Mitten in der Hochphase der Coronapandemie 2020, als die Theater bundesweit geschlossen waren, entwickelte das Schauspiel Frankfurt eine kostenlose Webserie auf Youtube mit dem Titel „Eternal Peace“. Nun wurde aus dieser Webserie eine nicht-digitale Aufführung am Schauspiel Frankfurt.
Der Kulturbotschafter des UniWehrsEL hat sich dies live vor Ort angesehen.
Liebes UniWehrsEL,
das Stück „Eternal Peace“ ist eine Entwicklung des Autors Alexander Eisennach. Dieser schreibt gesellschafts- und kapitalismuskritische Texte. Mit großem Vergnügen habe ich seine Kapitalismuskritik in dem Westernstück „Der kalte Hauch des Geldes“ genossen, welches in einem Saloon spielte mit Cowboys, Sheriffs und fiesen Kapitalisten.
Das Nachfolgestück Eternal Peace spielt nun in einer weitentfernten Zukunft, in der die Menschheit alle Probleme wie Kriege, Umweltkatastrophen gelöst hat, und auf „weise“ WissenschaftlerIinnen hört. Es gab eine posthumanistische Wende: keine Ausbeutung, kein Antasten der Natur ist mehr erlaubt. Auch nicht, um diese zu verbessern. Klingt das nicht nach einem Paradies auf Erden?
Doch dann gerät das neue Gleichgewicht des friedlichen Zusammenlebens aus der Bahn, als ein renommierter männlicher Wissenschaftler namens Brandt anfängt zu träumen. Seine weiblichen WissenschaftlerkollegInnen sind besorgt. Wird das Verhalten von Brandt einen „geistigen Brand“ auslösen und die zivilisierte Welt wieder ins Chaos stürzen? Die zivilisierte Welt beginnt in Grönland und endet, wie könnte es auch anders sein, in den Ruinen der Frankfurter Banktürme, die zu urbanen Naturtempeln geworden sind.
Durch die Ruine des Schauspielhauses Frankfurt hinauf auf den Tower der Europäischen Zentralbank, gegenüber des Schauspielhauses, führt ein mutiger tourist guide in der Kleidung eines Doppelgängers von „Indianer Jones“. Er berichtet den WissenschafterInnen, dass man früher in ein Schauspielhaus gegangen sei, wo man sich freiwillig Stücke angesehen habe. Dort seien Menschen auf der Bühne täglich gestorben, während andere furchtlose Menschen auf der „Zeil“ sich dem „Shoppingwahn“ der Großstadt hingaben, wie eine alte Sage aus vergangener Zeit besagt.
Dann gab es eine Pandemie, und die Politik habe die Schauspielhäuser mitsamt der Kultur geschlossen und vergessen. Wegen Unterfinanzierung sei so die Kultur ausgestorben wie einst die Dinosaurier, und so hätte es dann kein Schauspielhaus Frankfurt mehr gebraucht.
Auf dem Tower der EZB zeigt der Touristenführer untergegangene Orte, die vom Tower gesehen werden können, wie z. B. das verwilderte Offenbach oder das zerstörte Darmstadt. Also hört hinter Frankfurt die weltliche Zivilisation auf. Wer begibt sich freiwillig zu den Höhlenmenschen nach Offenbach oder Darmstadt?
In einer anderen Szene läuft eine Archäologin unter der Bühne des Schauspielhauses entlang und findet Artefakte, wie z. B. ein altes Programmheft, vom bereits oben erwähnten Stück „Der kalte Hauch des Geldes“ und fragt sich, was wohl in dem Heft steht. Leider kann niemand in der „glücklichen“ Zukunft mehr lange Texte lesen. Was ist denn überhaupt Kultur? So ist das Heft ein Artefakt wie aus einem ägyptischen Grab.
Dieser ironische Ausblick in die hoffentlich noch weit entfernte Zukunft lässt den Zuschauer die Gegenwart im Schauspielhaus Frankfurt umso mehr genießen.
Hätte Dir der Abend im Schauspiel Frankfurt gefallen?