Du betrachtest gerade <strong>Jeanne du Barry: Ein Freigeist in Versailles – einer Welt voller Ekstase und Macht</strong>

Historienfilme lassen den Zuschauer oft zweifeln, ob Mythos oder Wirklichkeit dahintersteckt. So wohl auch im neuen Film der französischen Regisseurin, Autorin und Schauspielerin Maïwenn. Erzählt wird die Geschichte des französischen Königshofs im 18. Jahrhundert und der faszinierenden Marie-Jeanne Bécu, Gräfin du Barry. Aus einfachsten Verhältnissen stammend, wird sie zur Favoritin des Königs und ist Marie Antoinette, der Frau des Thronfolgers, ein Dorn im Auge. Der Kulturbotschafter des UniWehrsEL hat sich den Film für uns angesehen. Vielen Dank dafür!

Liebes UniWehrsEL,

Mit viel Vergnügen habe ich den Film „Jeanne du Barry“ gesehen. Meine Eindrücke in Bezug auf Ekstase, Macht und Lebenslust möchte ich gerne mit dir teilen. Der Film dreht sich um Jeanne Vaubernier, ein einfaches Mädchen aus dem Volk, das den sozialen Aufstieg anstrebt. Sie nutzt ihre Fähigkeit, Männer in Ekstase zu versetzten, um auf der gesellschaftlichen Leiter nach oben zu klettern. Ihr Geliebter, Graf du Barry, möchte sie schließlich dem König Frankreichs, Ludwig XV., vorstellen. Diese Begegnung führt für Jeanne zu einem neuen Leben. Die Begegnung zwischen du Barry und dem König wird in dem Film als Romanze inszeniert.

Nichtsdestotrotz bewegt sich Jeanne du Barry in einer Welt voller Ekstase und Erotik der Oberschicht, die sich bis zum Umfallen mit Intrigen und Spielen beschäftigt. Die Titelheldin bewegt sich scheinbar mühelos in einer abgeschotteten Welt, in der sie Ihre Seele verkauft, um ihre Ziele zu erreichen: Berühmtheit, Ruhm, Eifersucht der Anderen und Aufmerksamkeit des Königs.

Eine der eindrucksvollsten und emotionalsten Szenen des Films „Jeanne du Barry“ zeigt, wie sich Jeanne voller Neugier und Wagemut hinter einem Spiegel verbirgt, um den Hofstaat dabei zu beobachten, wie er den König am Morgen begrüßt. In diesem Moment wird die Absurdität der höfischen Etikette deutlich: Es ist den Leuten des Hofstaats verboten, das Gesicht vom König abzuwenden. Deshalb müssen die Besucher des Königs, egal welchen Rang sie haben, sich rückwärts auf Trippelschritten mit Blick zum König entfernen, wenn sie das Zimmer verlassen wollen. Die Menschen wirken dabei wie watschelnde Pinguine, ein Bild, das sowohl amüsant als auch tragisch ist.

Jeanne, mit ihrem unbändigen Geist und ihrer natürlichen Anmut, ist die einzige Person, die diese Regel des Protokolls übergeht, weil sie den König gebeten hat, nicht diese alberne Regel befolgen zu müssen. Jeanne du Barry schafft es, den König in Ekstase zu versetzen. Dies gelingt ihr durch Charme, Natürlichkeit, aber auch durch Wissen. Jeanne verkörpert das Ideal des gebildeten Menschen. Sie liest gerne Romane und hat eine sprühende Phantasie, die sie in dieser starren Welt zu einem strahlenden Licht macht. Deshalb gelingt es ihr auch die Aufmerksamkeit des Königs dauerhaft an sich zu fesseln.

Jeanne du Barry liefert sich im Film ein Duell um die Zuneigung des Vaters mit den Töchtern des Königs und der späteren Schwiegertochter Marie-Antoinette um die Gunst von Ludwig XV. Schließlich hatte er den Beinamen „der Vielgeliebte“. Die einflussreiche Mätresse Marquise de Pompadour war bei Erscheinen von Jeanne am Hof bereits verstorben. Insgesamt soll er 13 Geliebte während seiner Amtszeit gehabt haben. Eine seiner wichtigsten Beraterinnen wird deshalb nach dem Tod der Königin Jeanne du Barry, die aus einfachen Verhältnissen stammt. Johnny Depp spielt einen einsamen, alten Mann, der um Aufmerksamkeit kämpft und spürt, dass er bereits seine Glanzzeit hinter sich gebracht hat. Seine Macht will er dennoch behalten und beobachtet seinen Sohn genau beim morgendlichen Zeremoniell. Habe deine Feinde stets im Blick. Ob er Jeanne wirklich liebt, oder ob er seine Familie mit der Beziehung schockieren bzw. ärgern will, bleibt nebulös.

Es ist überraschend, dass der Film ganz ohne Sexszenen auskommt. Dies hätte man sich bei dem Begriff Mätresse doch vorstellen können. Etwas kitschig wirkt die Liebesgeschichte zwischen dem König und Jeanne schon. Die Liebesgeschichte verkennt, wie viel Macht der König über das Leben von Jeanne als absolutistischer Herrscher hatte. Er kann sie reich beschenken, aber auch ins Unglück stürzen. Er tut dies willkürlich. An seinem Ende – er stirbt an den Pocken – verlangt die Kirche, dass er Jeanne verlässt und ins Kloster schickt. Es ist ein später Triumph der Familie des Königs, die in diesem Film den Eindringling Jeanne nie leiden kann und versucht, mit allen Möglichkeiten wieder loszuwerden. Jeannes persönlicher Triumph ist, dass der König Jeannes Feindin Marie Antoinette dazu bringt, einmal einen netten Satz zu ihr zu sagen: „Heute sind viele Leute in Versailles.“

In der historischen Betrachtung ist die Szene andersherum. Dort spricht nicht Marie-Antoinette den Satz zu Jeanne, sondern diese sagt den Satz zur Königin. Dies soll zeigen wie groß die Abneigung der historischen Person Marie-Antoinette gegenüber der Geliebten des Königs war. Die berühmte Porträtmalerin Elisabeth Vigee-Lebrun malte Jeanne insgesamt drei Mal, z.B. als Frühlingsgöttin Flora. Ein Gemälde von Gyula Benczur zeigt Ludwig XV. und Madame du Barry zusammen. Die Häufigkeit von Jeanne du Barry als Motiv für ein Gemälde dokumentiert eindrucksvoll ihren hohen Stellenwert im Leben des Königs.

Der Film endet mit dem Tod des Königs und, etwas untergehend im Abspann, dass Jeanne du Barry Opfer der Französischen Revolution wird. Sie lebt nach dem Tod von Ludwig XV. noch 15 Jahre auf einem, nach ihren Wünschen eingerichteten Schloss, bis sich die Revolutionäre an sie erinnern und sie auf dem Schafott landet. In der Öffentlichkeit galt du Barry als verhasste Person, weil der König sein Vermögen an sie verschenkt hat, statt es dem Wohle seines Volkes zugutekommen zu lassen. Ludwig XV. wurde aus Sicht der Revolutionäre als Verschwender und Taugenichts angesehen. Die einfache Herkunft von Jeanne du Barry hat sie nicht vor der Verurteilung beschützt. Dies hatte sie geglaubt und war nicht wie andere Adlige nach England vor der Revolution geflohen. Eine tödliche Fehleinschätzung.

Der Film, unter der Regie von Maïwenn, entführt in eine Welt voller Ekstase und Leidenschaft, die die Zuschauer in ihren Bann zieht. Die Darstellung der historischen Figur Jeanne du Barry ist nicht nur faszinierend, sondern auch zutiefst bewegend. Besonders hervorzuheben ist die schauspielerische Leistung von Maïwenn, die neben der Regie auch in der Hauptrolle glänzt. Ihre Jeanne hat eine emotionale Tiefe und so wird der Charakter der Jeanne dem Publikum auf eindrucksvolle Weise vermittelt.

Die Ausstattung des Films ist beeindruckend und trägt maßgeblich zur Atmosphäre bei. Die barocke Pracht vermittelt ein Gefühl von Opulenz und Eleganz. Die Kostüme funkeln und die Ausstattung versprüht französischen Chic, was die königlichen Gemächer lebendig werden lässt. Diese visuelle Pracht wird durch gemäldehafte Bilder ergänzt, die die Erhabenheit von Versailles zur damaligen Zeit grandios darstellen.

Das Schloss Versailles spielt eine zentrale Rolle im Film, da es den Schauplatz für die dramatische Liebesgeschichte zwischen Ludwig XV. und Jeanne du Barry bildet. Die prächtige Kulisse von Versailles unterstreicht die historische Authentizität und verleiht dem Film eine zusätzliche Dimension.

Die opulente Ausstattung und die detailgetreue Inszenierung lassen die Zeit des 18. Jahrhunderts lebendig werden. Der Film schafft es, die Zuschauer in eine andere Ära zu versetzen und sie die Höhen und Tiefen des Lebens von Jeanne du Barry miterleben zu lassen. Die Mischung aus Drama, Romantik und historischen Elementen sorgt für ein spannendes Filmerlebnis. Der Film wurde in Cannes gezeigt und erhielt ein großes Presseecho.

Der Film hebt sich wohltuend von den Klischees ab, die durch die gleichnamige Operette „Dubarry“ von Carl Millöcker in den Köpfen der Zuschauer noch nachhallen, z.B. dass Jeanne allein mit ihrer Schönheit die Männer des Hofes und den König um den Finger wickeln konnte. Mit Schönheit allein, zeigt der Film deutlich, wäre Jeanne im Haifischbecken von Versailles mit seinen unzähligen Regeln und Eifersüchteleien nicht lange an der Seite des Königs geblieben. Zunächst muss Jeanne die Regeln des Hofes lernen, um sie später spielerisch im Scherz zu brechen. Sie muss die Langweile der Oberschicht ertragen und diese gleichzeitig mit Klugheit unterhalten, ohne sich dabei zu blamieren.

Der Film lehrt den Betrachter, wie Macht und Einfluss das Leben eines Menschen formen können und wie wichtig es ist, sich selbst treu zu bleiben, auch in einer Welt voller Versuchungen und Feinden. Allerdings wirft der Film auch einen kritischen Blick auf Selbstausbeutung und beschönigt teilweise die Prostitution, indem er die Rolle der Mätresse romantisiert.

Liebe Grüße

der Kulturbotschafter des UniWehrsEL

Danke für Marie Antoinette im Bild von Pascal auf Pixabay
  • Beitrags-Kategorie:Blog
  • Beitrag zuletzt geändert am:19. September 2024
  • Lesedauer:10 min Lesezeit