Du betrachtest gerade Musikalische Sehnsucht: Bariton Äneas Humm, Pianistin Doriana Tchakarova und Entdeckung der Komponistin Amy Beach

Das Staatstheater Darmstadt hat für sein 6. Kammerkonzert im März 2025 den Schweizer Bariton Äneas Humm, Opus Klassik Nachwuchskünstler 2022, für sich entdeckt. Gemeinsam mit der Pianistin Doriana Tchakarova widmet er sich mit Werken von Schumann und Wolf, der Hoch-Zeit des romantischen Liedes zu. Der Kulturbotschafter des UniWehrsEL lauschte voller Begeisterung, entdeckte für sich die Komponistin Amy Beach und berichtet uns davon. Herzlichen Dank!

Liebe Blogleser des UniWehrsEL,

ich sitze im Konzert von Äneas Humm, in der majestätischen Orangerie Darmstadt, und lasse meine Gedanken schweifen. Der Bariton füllt den Raum mit seiner tiefen, melodiösen Stimme, während die Musik die Luft vibrieren lässt. In diesem Moment der vollkommenen Hingabe an die Klänge fühle ich eine tiefe Sehnsucht nach etwas Unerklärlichem, etwas, das jenseits der alltäglichen Realität liegt.

Äneas Humm, ein aufgeweckter, junger Sänger aus der Schweiz, begeistert das Publikum nicht nur mit seiner stimmlichen Präsenz, sondern auch mit seiner charmanten Ausstrahlung. Darüber hinaus ist er einfühlsam, leidenschaftlich, wissbegierig und musikalisch versiert. Seine Wissbegierde zeigt sich auch darin, dass er vor dem Konzert einen Ausflug auf die Mathildenhöhe unternommen hat, die berühmte Künstlerkolonie von Darmstadt. Mit dieser Aussage hat er die Herzen der Darmstädter im Sturm erobert, da sie seine Wertschätzung für die lokale Kultur und Geschichte spüren konnten.

Für das Darmstädter Publikum hat Humm etwas ganz Besonderes mitgebracht: Beethovenlieder, die der talentierte Sänger bereits im Beethoven-Jahr 2020 auf Einladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gesungen hat. Beethovens Musik weckt im Zuhörer eine tiefe Sehnsucht, die sich aus seiner Fähigkeit speist, die menschlichen Emotionen in all ihren Facetten einzufangen. Seine Kompositionen sind von einer inneren Dramatik durchzogen, die den Hörer in eine Welt voller intensiver Gefühle und Träume entführt. Ein Titel des Beethoven-Programms heißt übrigens „Sehnsucht“, was durchaus passend ist – schließlich ist es schwer, dieser Musik zu lauschen, ohne ein wenig Fernweh zu verspüren!

Die Darbietung der Beethovenlieder schafft eine stimmungsvolle Überleitung zu Hugo Wolf und seinen Abendliedern. Wolf, ein Meister des Liedschaffens, versteht es, die Dämmerung und die ruhige Nacht in musikalische Poesie zu verwandeln. Seine Lieder tragen eine subtile Sehnsucht in sich und malen ein Bild von Frieden und Ruhe, das den Hörer in eine Welt des kontemplativen Nachdenkens entführt. Robert Schumanns „Liederkreis Op. 39“ ist ein Paradebeispiel für das Thema der Sehnsucht in der romantischen Musik. Die Vertonungen der Gedichte von Joseph von Eichendorff fangen die Essenz des Verlangens und der Unruhe ein, die so charakteristisch für die Romantik sind. Die Sehnsucht in Schumanns Liederkreis spiegelt sich in den zarten Melodien und tiefen Emotionen wider, die in jedem Lied zu finden sind. Diese Zartheit zum Leben zu erwecken, war die Aufgabe des Baritons Humm; mit seinem feinen Gespür für die Nuancen gelingt dem Sänger das bravourös.

Vor kurzem habe ich Ihren Beitrag zur Lesung am Weltfrauentag zu Elsa Asenijeff verfolgt. Für mich eine Entdeckung, diese Feministin, die sich für Frauenrechte einsetzte. Ihre Worte, so kraftvoll und eindringlich, haben in mir eine neue Wertschätzung für talentierte aber leider vergessene Frauen geweckt.

Das herausragende Highlight des Konzerts ist die Darbietung der Werke von Amy Beach, einer vergessenen Komponistin, die eine Pionierin der amerikanischen Musik war. Beach, eine begabte Pianistin, galt als Wunderkind. Da öffentliche Auftritte von Frauen nach den Anstandsregeln der amerikanischen Gesellschaft kaum möglich waren, verlegte sie sich auf das Komponieren. Humm singt gerne ihren Liederzyklus, um die vergessene Komponistin einem breiteren Publikum bekannt zu machen. Amy Beach und Elsa Asenijeff verbindet, dass sie gegen gesellschaftliche Regeln verstoßen haben, die Frauen in eine bestimmte Rolle zwangen.

Während Humm weiterhin singt, schließe ich die Augen und lasse die Musik und die Geschichten dieser bemerkenswerten Frauen in meinem Geist verschmelzen. Das Konzert war ein besonderes Erlebnis. Die Darbietungen von Beethoven, Schumann und Wolf wurden auf beeindruckende Weise zum Leben erweckt. Als interessanter Gegenpunkt der Herrenriege stand Amy Beach und ihr Liederzyklus. Mehr Komponistinnen sollten in Konzertprogramme aufgenommen werden, um die historische und kulturelle Bedeutung von Frauen in der Musik zu würdigen. Die Werke von Komponistinnen wie Amy Beach zeigen neue Perspektiven auf und bereichern die Konzertkultur. Insgesamt hat Herr Humm mit seinem vielseitigen Programm das Darmstädter Publikum tief beeindruckt und einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Liebe Grüße Ihr Kulturbotschafter des UniWehrsEL

Dazu ein Leserbrief mit herzlichem Dank und einer Bitte, der wir sehr gerne nachkommen!

Sehr geehrte Frau Wehrs,

Als Freund und Fan von Äneas Humm habe ich mit Freude ihren positiven Bericht in ihrem Blog gelesen.

Eine mir wichtige Anmerkung möchte ich allerdings loswerden : 

Zu einem gelungenen Liedrezital gehören immer zwei und der Klavierpart trägt vor allem in anspruchsvollen Kunstliedern, wie von Schumann, Wolf  und auch Amy Beach sehr zum Gelingen der Interpretationen bei.

Traditionell ist der Beruf des Liedpianisten sehr männlich dominiert.

Es ist deshalb sehr begrüßenswert ,eine wunderbare Liedpianistin wie Doriana Tchakarova in diesem Genres so erfolgreich zu sehen.

Das sollte man unterstützen, denke ich und bin darin sicher einig mit Ihnen, oder?

Mit besten Grüßen 

Friedemann Rieger 

PROF. FRIEDEMANN RIEGER

Professor für Klavier 

Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart.

Professor für Klavierkammermusik 

Zürcher Hochschule der Künste 

Danke für das Beethoven-Image by Ri Butov from Pixabay

  • Beitrags-Kategorie:Blog
  • Beitrag zuletzt geändert am:16. März 2025
  • Lesedauer:8 min Lesezeit