Die Figur „Lara Croft“ hat in der Popkultur spätestens mit den „Tomb-Raider-Filmen“ mit Angelina Jolie Einzug gehalten. Durch den filmischen Erfolg wurde „Lara Croft“ sogar von der Theaterregie als zeitgeistlich relevante und zitierungswürdige Figur angesehen. Mit der Wiederauflage von „Lara Croft“ als Serie, mit einer neuen Darstellerin, hofft Amazon an die alten Erfolge von Angelina Jolie anzuknüpfen. Ein Leserbrief beschäftigt sich in diesem Kontext mit der Frage: Lara Croft – popkulturelle Wiederentdeckung oder überholte sexistische Männefantasie?
Liebes UniWehrsEL,
mit der neuen Hauptdarstellerin Sophie Turner gewinnt Amazon eine bereits bekannte Schauspielerin für die Rolle der „Lara Croft“. Sophie Turner hat schon im Fantasie-Epos „Games of Throne“ eine Hauptrolle gespielt. Erhofft sich Amazon, dass Sophie Turner eine loyale Fanbase hat, die bereit ist, sie in der Rolle der „Lara Croft“ neu kennen zu lernen?
Am 15.11.24 hat Amazon laut der öffentlichen Medien verkündet, eine neue Serie mit der Titelheldin „Lara Croft“ zu starten. Es wird also Zeit, auf diese Actionheldin namens Lara Croft einen Blick zu werfen. Das erste „Tomb-Raider-Spiel“ (Grabräuber) ist legendär und ein Meilenstein für den Computerspielmarkt. Aufgrund der großen Beliebtheit des Spiels gab es zwei Hollywoodkinofilme über die Abenteuerin „Lara Croft„. In der Hauptrolle spielte damals Angelina Jolie. Die Figur Lara Croft zierte T-Shirts, Bettwäsche, Mauspads. Angelina Jolie spielte im ersten Tomb Raider Film die Rolle der Lara Croft. Es ist interessant mit welchen Attributen Angelina Jolie als Lara verbunden wird: Fitness, taffes Auftreten, Sportlichkeit, großes Selbstbewusstsein.
Was ist dem Rezipienten beim Lesen dieser Eigenschaften aufgefallen? All diese Attribute werden normalerweise mit Männlichkeit in Actionfilmen verbunden. Dass diese Eigenschaften auf einmal für die Frauenrolle steht ist bemerkenswert, weil Superhelden wie Superman, H-Man gerade mit ihrem sportlichen Auftreten punkten. Solche Männer gelten als leistungsstark und gesund. Aber vor allem auch als durchsetzungsstark. Dass diese Eigenschaften nun mit einer Frau verbunden werden, ist für den Kinobesucher, der an klare Rollenbilder von Frauen und Männern gewöhnt ist, atypisch.
Dies bringt der Figur Lara Croft aber auch starke Kritik ein. Lara Croft gilt bei Spielern als umstritten. Dies liegt an ihrer besonders schlanken Linie. Sie vermittle ein falsches Körperbild über Frauen. Mit ihren enormen „Brüsten“ und der schlanken Körperfigur, die eine Frau überhaupt nicht erreichen könne, würde Männern ein falsches Frauenbild vermittelt. Lara Croft bediene männliche sexuelle Fantasien mit ihrem sexualisierten Oberkörper, kurzen Hosen. In der ersten Fassung trug die Lara im Tomb Raider Computerspiel ein bauchfreies T-Shirt und kurze Hosen. So rannte Angelina Jolie natürlich nicht durch ihr erstes Kinoabenteuer, das in Kambodscha spielte.
Im zweiten Film fuhr Angelina Jolie supercool über einen Teil der Chinesischen Mauer mit einem Motorrad. Superschurke gegen Angelina Jolie war ein durchtrainierter, aber wenig redseliger Til Schweiger. Dies zeigt wie polyglott Lara unterwegs war. Dies war noch lange vor der Diskussion um Flugscham oder dass das Reisen aus Kostengründen den Reichen vorbehalten sei. Immerhin ist Lara Croft im ersten Film eine steinreiche Erbin, die in einer Villa mit Butler lebt. Sie ist finanziell unabhängig und kann sich den Tag einteilen wie es ihr gefällt.
Sie ist keine angestellte Archäologin wie etwa Indiana Jones, der fiktiven Hauptfigur aus der gleichnamigen Abenteuerserie. Da fällt es leicht, mit großem Selbstbewusstsein aufzutreten. Die soziale Herkunft wird nicht im Film thematisiert, sondern ist Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben. So ist es nichts Ungewöhnliches für Kunstfiguren, als Millionär zu leben. Dies tun beispielsweise Batman oder Ironman auch. Doch taugte sie auch zur Identitätsfigur für Frauen oder ist Lara Croft eine reine Männerfantasie?
Mit der Figur Lara Croft kann auch der Begriff „Male Gaze“ (der männliche Blick) erklärt werden. Wörtlich übersetzt bedeutet Male Gaze „männliches (An-)Starren“. Der Begriff beschreibt die filmische Darstellung von Frauen durch die Augen eines Mannes: der Blickwinkel der Kamera simuliert den männlichen (heterosexuellen) Blick. Frauen werden als Lustobjekt präsentiert und auf ihren Körper reduziert. Der Begriff kommt aus der feministischen Filmtheorie. In der Boulevardpresse, wie etwa der Bildzeitung, gab es oft Diskussionen über die Brüste von Lara Croft. Diese Magazine mochten es, Frauen mit großer Oberweite mit Rollen in möglichen Lara Croft Filmen in Verbindung zu bringen.
Für Lara Croft als feministische Ikone spricht, dass sich diese Figur nie unterwürfig oder „süß“ verhält. Sie will keinem Mann gefallen und hat neben den bereits genannten männlichen Charaktereigenschaften auch männliche Hobbies, wie Motorradfahren, Reiten und Fechten, sie ist weltgewandt und reist um den Globus, um Rätsel zu lösen.
Nach Angelina Jolie schlüpfte die Schauspielerin Alcina Vikander in deren Fußstapfen und musste sich, laut Spiegel, herbe Kritik von Jerome Maida anhören. Vikander habe einfach keinen Sexappel wie die Vorgängerin. Er vergleicht beide Frauenköper miteinander: “Vikanders Aussehen unterscheidet sich deutlich von Jolie. Sie schafft es nicht eine Unze Sexappel zu erzeugen und sieht gelegentlich aus wie 16“. Wenn man noch die fehlenden Kurven bemerke, hätte das Studio auch gleich einen Gender-Film machen können und „Luke Croft“ drehen können.
Diese Kritik löste eine Debatte über den Blick des Kritikers auf den weiblichen Körper der Kunstfigur Lara Croft aus. Es zeigt, wie eng die Figur mit einem bestimmten Körperbild oder einer männlichen Vorstellung von der Kunstfigur Lara Croft und wie diese auszusehen hat, verknüpft ist. Die Figur Lara Croft zu beleuchten ist interessant, weil sie viel über die Rollenklischees über Frauen und Männer verrät. Wie muss eine sexy Frau aussehnen?
Trotzdem es auch positive Kritiken gab, scheint die damalige Neuauflage von 2017 in der Storyline ziemlich dürftig gewesen zu sein. Oder hatte die Figur Lara Croft bereits etwas von ihrem Glanz, den sie um 2001 innehatte, verloren? Ging es 2017 weniger um die Story, als um die „sexy“ Figur der darstellenden Frauen? Dies wären mögliche Erklärungen für den Misserfolg der früheren Neuauflage.
Lara Croft war „Kult“ und fand auch Eingang in die Opernbühne. In einem Doppelabend am Staatstheater Darmstadt wurden Iphigenie in Aulis und Tauris von Gluck gezeigt. In seiner Inszenierung von 2006 zeigte der Regisseur Philipp Kochheim am Staatstheater Darmstadt die griechischen Soldaten als „Star-Wars-Krieger“. Auch Lara-Coft-Kriegerinnen ließ er auflaufen, wie die Frankfurter Rundschau berichtete. Dies zeige, dass die Figur Lara Croft in der Popkultur spätestens mit den Tomb-Raider-Filmen unter Angelina Jolie Einzug gehalten hat, und durch den filmischen Erfolg sogar von der Theaterregie als „zeitgeistlich relevante und zitierungswürdige Figur“ angesehen worden sei.
Unabhängig von Sophie Turner wird es wohl weiter Diskussionen um das, durch die Figur Lara Croft vermittelte, Frauenbild geben. Dieses ist im Wandel. Nur mit einem stetigen Imagewechsel kann die Kunstfigur Lara Croft auch nach 1997 weiter im popkulturellen Gedächtnis bestehen bleiben. Ansonsten bliebe Lara Croft ein Film-Phänomen der 2000er Jahre.
Liebe Grüße und in der Hoffnung, auch mehr vom „Männerbild im Wandel“ zu erfahren,
Ihre begeisterte Fanin
Danke für das Bild von White SHADOW auf Pixabay