Auf den Beitrag im UniWehrsEL über „Hercules und die Fakenews“ erhielt ich den folgenden Leserbrief, den ich für so interessant halte, dass ich ihn Ihnen nicht vorenthalten möchte. Danke dafür!
Liebes UniWehrsEL,
noch immer wird über Herkules nachgedacht und seine Heldentaten werden beschrieben. Es berührt sogar noch heute, dass sein Ende so unrühmlich verlaufen ist. Für mich Grund genug, mir einmal Gedanken über den „Helden“ im Allgemeinen zu machen.
Herkules ist ein Beispiel dafür, wie in der Mythologie der Held eine Besonderheit darstellt, die geschätzt wird, als Idealfigur des Menschen und als großes Vorbild der Gemeinschaft gilt. Mut, Kraft, Stärke, Tapferkeit zeichnen ihn aus. Sie verkörpern eine Figur über die geschrieben, erzählt, noch heute gefilmt wird. Der Held ist Retter in jeder Lebenslage und moralisches Vorbild. Er regt dazu an, sich mit ihm zu vergleichen und über die eigene Tugendhaftigkeit nachzudenken.
Früher sprachen sich die Heldentaten von Mund zu Mund herum, heute wird medial vermittelt und inszeniert, wer oder was für eine Figur hinter einer bestimmten Ideologie steht. Der Held steht nicht nur im Fokus von propagandistischen und politischen Zwecken, sondern wird darüber hinaus auch durch sie instrumentalisiert. Ein Beispiel dazu lässt sich aus der Literatur zu den ehemaligen Helden der DDR entnehmen.
Als erstes möchte ich an die UniWehrsEL-Leser die Frage stellen: Wer oder was ist für Sie ein Held?
- Eher eine historische oder eine noch lebende Figur?
- Eine fiktive, aber real mögliche Figur, aus Literatur und Film?
- Eine mythologische Figur oder eher ein fantastischer Superheld?
Die anerkannten Merkmale des Helden waren zumindest in früheren Zeiten, ihr tugendhafter Charakter, die unerschrockenen und überragenden Leistungen, die er für die Menschheit vollbringt und natürlich die Tatsache, dass er allgemein als Held anerkannt wurde oder wird.
Heldentum ist in Deutschland negativ konnotiert oder reizt zur Ironie, wie bei der gleichnamigen Band „Wir sind Helden“. Im öffentlichen Diskurs schneiden die weiblichen Aktivistinnen wie Carola Rackete oder Greta Thunberg nicht unbedingt und überall als Heldinnen ab. Ist es heldenhaft sich selbst zu ermächtigen und zum Held:in zu deklarieren? Oder wird man dazu gemacht, wenn man vermeintlich gegen den Mainstream antritt? Und welche Gefühle entwickelt die Masse, wenn es um die Tugenden und Eigenschaften eines Helden geht?
Oder um es einmal mit den Worten von Gustave Le Bon auszudrücken:
„Die gleiche Übertreibung der Gefühle verlangt die Masse von ihren Helden. Ihre Eigenschaften und hervorragenden Tugenden müssen stets vergrößert werden. Im Theater fordert die Masse von dem Helden des Dramas Tugenden, einen Mut und eine Moral, wie sie im Leben niemals vorkommen.“Lassen Sie uns gemeinsam dazu ein wenig gemeinsam überlegen:
Entwickelt hat sich der Heldenbegriff vor allem im Kontext von Krieg und Kampf. Die Taten sind dabei nach allgemeiner Auffassung außerordentlich, ohne Rücksicht auf die eigene Person, also im Sinne der modernen Sozialpsychologie „prosozial“, wenn nicht sogar „altruisitisch“, auf jeden Fall von Opfermut gekennzeichnet, und im Dienste eines übergeordneten Ziels.
Der Heldenmut zeigt sich besonders in Zeiten der Krise. Psychologisch erklärt ist es die vagabundierende Angst um Situationen, die der eigenen Kontrolle entzogen sind und in denen sich Menschen auf eine „heldenhafte Führung“ unter besonderen Umständen einlassen. Zu diesem Fazit kommt unter anderem der kanadische Sozialpsychologe Steven Taylor, dessen Sachbuch „Die Pandemie als psychologische Herausforderung. Ansätze für ein psychosoziales Krisenmanagement“ im Jahr 2020 kurz vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie in Deutschland veröffentlicht wurde.
Aber nicht Jeder vertraut auf den Helden, der es schon richten wird. Der Mythos des Helden ist zwar in nahezu allen überlieferten Kulturen bekannt, durchaus aber immer auch ambivalent und polarisierend. Was Moral oder Unmoral bedeutet, welche Mittel wann bestimmte Handlungen rechtfertigen ist durchaus diskursiv.
Der Held ist eine Figur der Transgression, an dem die Werte einer Gesellschaft ausgehandelt werden. Das fordert zur Positionierung heraus. In der Krise noch als Held gesehen, kann nach deren thematischem verschwinden, leicht auch der Held zum „Antihelden“ werden, wenn das für welches er sich stark gemacht hat, nicht mehr als valide gilt. So mancher Held ist dann eher in der Versenkung verschwunden oder für seine vorher heldenhaften Taten an den Pranger gestellt worden.
Es grüßt alle UniWehrsEL-Leser ganz herzlich
Einer, der auszog um über das Heldentum nachzudenken