You are currently viewing “Pnima”, ein Musiktheater über das Schweigen und die Transgenerationale Traumatisierung

In einer unserer Seminarstunden zur Thematik des Schweigens und der Stille sprachen wir über Transgenerationale Traumatisierung. Es geht darum, dass traumatisierte Menschen ihre traumatischen Erlebnisse an Nachkommen übertragen können, obwohl sie darüber selber nicht reden können.  Auch wenn das Alltagsleben der Nachkommen scheinbar zunächst normal verläuft, tauchen beim solchermaßen Traumatisierten plötzlich seltsame unerklärliche “Flashbacks” auf, die das Leben unerträglich werden lassen, gerade weil man sich über die Ursachen nicht im Klaren ist.

In Therapien wird nach und nach klar, dass es sich um die sogenannte „Transgenerationale Traumatisierung“ dreht, bei der es darum geht, dass unverarbeitete Belastungserfahrungen weitergegeben werden und die nächste Generation sie bewältigen muss. Diese transgenerationalen Traumata werden von Generation zu Generation weitergegeben, von den Eltern zu den Kindern zu den Kindeskindern.

Unter dem Titel „Pnima … ins Innere“ präsentiert das Staatstheater Darmstadt eine Oper über Traumata die, so wie die Frankfurter Rundschau schreibt, weit über den Holocaust hinaus zum Versuch wird, mit dem Massaker des 7. Oktober umzugehen: Packend inszeniert am Staatstheater, kurzfristig von Intendant Karsten Wiegand, der auch Regie führte, in den Spielplan aufgenommen

Es geht um das Werk der israelischen Komponistin Chaya Czernowin. Sie schrieb für die Münchner Biennale 2000 eine Partitur für das Musiktheater. Grundlage ist David Grossmans 1986 erschienener Roman “Stichwort: Liebe“. Da versucht der neunjährige israelische Junge Momik die belastenden Traumata der Eltern und Großeltern herauszufinden, Es begegnet ihm aber nur Schweigen und Verstörung, Raunen und Stammeln, wenn die Rede auf den Holocaust kommt. Chaya Czernowin will durch Musik, Silben, Klänge und Geräusche das Unaussprechliche hörbar machen. „Pnima handelt von einer unerzählbaren Geschichte, die erzählt werden muss“ so Chaya Czernowin.

Vor einem leeren Zuschauerraum zeigt sich das Symbol der Lücke, die alle Ermordeten hinterlassen haben. Der Kulturbotschafter des UniWehrsEL sah die Aufführung und hat uns darüber berichtet. Herzlichen Dank dafür!

Liebes UniWehrsEL,

am 04.02. war ich in der Vorstellung „Pnima“ am Staatstheater DA. Ich habe vorher das Interview mit dem Intendanten im Heft aufmerksam gelesen. Ich fühlte mich also gut gerüstet für die Vorstellung.

Das Stück Pnima am Staatstheater Darmstadt erlebte ich zusammen mit vielen Promis wie dem Darmstädter OB und der ehemaligen hessischen Kulturstaatsministerin von den Grünen. Gefühlt bestand das Publikum aus Politikern. Vor der Veranstaltung gab es eine halbstündige Einführung vom Darmstädter Intendanten.

Die Oper dauerte schließlich ca. 60 Minuten. Es gab kein Sprechen, kein Singen, nur Keuchen. Ein intensives Hineinhorchen in den Körper, physisch nachvollziehbar unangenehm. Musikalisch ein Klangteppich. Begründung für das Schweigen: Traumatisierte Menschen sprechen nicht mehr über ihre Traumatas. Sie schweigen. Ich saß auf der Hinterbühne des Theaters. Der Zuschauersaal war leer. Am Anfang wurde eine Disco angedeutet – das sollte nach Aussagen des Intendanten einen Bezug zum 7. Oktober, Angriff auf Israel und das Rave Festival, haben.

Mich hat das Laserlicht des Rave gestört. Menschen tanzen ohne Musik wild herum. Das stroposkopische Licht war unangenehm. Alles flackerte und ich mochte das nicht. Mir taten die Augen weh. Das war die Anfangsszene. Ich war froh als diese vorbei war. Das Stroposkop-Licht deute ich als den Spagat zwischen Tanz und Tödlichkeit. Szenisch abgelöst davon später eine Situation an einem Rednerpult ein Patriarch, gerahmt von seinen Söhnen. Im Mittelteil gab es einen Sederabend mit Brot und Rotwein und flüchtig angedeutetem Lesen der Schriften zum Fest. Für mich deutlich, der Beginn der Verwerfungen zwischen der Generation der Alten und den Kindern, Szenen die mich an den „geschlossene Gesellschaften“ erinnerten.

Später gab es eine Tafel, an der eine Familie Platz nahm. Ein Kind wirkte verloren. Der Junge Momik will wissen, welches Trauma auf seinen Eltern und Großeltern lastet. In der Inszenierung war der Junge wohl ein Mädchen.

Die Seelenqualen von Pnima übersetzt als „ins Innere“ wurden mir deutlich. Es gab großen Applaus für den Kinderchor des Staatstheater Darmstadt der die Raver dargestellt hat.

Danke für das Bild Krieg und weinendes Kind von Ri Butov auf Pixabay!