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Ausgerechnet dann, wenn absolute Stille an bestimmten Orten angesagt ist, kann man es zuweilen kaum aushalten. Die Rede ist vom Drang, im Konzert, Oper oder Theater husten zu müssen.

Dieses Phänomens hat sich Julia Schilly angenommen und einen durchaus zutreffenden, sehr amüsanten Beitrag in der „Bühne“ geschrieben.

Heinrich Böll wisse schon wovon er spricht, wenn er sein eigenes Dilemma 1952 in seinem Text „Husten im Theater“ beschreibe: „Ich spüre, wie meine Hände nass werden, ein innerer Krampf mich erfasst. Und plötzlich weiß ich, dass alle Bemühungen zwecklos sind, dass ich husten werde“.

Erklärungsversuche Schillys reichen von plötzlicher Nervosität, die bei kulturaffinen Personen spontan psychosomatische Symptome auftreten lasse, bis hin zu heimtückischem Vorsatz.

Habe die Sache etwas mit nachlassender Spannung zu tun, wie die Schauspielerin Maresi Riegner am Burgtheater vermuten würde, deren Folge das wellenartige Auspacken von „Zuckerln“ sei?

Von Keith Jarrett, der Hustende von der Bühne herab beschimpfe, bis zur spontanen Verteilung von Hustenbonbons durch den Dirigenten Michael Tilson Thomas, beschreibt sie das „kollektive Bellen”, das bei künstlerischen Darbietungen seine Spuren hinterlasse.

Dass es durchaus möglich sei, Hustenreize in entsprechenden Situationen zu unterdrücken, bewiesen schließlich Bomenentschärfer und Hirnchirurgen. Vielmehr könne das störende Husten als eine „vorsätzlich gewählte Handlung“ angesehen werden, was durch Studien von Andreas Wagener, Professor an der Leibniz Universität Hannover, nachgewiesen worden sei. Menschen reinigten durchschnittlich 16 Mal am Tag explosionsartig ihre Bronchien. Bei Konzertgehern seien es 36 Huster am Tag.

Tricks wie Zunge gegen den Daumen drücken oder Daumen gegen den Kehlkopf wirkten nicht. Als wirkungsvoll dagegen erweise sich beherztes Räuspern und in der Pause ordentliches Abhusten.

Mit dem Phänomen habe sich auch schon der Kulturjournalist der „Süddeutschen“, Axel Hacke, beschäftigt und käme zu dem Schluss, es sei ein „menschlich-soziales Urbedürfnis, einzustimmen, mitzusingen“. Wenn man überall mitgrölen dürfe, warum nur solle man dann in der Klassik ruhig bleiben.

Zum Schluss greift Schilly nochmals Böll auf, der inspiriert durch seinen Vetter Bertram erfahren habe, was intonieren in Bezug auf das „Husten im Konzert” bedeute, zu Beginn ein „mildes, fast freundliches Räuspern, das dem Stimmen eines Instruments nicht unähnlich ist, steigert sich langsam und wird mit einer aufreibenden Folgerichtigkeit zum explosiven Gebell.“

https://www.buehne-magazin.com/a/warum-wir-im-theater-so-viel-husten/

Ein ganz wunderbarer Beitrag, den ich voll und ganz nachvollziehen kann und Ihnen nicht vorenthalten wollte!

Herzlichen Dank, liebe Frau Schilly!

Und danke für die “Hustenbonbons” von Esther Merbt auf Pixabay

  • Beitrags-Kategorie:Blog
  • Beitrag zuletzt geändert am:8. September 2023
  • Lesedauer:4 min Lesezeit