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Warum eigentlich wird ihr Name heute weitgehend im Kontext berühmter Männer genannt? Galt sie doch schon zu ihren Lebzeiten wegen ihrer Stärke und Unabhängigkeit als Vorreiterin eines selbstbestimmten Lebens. Heiraten war nicht ihr Ding, sie lehnte diverse Heiratsanträge entschieden ab, und suchte die gleichberechtigte geistige Auseinandersetzung mit Männern, die ihrer Meinung nach etwas zu sagen hatten. Sich von ihnen inspirieren zu lassen, das war ihre Intention, nicht still zu stehen und weiter zu ziehen, um Neues zu erfahren und zu entdecken.

Eine Frau, emanzipiert, lange bevor es diesen Begriff überhaupt gab. Sie war auf eine ganz besondere Art und Weise attraktiv und faszinierte durch ihren schillernden Verstand und ihre Souveränität. Gelehrt, geistreich, ihrer Zeit weit voraus. Dazu Philosophin, Schriftstellerin und Psychoanalytikerin, die ihre Sehnsüchte zu erfüllen wusste, während andere Frauen in ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter aufgingen.

Sie gehörte zweifellos zu den Frauen,die Dieter Wunderlich als gelernter Psychologe und Schriftsteller in seinem Bestseller „Unerschrockene Frauen“ als „EigenSinnige“, „WageMutige“, “AußerOrdentliche”, „Verführerische Frauen“ beschreibt.

Ihr Leben kann man mit den Attributen „hemmungslos“, „intensiv“ „unerschrocken“ belegen. Ihre Geschichten sind immer spannend wie ein Roman zu lesen, wenn sie auch in unterschiedlichen Jahrhunderten geboren sind. Germaine de Stael, genauso wie die bereits oben erwähnte – sie haben es sicher errraten – Lou Andreas Salomé. Auch Colette, oder Hildegard Knef, zählt Wunderlich dazu. Schillernd und interessant sind sie, heute kämen dann noch Madonna und Nina Hagen dazu. „Unerschrockene Frauen“, die dem „Normalbürger“ wenig geläufig oder gar fremd ist.

Aber bleiben wir kurz bei einer, deren Männerfreundschaften sich wie das „Who is Who“ der Dichter und Denker lesen. Rainer Maria Rilke, mit dem sie eine Affäre hatte; die Philosophen Friedrich Nietzsche und Paul Rée, die sie verehrten; Sigmund Freud, bei dem sie studierte. Gerade im 19. Jahrhundert trat die Frage nach Geschlechterbeziehungen in ein neues Stadium und Lou Andreas-Salomé setzte sich auf ihre ganz eigene Art zu den bekannten Größen in Beziehung.

Lou Andreas-Salomé hat durch ihre Persönlichkeit und durch ihre heute hoch aktuellen Beiträge zur  „Frauenemanzipation“ ein weites Feld eröffnet, das sogar den Bogen zur Psychoanalyse schlägt.

Ihr Leben erscheint so widersprüchlich, weil vieles von dem, was heute über sie geschrieben wird, so ganz anders klingt, als es vielleicht in ihrer Wirklichkeit erschien. Sie lehnte zwar vehement die traditionelle Frauenrolle ab; für die Rechte der Frauen trat sie aber nie ein. Ausgerechnet sie, die als radikal emanzipiert geltende Frau galt, stimmte 1899 in ihrem Werk “Der Mensch als Weib” ein Hohelied auf die Mutterschaft an und degradierte das “weibliche Element als das geringer Entwickelte, als das Undifferenziertere” wie der Spiegel schreibt.

Die Feministin Hedwig Dohm beschimpfte 1902 im Buch “Die Antifeministen”, Andreas-Salomé als Protagonistin der “Rückwärts-Bewegung” und attestierte ihr “Selbstverliebtheit und etwas Seelenfettes”.

Der Film “Lou Andreas-Salomé” (D 2016) von Regisseurin Cordula Kablitz-Post startete am 30. Juni 2016 im Kino. Die Kritiken dazu waren zuweilen eher mäßig, detailgetreues Nacherzählen sei eben noch lange nicht das, was einen guten Film ausmache.

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