Nis-Momme Stockmanns „Das Gesicht des Bösen“ läuft im Schauspiel Frankfurt. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat das Werk sehr positiv als kapitalismuskritisches Stück besprochen.
Aufgrund dieser überzeugenden Kritik und einer persönlichen Empfehlung hat sich der Kulturbotschafter des UniWehrsEL das Stück angeschaut und für uns besprochen.
Liebes UniwerhsEL,
begonnen hat es mit einem Monolog eines linken Autors, der über den bösen Kapitalismus spricht, an den sich die Bürger ganz offenkundig bereits gewöhnt haben. Selbst die Kunst ist kapitalistisch organisiert, namentlich das Schauspiel Frankfurt. Denn zum einen wird ein – nicht zu geringes – Eintrittsgeld vom Zuschauer abverlangt. Zum anderen ist die Deutsche Bank bekanntlich Generalsponsor des Schauspiel Frankfurts. Ein Bankhaus, welches nach kapitalistischen Maßstäben geführt wird.
Schlussfolgerung des linken Autors also, weil sich der Zuschauer dem Kapitalismus nicht entziehen kann, und er alle Lebensbereiche vereinnahmt, kann der Zuschauer ihn auch gleich akzeptieren, als einen Teil seiner Umgebung. Soweit die kapitalistisch-kritischen Ausführungen des linken Autors in einem 5minütigen Statement, welches durch das Herunterzählen einer Uhr zeittechnisch begrenzt wird. Der Autor meint, er könne noch viel über den Kapitalismus sagen, aber dazu wäre nun nicht die Zeit.
So gibt es einen Szenenwechsel. Der Autor verschwindet. Zwei neue Figuren tauchen auf, eine Frau und ein Mann. Wie der Zuschauer anhand des Dialogs schlussfolgert, handelt es sich bei den beiden Figuren um wichtige Personen. Diese sollen einen Aktenkoffer mit „geheimen“ Dokumenten der Geschäftsleitung vorbeibringen. Die zwei Personen befinden sich in einem Aufzug nach oben. Schweigend mit musikalischer Untermalung nähern sich nun die Personen der Geschäftsleitungsetage.
Doch da passiert etwas völlig Unterwartetes: der Fahrstuhl bleibt stecken. Dieses Ereignis lässt den Zuschauer nun den Mann und die Frau näher kennenlernen. Anders als zu erwarten gewesen wäre, entpuppt sich der Charakter des Mannes als „emotionale Plaudertasche“, während die Frau in Ruhe der weiteren Ereignisse harrt. Sie ist sehr ernst und benimmt sich würdevoll. Der Mann ist hingegen etwas weinerlich und muss nach kurzer Zeit auf die Toilette.
Die Frau findet, er solle sich zusammennehmen. Da taucht eine weitere Erschütterung des Fahrstuhls auf. Damit verändert sich die Konstellation. Die Frau fängt an zu bluten. Der Mann will nicht hinsehen. Sie ignorieren. Er ekelt sich etwas. So wird die Stimmung zwischen den Figuren anders. Immer weniger geht es um Selbstkontrolle in der Situation.
Der Mann will nun herausfinden, ob sie bewusst im Aufzug steckengeblieben sind, weil jemand sie mürbe machen will und an die geheimen Dokumente herankommen will. Die Frau weigert sich die Dokumente dem Mann zu übergeben. Sie würden im Aufzug gefilmt, und da könne man das Verhalten der Mitarbeiter im Aufzug nachschauen. Daher müsse man sich „zivilisiert“ benehmen. Das fällt jedoch immer schwerer.
Die zwei Schauspieler gehen sich am Ende fast an die Gurgel. Da tritt der linke Autor aus dem Nichts hervor und behauptet, die Situation der Figuren geschrieben zu haben. Die Figuren zeigen eindrucksvoll wie die Menschen im Beruf sich für den Kapitalismus verbiegen.
Das Stück lebt von der Gegensätzlichkeit der Figuren und dem grandiosen Spiel der Schauspieler. Besonders der kühle Charme der Schauspielerin Fredericke Ott sorgt für sehr lustige Momente. Im Zusammenspiel mit Fridolin Sandmeyer, der sehr körperlich spielt, wird es ein sehr heiterer Theaterabend. Das Publikum hält sich vor Lachen kaum auf den Sitzen. Dies war am Anfang des Stückes von Nis-Momme Stockmann nicht absehbar. Der Autor sorgt für einen abwechslungsreichen, überraschenden Theaterabend.