die Rückkehr an Land. Doch seine Stimmung ist getrübt, weil er eine Nachricht erhalten hat, dass seine Mutter während er auf Seefahrt war, gestorben ist. Elis ist also traurig und sensibel. Da wird er von einem alten Bergmann in ein Gespräch verwickelt. Dieser beschreibt in höchsten Tönen seine Arbeit in den Bergwerken zu Falun als großes Abenteuer. Elis ist fasziniert und beschließt sogleich seinen Dienst als Seemann zu quittieren und sich in das Abenteuer zu stürzen. Er macht sich auf zu den Bergwerken.

Doch hat er bereits auf seinem Weg nach Falun gruslige Visionen. Für den Leser ist deshalb nicht klar, ob Elis seine Reise tatsächlich antritt, oder ob sie nur in seinem Kopf stattfindet. Jedenfalls scheint Ellis das Glück hold. Er findet in Pehrson Dahlsjö eine Vaterfigur, die ihn gerne hat und in dessen Tochter Ulla sogar eine Braut. Elis könnte also ein schönes Leben führen, wenn er nicht von den Visionen geplagt würde. So erscheint ihm im Traum die Bergkönigin, und sie verspricht ihm ein Wunder, einen besonderen Edelstein, wenn er sich ihr verschreibt. Es ist unklar, was bei Elis die übernatürlichen Erscheinungen auslöst. Ist es die Enge und Dunkelheit im Berg? Auch der alte Bergmann erscheint ihm mehrmals. Er sagt Elis voraus, dass er nie seine Braut heiraten wird. Ist der alte Bergmann nur eine fixe Idee von Elis, weil er sich gegenüber seiner Braut und deren Vater als minderwertig ansieht?

Über den alten Bergmann erfährt der Leser, dass er ein Geist ist, der nur übereifrigen Bergleuten als Vision erscheint. Elis will der beste bzw. erfolgreichste Bergmann der Gegend Falun werden und setzt sich dem entsprechend selbst unter Druck. Am Ende ist er tot. Hat Elis im Übereifer den Stollen zum Einstürzen gebracht, weil er dem Berg zu viel Edelmetall für die Hochzeit abtrotzen wollte? Oder hat er die Bergkönigin, mit der er einen gedanklichen Pakt eingegangen ist, enttäuscht? Jedenfalls braucht es 50 Jahre bis seine Leiche vom Berg wieder freigegeben worden ist. Dabei ist seine Ulla grau und alt geworden. In der Geschichte pilgert sie jedes Jahr am Johannistag, wenn die blaue Blume blüht, zum Berg um ein Lebenszeichen oder die Leiche von Elis zu finden. Was für ein Liebesbeweis. Am Ende zerfällt die Leiche von Elis vor den Augen von Ulla. Sie stirbt sogleich.

Nebenbei lernt der Leser verschiedene Aspekte kennen wie die Sitten der Matrosen, die Schilderung des Dorflebens, die Gefahren und Regeln des Bergbaus. Das Bergwerk kann auch als die inneren Sehnsüchte des Elis interpretiert werden. Wer nun Lust auf diese Geschichte bekommen hat und sie nicht selbst nachlesen will, kann sie auch sich von Hannes Schuhmacher z.B. beim Kochen vorlesen lassen.

Ergänzung zu den Bergwerken von Falun: E.T.A. Hoffmann ist jener Hoffmann der seine Erzählungen in der Oper Hoffmanns Erzählungen zum Besten gibt. Diese Oper wird nächste Spielzeit in Darmstadt neu inszeniert. Die Arie der schönen Olympia ist schließlich jedem Opern-Fan unvergesslich. Hier gesungen von Frau Damrau.

Macht dir das Lust Hoffmanns Erzählungen?

  • Beitrags-Kategorie:Blog
  • Beitrag zuletzt geändert am:19. Juni 2023
  • Lesedauer:8 min Lesezeit