Ganz bestimmt kennen einige der UniWehrsEL-Leser mein Lieblingszitat: „Am Ende wird alles gut und wenn es nicht gut ist, ist das nicht das Ende.“ Da wäre nun die große Frage, ob es eigentlich so richtig zitiert ist und natürlich, von wem stammt das eigentlich? Im Netz findet man gleich die Antwort: Oskar Wild oder an anderer Stelle John Lennon. Es gibt viele Theorien zum Zitat, also fragt man am besten einen Experten. Der Literaturwissenschaftler und Autor Gerald Krieghofer weiß um die Bedeutung von Fehlzitaten.
„Am Ende wird alles gut. Und wenn es noch nicht gut ist, ist es auch noch nicht das Ende“, anders geschrieben und als unvergessliches Zitat taucht es auf in dem in Indien spielenden Film „Best Exotic Marigold Hotel“ mit Judi Dench und Dev Patel. Da habe ich es mir gemerkt und natürlich das Zitat auf Nachfrage auch dem Film zugeordnet. Nun kann ich aber in BR1 nachlesen, dieser weise Satz stamme von einem brasilianischen Autor.
Klar, dass BR1 nachfragt, wie falsche Zitate eigentlich zustande kommen würden. Irgendwie kann ich es mir schon denken. Jemand meint das irgendwie schon einmal an einer Stelle gehört zu haben (Gedächtnisirrtum) oder denkt, da passe es besonders hin (Wunschdenken). Und auch Internet und die sozialen Medien tun ihr Bestes, wenn sie mit Zitaten von Prominenten und „Experten“ eine von ihnen getroffene Aussage untermauern.
Krieghofer stellt dazu eine Bestenliste der Falschzitate auf, da nimmt Albert Einstein die Spitzenposition ein, dicht gefolgt von Winston Churchill. Kuckuckszitate würden gerne auch Konfuzius und Mark Twain untergejubelt. Im deutschen Sprachraum beträfe das falsche Zitieren besonders Berthold Brecht, Kurt Tucholsky, Karl Kraus, Otto von Bismarck, Konrad Adenauer.
Die Spurensuche nach falsch Zitiertem nimmt nicht nur Krieghofer auf, der mehr als 500 falsche Zitate bekannter Persönlichkeiten gesammelt hat, um ihren wahren Ursprung zu ergründen. Die neue Entdeckerlust nach Kuckuckszitaten“ ist inzwischen beinahe zum neuen Volkssport geworden. Es gibt „Ranking-Listen“ der beliebtesten Falsch-Zitate, zudem karikierende Zitate wie das neben einem Foto von Abraham Lincoln, das auch bei Twitter kursiert: „Glauben Sie nicht alles, was Sie im Internet lesen, nur weil ein Foto mit einem Zitat daneben steht.“
Als Motive fungieren diese Kuckuckszitate für den Nachweis als „gebildet“ zu gelten. Zudem dienen sie in bestimmten Situationen als spontane Tröster („alles wird gut …“). Genutzt werden sie als Sinnspruch, um eine tiefere Erkenntnis anzudeuten, sozusagen als („Lebens-)Motto“ wie beispielsweise im Internet zu finden: „Auch aus Steinen, die Dir in den Weg gelegt werden, kannst du Schönes bauen“- Goethe zugeschrieben. Die Kenntnis des gnauen Fundortes oder der Richtigkeit des Zitats scheint da eher von untergeordneter Bedeutung zu sein.
Wer nun noch mehr über „Kuckuckszitate“ lesen will, dem sei das Buch empfohlen: „Die besten falschesten Zitate aller Zeiten: Was Einstein, Freud und Pippi Langstrumpf so niemals gesagt haben“ von Gerald Krieghofer.
Krieghofer bespricht sein Buch auch im Deutschlandfunk Nova. Dort erklärt er, Zitaten ohne Nennung von Quellen überhaupt nicht mehr zu vertrauen. Unter einer Quelle versteht er „die Nennung eines Buches, Briefes oder Manuskripts, aus dem hervorgeht, dass eine Person dieses Zitat wirklich geprägt haben könnte“. Die alleinige Angabe ″Sigmund Freud″ oder ″Albert Einstein″ hätten im Zweifelsfall keine Relevanz. Von Bedeutung sei zudem, wann etwas geschrieben oder gesagt worden sei.
Und wie erkennt man Kuckuckszitate? In dw.com kann man nachlesen, dass ein Entlarven möglich sei, wenn die zitierende Person zu der Zeit, als das Zitat erstmals auftauchte, noch gar nicht geboren war. Bei Werken oder Schriften würden Bibliotheken helfen, meint Zitatforscher Gerald Krieghofer. Die Sprichwort- und Zitatforschung sei schließlich eine philologische Disziplin und es gäbe entsprechende Standardwerke.
Doch auch Laien könnten sich auf Spurensuche begeben. In den vergangenen 20 Jahren wurden Millionen von Büchern und Zeitungsseiten digitalisiert, die frei zugänglich sind. Gerald Krieghofer ist seit einem Jahr dabei, mit seiner „Zitatforschung“ im Internet ein seriöses digitales Lexikon zu schaffen.
Lange schon beschäftigen sich auch die Universitäten mit dem Phänomen der KI-Tools für das wissenschaftliche Arbeiten. ChatGPT gehe mit Zitaten und Quellenangaben recht locker um. Zuweilen fehlten konkrete Quellen und andere würden auf Nachfrage „erfunden“. Es gäbe aber, so die Fernuniversität Hagen, neben ChatGPT spezialisierte Tools wie Elicit oder Research Rabbit, mit sehr viel besseren Ergebnissen wie man hier nachlesen kann.
Und zum Weiterdenken:
- Bedeutet Quellengewissheit, dass Wahrheit auch Belegbarkeit beinhaltet?
- Sichert diese Belegbarkeit den kollektiven Wissenserwerb?
- Wie steht es mit den auf Wissenserwerb basierenden Denkprozessen im Kontext von Manipulationen?
- Was bedeutet dies für unser digitales Zeitalter generell?
- Schreiben Sie uns Ihre Meinung dazu!
Danke für das Bild von Sayuru Pehasara auf Pixabay