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Woran denken Sie als erstes, wenn Sie den Namen Francesca da Rimini hören? Richtig an den Skulpturenmacher Auguste Rodin. Er hat Francesca und ihren Liebhaber Paolo in inniger Zweisamkeit dargestellt. Die Skulptur zeigt ein Liebespaar, das sich küsst. Daher auch der Name der Kuss. Rodin hat also Francesca bereits in Stein gehauen. Doch woher kannte Rodin diese Francesca? Sie taucht bei der Göttlichen Komödie von Dante auf und berichtet über ihr trauriges Schicksal, welches sie in die Hölle geführt hat. Francesca ist Ehebrecherin. Sie betrog ihren Ehemann mit dessen Bruder. Dafür sitzt sie in der Hölle. Doch gibt es für sie aus heutiger Sicht mildernde Umstände?

In der Vorgeschichte wird Francesca von ihrer Familie betrogen. Ihr wird ein Bildnis des “schönen” Paolo vorgelegt, damit sie in die Heirat einstimmt. Ihr tatsächlicher Ehemann Lanciotto hat einen Buckel und ist somit missgestaltet. Sie hat sich also in den falschen Mann durch Täuschung verliebt. So schildert es Dante.

Die Oper Frankfurt hat daraus einen sehr interessanten Opernabend gestaltet, den der Kulturbotschafter des UniWehrsEL besucht hat und beschreibt. Herzlichen Dank!

Liebes UniWehrsEL,

Es gibt nicht allzu viel Handlung. Saverio Mercadante hat “Francesca da Rimini” 1830 komponiert, aber durch verschiedene unglückliche Umstände ist seine Oper erst 2016 uraufgeführt worden. Jetzt erklingt sie also in Frankfurt.  

Die Oper basiert lose auf Dantes Vorlage, wurde aber von dem Librettisten Felice Romani verändert. Felice Romani war eine Art Dieter Bohlen der Librettisten. Er hat zahlreiche Libretti für verschiedene Komponisten aus der Zeit des 19. Jahrhunderts geschrieben, z.B. für Bellini, Donizetti. In diesem Fall für Mercadante. Der Stoff wurde so bearbeitet, dass er nun der Oper „Lucia di Lammermoor“ von Donizetti sehr ähnlich ist. Dort wird Lucia von dem verschuldeten Bruder zur Heirat gedrängt. In Felice Romani‘s Version der Francesa ist es der Vater der Fancesca, der zur Heirat drängt. Die Missbildung des Bräutigams ist für Romani kein Thema mehr. Seine Hässlichkeit äußert sich nun in seiner Unsicherheit über die Gefühle von Francesca.

Das Bühnenbild greift die Kostüme aus dem 19. Jahrhundert auf und zeigt eine verwitterte Kathedrale, die an Caspar David Friedrich erinnert. Diese taucht als Lösung für Francesca, um der ungeliebten Heirat mit dem versprochenen Bräutigam zu entgehen, immer mal wieder auf. Daneben gibt es einen Stein an dem die Schwerter lagern. Das erinnert den Zuschauer an König Artus und sein Schwert. Romani baut auch eine Verführungsszene der unentschlossenen Francesca durch Paolo ein. Die Szene ist ganz typisch für Romani. Paolo gesteht Francesca seine Liebe nicht offen. Das tut nur der Bräutigam, sondern er erobert sie mit einem Trick – der auch im Liebestrank von Donizetti vorkommt.

Romani hat es nun mal mit Büchern, so lässt er Paolo und Francesa ein Buch über Lancelot und Guinevere lesen. So erkennt Francesca von sich aus, dass die Situation von dem im Buch beschriebenen Liebespaar der Situation von Paolo und Francesca gleicht. Romani macht noch einen Kunstgriff, der Ehemann wird gesungen vom Tenor, während sein Bruder Paolo eine Hosenrolle einer Sopranistin ist. Indirekt spricht also Frau mit Frau, die gleiche Sprache, während der Tenor leer ausgeht.

Dies lässt sich nicht mit seinem Ego vereinbaren, schließlich muss Francesca irgendwie in die Hölle kommen. Der Tenor Lanciotto wird von der Regie am Ende des ersten Aktes gegenüber Francesca übergriffig, und es deutet sich eine Vergewaltigung an. Der Chor ist entsetzt. Francesca windet sich aus der Bedrohung und fällt in Ohnmacht. Hans Walther Richter, macht als Regisseur aus seiner Antipathie für den Tenor keinen Hehl und sperrt ihn mit Hilfe des Vaters und des Chores im zweiten Akt in eine Zwangsjacke.

Doch der Tenor entkommt dieser Zwangsjacke und lauert dem Paar an besagter Kathedrale für das Schlussbild auf. Zwischenzeitlich ist Francesca durch die innere Anspannung halb wahnsinnig – das ist eine Spezialität des Librettisten Romani, der lässt seine Heldinnen gerne verrückt werden, wie Lucia. Francesca stibt aber an körperlicher Erschöpfung. Sie bricht zusammen. Paolo ersticht sich. Der Tenor duelliert sich nun mit dem Vater.

Musikalisch bewegt sich Francesca zwischen Rossini und Bellini. Es gibt also trotz des dramatischen Inhalts jede Menge wunderschöne Arien und liebliche Momente. Es ist fast so als würde der Zuhörer mit Champagner für die Ohren bombardiert. Er kommt aus der Glücksseligkeit der schönen Melodien gar nicht mehr heraus. Ob Dante mit dieser Bearbeitung seines Stoffes von Seiten Romanis einverstanden wäre, lässt sich so nicht mehr feststellen. Der Opernfreund ist jedoch entzückt, ob der vielen schönen Arien, die da so lange, bis 2016, in irgendwelchen Archiven lagerten und nicht gesungen worden sind.

Nebenbei werden die Figuren von Schauspielern gespiegelt – also nochmals auf die Bühne gebracht – um die Absichten, Wünsche, Hoffnung des Dreiergespanns aus Francesca, Paolo und Lanciotto anschaulich abzubilden. Ein Besuch lohnt sich sicherlich um die Musik kennen zu lernen. Hast du nun Lust auf Francesca bekommen? Dann besuche die Oper Frankfurt.

Danke für das Bild der Alten Oper in Frankfurt von Günter auf Pixabay

  • Beitrags-Kategorie:Blog
  • Beitrag zuletzt geändert am:20. März 2023
  • Lesedauer:6 min Lesezeit