Im Alten Testament kann man nachlesen, welche sinnlich-verführerische Frucht stellvertretend für den menschlichen Sündenfall steht. Damit lässt sich auch der Name erklären; der Apfel, lateinisch “malus”, bedeutet übersetzt “schlecht, schlimm, böse”. Keiner anderen Frucht kommt so viel symbolische Bedeutung zu. Mit Äpfeln wird Leben, weibliche Kraft, Fruchtbarkeit verbunden. Liebesgöttinnen wie Aphrodite und Venus tragen den Apfel als Zeichen von Unsterblichkeit.
Bereits im antiken Persien galt der Apfel als Zeichen herrschaftlicher Macht, eine Symbolik, die von den mittelalterlichen Kaisern weitergeführt wurde. Sie trugen als Insignie eine Kugel als Sinnbild für die Erde und die Weltherrschaft. Im Mittelalter wurde diese Kugel in den Reichsapfel umgewandelt, der durch die Form Vollkommenheit, Ganzheit und Einheit zeigen sollte.
Adam und Eva haben, so die Legende, durch einen Apfel im Garten Eden ihre Unschuld verloren. Der Baum der Erkenntnis soll laut Mythos dem Menschen das Wissen verleihen, was gut oder schlecht für ihn ist (vgl. 1. Mose 3). In den heiligen Schriften ist dieser Baum nicht näher botanisch bestimmt, vermutlich war es auch kein echter Apfelbaum, sondern ein Granatapfelbaum.De r wiederum wird gleich an drei Stellen im Qur’an erwähnt. Allah spricht über Früchte, die die Menschen im Paradies finden werden. Dieser wunderbare Granatapfel besitzt eine glänzende, ledrige Haut, die einmal entfernt, eine Vielzahl an zellenförmigen saftigen Körnern offenbart, die einen frischen, angenehm süß-sauren Geschmack besitzen.
Ebenfalls schon in den ältesten Kulturen Erwähnung findend, hat auch der Granatapfel eine hohe kulturelle Symbolik. In China als Hochzeitsfrucht serviert soll er Reichtum und Nachwuchs bescheren. Seine Wirkung als Aphrodisiakum wird im Orient geschätzt. in der griechischen Mythologie hat Demeter, die Göttin der Fruchtbarkeit, der Sage nach ihre Tochter Persephone an den Unterweltgott Hades verloren. Dieser hatte die schöne Persephone entführt und als er überzeugt werden konnte, sie auszuhändigen, gab er ihr einen Granatapfelsamen als Verbindung zu seinem Reich mit.
Der Apfel hat es nun auch ins Schauspiel Frankfurt geschafft. In Macbeth wird das exzessive Apfelessen an einer langen Tafel zum Beweis der Machtposition des Angst auslösenden Größenwahnsinnigen.
Dazu mit vielem Dank ein Leserbrief!
Liebes UniWehrsEL,
Macbeth am Schauspiel Frankfurt verfolgt einen neuen Ansatz. Macbeth gewinnt, weil er sich am Skrupellosesten von allen Figuren verhält. Er ist damit ein neuer Typus von Politiker. Er befindet sich permanent auf einer Pressekonferenz und zeigt Tatkraft. In dieser Deutung ist kein Platz für Hexen, Zauber oder Wälder. Alles ist nüchtern. Was braucht Macbeth? Einen Anzug und ein Mikrofon. Also deine Aufmerksamkeit, dein Interesse. Das ist seine Währung. Wer keine Aufmerksamkeit bekommt ist tot. Anders ausgedrückt seine ermordeten Opfer sind tot und unwichtig, weil sie vom Publikum keine Aufmerksamkeit erhalten. Lady Macbeth will wieder rein werden. Deshalb muss sie duschen. Sie muss sich vor sich selbst rechtfertigen. Macbeth braucht das Publikum, und das lauscht ihm gebannt solange die Kamera läuft.
Was ist außerdem charakteristisch für den Frankfurter Macbeth? Macbeth isst gerne vor anderen, und dass ungefragt, unverlangt. Sein Fetisch ist der Apfel. Doch was hat es dem Frankfurter Macbeth so angetan, dass er so gesunde Äpfel isst?
Erst in der jüngsten Zeit steht der Apfel für Gesundheit und Wohlbefinden. Früher verbanden die Menschen mit dem Apfel nicht Gesundheit, sondern Sünde und Versuchung. Schließlich hatte der Biss in den Apfel Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben.
In Filmen essen Schurken deshalb gerne Äpfel, zum Beispiel Drako der Bösewicht und Gegner von Harry Potter, oder so mancher Bondbösewicht isst einen Apfel. Im Piraten-Fantasy-Franchise „Fluch der Karibik“ isst der Superschurke Käpt’n Barbossa so oft grüne Äpfel, dass sie innerhalb der Serie zu seinem Markenzeichen werden. Folglich will die Regie in Frankfurt so Macbeth als Schurken kennzeichnen, wenn er in einer Szene auf einem Stuhl sitzt und demonstrativ einen Apfel isst.
Die Botschaft ist klar, ich mache was ich will, die Anderen sind mir egal. Das ist geistig weit entfernt vom idealen Mindset eines Soldaten. Shakespeares „Macbeth“ erzählt die Geschichte von der hinterhältigen Ermordung des schottischen Königs Duncan. Der Feldherr Macbeth ermordet angetrieben von drei Hexen und seiner bösartigen Frau, Lady Macbeth, den beliebten schottischen König, um sich Macht und Ruhm zu verschaffen.
Im Frankfurter Fall beruht die Tat auf der Verführung und Beschimpfung des Macbeth durch seine Frau. Nach seinem ersten Verbrechen wird Macbeth in einen Strudel aus Gewalt und Schuld hineingerissen, dem er durch immer neue Gräueltaten zu entkommen sucht. Das Apfelessen ist dabei nicht harmlos, sondern ein Mittel zur Machtdemonstration.Werden Sie beim nächsten Biss in einen Apfel zu weiteren Überlegungen angeregt sein?
Danke für das Apfelbild von Stefan Schweihofer auf Pixabay!