Du betrachtest gerade Albert Hofmann, LSD und die Wiederentdeckung des Psychedelischen

Am Anfang stand der Tierversuch, aber erst als die Wirkung der Substanz LSD auf die menschliche Psyche erforscht wurde, konnte man deuten, was gesträubtes Fell und Speichelfluss bei Katzen bedeutete: Halluzinationen. Der Drogenversuch des Chemikers  Albert Hofmann führte zur Erkenntnis, die Katze lasse unter dem Einfluss von LSD nicht nur das mausen, sondern fürchte sich sogar vor den kleinen Nagetieren. Auch berauschte Affen hielten sich nicht mehr an die Sippenordnung und brachten den ganzen Käfig in Aufruhr. 81 Jahre sind seit diesen aufsehenerregenden Entdeckungen vergangen. Wie kommen heute Psychedelika zum Einsatz? Dazu ein Leserbrief, mit herzlichem Dank an den Beitrag schreibenden im UniWehrsEL.    

Liebes UniWehrsEL,

Die Wunderdroge LSD entwickelte sich laut ihrem Entdecker Albert Hofmann zum „Sorgenkind“, wie er in seinem Erinnerungsbuch schreibt. Statt des noch in den sechziger Jahren deklarierten „Königswegs zur Erkundung der Psyche“ gefeiert, folgte bald der Rückschlag: Halluzinogene wurden flächendeckend verboten, ein Effekt des „War on Drugs„.

Am 18. Juni 1971 ruft der damalige Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Richard Nixon, den „War on Drugs“ aus, den Krieg gegen die Drogen. Hersteller und Händlerinnen von illegalen Drogen und deren Nutzerinnen und Nutzer werden als „Feinde“ bekämpft und besiegt und eine uneingeschränkte Offensive gegen sie gestartet.

Heute bröckelt das Tabu. Von der teilweisen Legalisierung von Marihuana bis zu geführten Pilgertouren in den Amazonas, wo Ayahuasca, ein halluzinogener Trank, der Bewusstseinserweiterung dient. Mediziner erforschen aktuell unterstützt von der Pharmaindustrie das therapeutische Potenzial von MDMA oder der Pilzdroge Psilocybin.

Schon in ihrer Studie über „Die Wiederentdeckung des Psychedelischen“ (2015) führten Paul-Philipp Hanske und Benedikt Sarreiter die guten Gründe für die gezielte Einnahme von psychoaktiven Substanzen an. Erfolge zeigten sich im therapeutischen Bereich wie etwa bei Trauma- und Schmerzpatienten. Aktuell späche die Medizin von einem Paradigmenwechsel.

Anhänger hatte LSD schon immer, so feiern sie laut Ärztezeitung den 19. April, den Entdeckungstag, als legendären „Bicycle Day“ (Fahrradtag), weil Hofmann unter Drogeneinfluss zehn Kilometer mit dem Rad von Basel nach Hause fuhr.

Die Popkultur der Flower-Power-Bewegung der 60er Jahre ist ohne LSD nicht denkbar. Schon der Guru der Modedroge, der US-Psychologe und Harvard-Professor Timothy Leary, forderte die Freigabe. Der Schriftsteller Aldous Huxley („Schöne neue Welt“) ließ sich LSD 1963 noch ans Sterbebett bringen. Andy Warhol soll sich mit Acid (Säure), wie der Stoff damals weithin genannt wurde, die Horizonte vor dem geistigen Auge erweitert haben. Live-Aufnahmen der Doors sollen erst nach dem LSD-Lutschen so richtig schön rauschhaft ausgefallen sein. Brian Wilson von den Beach Boys, Jefferson Airplane und natürlich Jimi Hendrix werden zu den frühen Acid-Anhängern gezählt. John Lennon stand auf „Lucy in the Sky with Diamonds“. Auch CIA und KGB nutzen LSD, allerdings weniger um ein anderes Selbst zu entdecken.

In der Hippie-Bewegung der 1960er Jahre bekam die unkontrollierte Verbreitung von LSD Auftrieb als der bis dahin unbekannte Harvard-Professor Timothy Leary den Konsum von LSD zur Bewusstseinserweiterung anpries. Als der Konsum immer stärker um sich griff, wurde die Gesetzgebung restriktiver, bis LSD schließlich in den meisten Ländern verboten wurde.

Die Wiederentdeckung psychedelischer Wirkstoffe in Pilzen (Psilocybin) und Kakteen (Meskalin) nimmt nicht nur Rückgriff auf Rituale traditioneller Kulturen, sondern auch auf die, in den 1940er-Jahren begonnene, Geschichte der psychedelischen Psychotherapie. Der Pharmakonzern Sandoz brachte 1949 LSD als Medikament auf den Markt, laut Beipackzettel „zur seelischen Auflockerung bei analytischer Psychotherapie, besonders bei Angst- und Zwangsneurosen“.

Ganz aktuell ist, wie man immer mehr den öffentlichen Medien entnehmen kann, dass Psilocybin und Ketamin, ein synthetisches Narkosemittel, welches zu dissoziativen Zuständen und Wachträumen führt, in der Therapie zum Einsatz kommen. Auch MDMA, der Wirkstoff der Partydroge Ecstasy, wird gezielt eingesetzt. Die Psychotherapie von posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) scheint wirkungsvoller, wenn sie durch die Einnahme von MDMA begleitet wird. Das haben große Phase-3-Studien gezeigt. Am Ende der jüngsten Studie erfüllten 71 Prozent der Probanden in der MDMA-unterstützten Therapiegruppe die diagnostischen Kriterien für PTBS nicht mehr, gegenüber 48 Prozent der Probanden in der Placebo-Gruppe. Aber es gibt noch keine Erkenntnisse zur langfristigen Wirksamkeit.

Sogar LSD und Psilocybin sind im kontrollierten medizinischen Setting gut verträglich. Es kann zu akuten körperlichen Nebenwirkungen kommen. Psychosen, die beim unkontrollierten Gebrauch solcher Drogen ausgelöst werden können, kommen beim medizinischen Gebrauch kaum vor. Abgesehen von der Ketamintherapie kommen psychedelisch wirkende Substanzen aber in der Medizin noch lange routinemäßig nicht zum Einsatz. Wenn auch erwartet werden kann, in Zukunft psychiatrische Erkrankungen besser behandelen zu können.

In diesem Sinne freue ich mich auf unsere anregenden Diskussionen in den Seminaren zum Themenbereich der Ekstase, der Sie ja auch die Ausführungen Sarreiters und Hanskes zugrunde legen.

Mit freundlichen Grüßen

ein Studierender an der U3L

Danke für Fraktal Psychedelisch Bild von Ebenezer42 auf Pixabay