Du betrachtest gerade Pfarrer Schnell – Führung 2024 im Städel zu Wald, Natur, Gewalt und Rache

Der Besuch des Städel Museums zum Abschluss unserer Seminare „Flanieren durch den Märchenwald“ und „Die Psychologie der Rache“ geriet auch in diesem Semester wieder zu einem Highlight. Pfarrer Schnell, der uns bereits im letzten Semester Bilder zeigte, die zur Erweiterung unseres Themenspektrums beitrugen, regte uns wieder einmal zu Diskussionen der themenbezogenen Schwerpunkte an. Dafür möchten wir ihm und natürlich auch Herrn Brinkmeyer, der diesen Kontakt für uns initiierte, ganz herzlichen Dank sagen.

Unsere Führung beginnt bei den Breughels. Jan Brueghel d.J. war ein flämischer Maler, der aus einer Künstlerdynastie stammte. Sein Vater – Jan Brueghel d. Ä. – gehörte zu den bedeutendsten Malern des 17. Jahrhunderts, sein Großvater Pieter Brueghel der Ältere ist einer der berühmtesten Vertreter der flämischen Renaissance. So gewährte uns Pfarrer Schnell zum Thema „Märchenwald“ mit dem Bild von Jan Breughel d. J. einen Blick ins Paradies mit Blumen und Tieren. Die „Paradieslandschaft mit der Erschaffung Evas“ (ca. 1636-1640), erinnert an die Motive, die bereits der Vater malte. Das sich umkreisende Löwenpaar seinerseits führt bereits auf Erzählungen der Genesis „Daniel in der Löwengrube“ zurück.

Jan Breughel d. Ä., der auch als „Paradies-Breughel“ bekannt, malte „Die Verspottung der Latona“ (1601) nach seiner Rückkehr aus Italien. Sein Thema ist aus den Metamorphosen des Ovid, in der Städelbeschreibung: „ … die Geliebte des Jupiter, wird von Bauern, die in einem Tümpel Schilf schneiden, daran gehindert, ihren Durst zu stillen. Sie verflucht die Bauern, die sich daraufhin in Frösche verwandeln“.

Rembrandt Hermanensz. Van Rijn verkörpert in seinem Gemälde „Die Blendung Simsons (1636) Gewalt und Rache. „Die ihm von Gott verliehene übermenschliche Stärke des alttestamentarischen Richters Simson lag in seinen ungeschnittenen Haaren. Seine Geliebte Delila, eine Philisterin, hat ihm dieses Geheimnis entlockt. Nachdem sie ihm den Kopf geschoren und ihre Landsleute herbeigerufen hat, stürzen sich diese auf ihn. Sie fesseln den seiner Kräfte beraubten Helden und stoßen ihm die Augen aus. Sie blick angeekelt und zugleich fasziniert zurück“, beschreibt es das Städel.

Pfarrer Schnell ergänzt dazu, Gott habe ihn nicht verlassen, und sein Haar begann wieder zu wachsen. Als die Philister ihrem Gott Dagon opferten ihrem Gott Dagon ein Opfertier schlachteten priesen sie ihren Gott, indem sie sagten, dass er es gewesen sei, der Simson in ihre Hand überliefert habe. Sie sandten nach ihm, damit er vor ihnen spiele. Er aber bat Gott um eine Möglichkeit  „einmalige Rache“ für den Verlust seiner beiden Augen nehmen zu können. Gott stärkte ihn, und er riss das Haus nieder, auf dessen Dach sich etwa 3000 Menschen aufhielten. So tötete er in seinem Tod mehr, als er in seinem Leben getötet hatte. Hier ginge es, so Pfarrer Schnell um die Bedeutung „Auge um Auge, Zahn um Zahn“, das allerdings interpretationsbedürftig sei. „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ sei kein törichtes Prinzip der Rache, sondern ein weises Prinzip der Mäßigung von Rachegelüsten. Es tut der Gemeinschaft gut, auf Rache, ja sogar auf Strafe zu verzichten und „nur“ den gerechten Ausgleich zwischen allen Gliedern der Gesellschaft ohne Ansehen der Person und des Standes zu suchen.

Biblische Bezüge weist auch das von uns als nächstes besprochene Bild auf Rembrandt Harmensz. van Rijn David spielt die Harfe vor Saul, ca. 1630 – 1631. Saul war König in Israel. Gott hatte ihn sogar auserwählt. Dem Volk ging es nicht mehr gut und auch Saul selbst ging es nicht mehr gut. Da kam man auf die Idee, Saul mit Musik aufzuheitern. Der Schafhirte David wurde gerufen, hatte seine Harfe mitgebracht und spielte. Dem König ging es besser und Saul durfte am Königshof bleiben.

David kommt als Musiktherapeut an Sauls Hof. Das ist eine Szene, die die Menschen immer wieder fasziniert und bewegt hat. Hier der unglückliche König Saul und dort der musikalische David mit seinem Instrument – ein prominentes Motiv für Malerei und Dichtkunst von Rembrandt bis Rilke, können wir Pfarrer Schnells Erzählungen entnehmen. Nun steht freilich die Szene des vor Saul tröstend aufspielenden David nicht für sich. Sie ist Teil einer an Dramatik kaum zu überbietenden Geschichte. Saul erlebte David sehr schnell als Rivalen und als Bedrohung. Dass er David auszuschalten, d.h. zu töten, versuchte, lag auf der Hand. Dass es ihm trotz mehrerer aussichtsreicher Versuche misslang, lag an Gott, der mit David war. Am Ende stürzte Saul sich in sein Schwert. Dabei hatte alles so hoffnungsvoll begonnen. Was für ein Trauerspiel, dazu weiß auch Händels Oratorium „Saul“ zu berichten. Ist dies für heutige Hörer unzumutbar, weil zu aktuell?

Zum Themengebiet der Natur und ihrer Gewalten, weiß Pfarrer Schnell am Beispiel Ludwig Richter (1803-1884) und dem Gemälde „Gewitter am Monte Scalambra bei Olevano im Sabinergebirge“ zu berichten. Menschen müssen eilig und schwer bepackt vor einem aufziehenden Gewitter flüchten. Richter war durch seine Reisen durch Frankreich und Italien 1820-1826 bekannt geworden. Er sammelte Ideen, entdeckte die Harmonien und Disharmonien in der Natur und beobachtete Menschen. Interessant auch für unser Märchenseminar: Er illustrierte Märchenbücher, darunter Märchen von den Brüdern Grimm, Andersen und Musäus, einem deutschen Märchensammler und volkstümlichen Erzähler.

Auch Carl Philipp Fohr beschrieb durch seine Gemälde „Die Wasserfälle von Tivoli“ (1817) „Naturschauspiele“, wie Goethe sie bezeichnete. Fohr wanderte über die Alpen bis nach Rom und bereicherte die in seinen Bildern gezeigte Landschaft um einheimische Bauern und einen pilgernden Bettelmönch. Fohr ertrank mit 22 Jahren im Tiber.  

Natürlich darf beim Flanieren in sagenhaften Landschaften Caspar David Friedrich nicht fehlen. Mit dem Gemälde „Gebirge bei aufsteigenden Nebel“ (ca. 1835) entsteht der Rosenberg in der Böhmischen Schweiz. Objektiv Geschautes und subjektiv Empfundenes lässt dieses Bild gleichzeitig entstehen, erfahren wir von Pfarrer Schnell.

Lange bleiben wir vor dem Gemälde von Max Slevogt „Frau Aventiure“ (1894) stehen. Wird hier von einem Ritter in voller Rüstung einer nackten Frau Gewalt angetan? Interessant dazu sind auch die Kommentare der Strafrechtlerin Tatjana Hörnle zu „Sexualdelikte in der Kunst“, die auf der gleichen Städelseite anzuhören sind.

Mit dem Thema Gewalt beschäftigt sich auch das vorletzte von Pfarrer Schnell gezeigte Bild von Leon Golub „Fallen Figur, fallen fighter“ (1971). Hier traktiert ein überlegener Kämpfer seinen bereits am Boden liegenden Rivalen. Beider Fleisch liegt offen, blutverschmiert, als hätten sie sich gegenseitig die Haut vom Leib gerissen. Hier zeigen sich Archetypen zwischenmenschlicher, genuin männlicher Gewaltszenen, erläutert Pfarrer Schnell.

Als letztes stehen wir vor dem Bild von Wolf Vostell „Flower Power“ (1968). Es zeigt einen Jagdbomber, der seine tödliche Fracht abwirft. Der nackte Unterkörper eines Mannes, ausgerüstet mit Gürtel und Stock. Die scheint auch gegen die entblößte Frau im Vordergrund gerichtet zu sein. „Flower Power“ kontrastiert die Blumenbewegung der 68er und zeigt die schockierenden Tatsachen eines von vornherein sinnlosen Krieges in Vietnam.

Es wäre natürlich jetzt ganz wunderbar, wenn auch Sie durch Ihren Kommentar unter Kontakt Herrn Pfarrer Schnell nochmals ihren Dank aussprechen würden und meine Ausführung durch Ihre Eindrücke ergänzen könnten.