Du betrachtest gerade Wow-Effekt durch eine Badewanne – die Lee Miller Story

Eine Frau sitzt in einer Badewanne. Es ist der Nachmittag des 30. April 1945. Die Frau lässt sich in der Badewanne fotografieren. Das Bild geht um die Welt. Doch was ist daran besonders? Es ist nicht irgendeine ‚Allerweltsbadewanne‘. Es ist die Badewanne von Adolf Hitler. Kurz davor hatte die Frau das befreite Konzentrationslager Dachau besucht. Viel Zeit bleibt der Frau nicht sich in der Badewanne ablichten zu lassen. Draußen vor der Tür wartet schon ungeduldig ein amerikanischer Offizier mit Seife in der Hand. Vor ein paar Minuten haben GIs (amerikanische Soldaten) die Privatwohnung von Adolf Hitler in München besetzt. Eine Geschichte mit Wow-Effekt meint unser Kulturbotschafter des UniWehrsEL, dem wir diesen Beitrag verdanken!

Liebes UniWehrsEL, 

Wer ist die tollkühne Frau, die das Foto machte, für das sie berühmt wurde? Wer schenkte dem Betrachter diesen unglaublichen Wow-Effekt? Die Frau nahm nicht nur das spektakuläre Foto auf, sondern ließ als Kriegsbeute auch noch ein Handtuch mit den Initialen des Führers mitgehen. Es handelt sich um die Kriegsreporterin Lee Miller. Das Bild sorgt nicht nur für einen Wow-Effekt beim Betrachter, sondern zeigt ihren unerschrockenen Charakter.

Im Februar 2024 ist in den USA der Film „Lee“ über diese außergewöhnliche Frau herausgekommen. Die Hauptrolle spielt Kate Winslet. Der Film erzählt die Geschichte der Fotografin und Kriegsberichterstatterin während des zweiten Weltkriegs. Um ein möglichst realitätsgetreues Portrait über Lee Miller dem Publikum zu vermitteln, griff die Produktion auf die Lee Miller Archive zurück, und der Film wurde in enger Zusammenarbeit mit ihrer Familie realisiert. Wer nun neugierig auf Lee Miller geworden ist, der deutsche Kinostart ist für den 26. September 2024 geplant. Um die Zeit bis zum Kinostart zu überbrücken ist der Roman von Whitney ScharnerDie Zeit des Lichts“ als Lektüre empfehlenswert.

In 2021 bin ich das erste Mal auf die Fotografin Lee Miller gestoßen. In den Opelvillen Rüsselsheim gab es die Sonderausstellung „Hautnah, Fotografien von 1940 bis 1946 über die Fotografin. Diese Ausstellung war Teil der internationalen Triennale „Ray Fotoprojekte“, die jedes Jahr auch im „Museum für Angewandte Kunst“ in Frankfurt gezeigt wird. Zu sehen gab es 130 beeindruckende Fotografien aus Millers Schaffenszeit während des Zweiten Weltkriegs. Die Ausstellung ist mir im Gedächtnis geblieben, weil die Fotos genau das bedienen: den Wow-Effekt!

Lee Miller gehört auch zum Dunstkreis des Surrealismus wie Salvador Dali. Ihrem Freundeskreis gehörten wichtige Künstler in den 1930er Jahren an, wie etwa Pablo Picasso, Paul Éluard und Jean Cocteau. Anfangs war Lee Miller ein Model. Sie wurde Schülerin des berühmten Fotografen Man Ray. Sie ließ sich nicht von ihm abbringen. Im zweiten Weltkrieg wurde Lee Kriegsreporterin und Fotografin. Sie dokumentierte die Schrecken des Krieges und brachte die Realität des Frontgeschehens in die Wohnzimmer der Menschen. Ihre Bilder sind nicht nur Kunstwerke, sondern auch wichtige historische Dokumente wie das eingangs beschriebene Bild von Hitlers Badewanne.

Lees Leben war nicht nur eine einzige Erfolgsgeschichte. Sie litt unter den Folgen ihrer traumatischen Kindheit und hatte mit den Erlebnissen des Zweiten Weltkriegs zu kämpfen. Nach dem Krieg hatte sie schwere Depressionen und zog sich aus der Öffentlichkeit zurück. Es gelang ihr dennoch, ihre inneren Dämonen zu besiegen, und sie hat eine beeindruckende Fotosammlung der Nachwelt hinterlassen, welche die Basis ist für Ausstellungen wie „Hautnah“ in den Opelvillen oder 2023 in Hamburg die Sonderausstellung „Lee Miller“. Fotografin zwischen Krieg und Glamour.

In einer Welt, die oft von schrecklichen Bildern über Kriege geprägt ist, kann der Betrachter viel über den Zustand der Menschheit durch Lee Miller lernen.

Liebe Grüße an den Kulturbotschafter des UniWehrsEL und danke für das Bild von Gerd Altmann auf Pixabay