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„Mein Lieblingstier heißt Winter“ ist der Debütroman des Bachmann-Preisträgers Ferdinand Schmalz – nominiert für den Deutschen Buchpreis 2021 und den Österreichischen Buchpreis 2021. Im Roman geht es um den Wiener Tiefkühlkostvertreter Franz Schlicht, der seinem Kunden Doktor Schauer zum Sterben in einer Tiefkühltruhe verhelfen soll. Franz Schlicht soll den gefrorenen Körper auf eine Lichtung verfrachten. Zum vereinbarten Zeitpunkt ist die Tiefkühltruhe jedoch leer.

Auf der Suche nach der gefrorenen Leiche begegnet Schlicht der Tatortreinigerin Schimmelteufel, einem Ingenieur, der sich selbst eingemauert hat, und einem Ministerialrat, der Nazi-Weihnachtsschmuck sammelt.

»Mein Lieblingstier heißt Winter« ist eine abgründige Tour quer durch die österreichische Gesellschaft, skurril, intelligent und mit großem Sprachwitz.

Und ein Leser des UniWehrsEL nimmt uns mit ins Schauspiel Frankfurt, wo Rieke Süßkow den Roman nun für die Bühne adaptiert hat.

Herzlichen Dank für Ihren Bericht, lieber Autor!

Liebes UniWehrsEL,

das Stück „Mein Lieblingstier heißt Winter“ passt zu unserem Seminar über den Umgang mit dem Tod sehr genau. Der Titelheld der Geschichte ist der Tiefkühlostvertreter Schlicht. Er schließt am Anfang einen Pakt mit einem seiner Kunden, einem Doktor Schauer. Schlicht soll als Suizidassistent dem Doktor Schauer dienen und ihn in einer seiner Tiefkühlboxen entsorgen. Dr. Schauer ist an Krebs im Endstadion erkrankt. Er hat einen Selbstmörderclub nach dem Vorbild von Robert L. Stevenson gegründet.

Im Selbstmörderclub von Stevenson landen zwei Männer, in einem ungewöhnlichen Etablissement. Dort wird ein teuflisches Kartenspiel gespielt, bei dem unter den lebensmüden Mitgliedern jeweils ein Opfer und ein Mörder ausgelost werden und das Ende des Spiels nur eines sein kann: der Tod.

In Doktor Schauers Selbstmörderclub finden sich neben ihm selbst noch ein Doktor Bitter, der Ministerialrat Kerninger und Herr Hubert. Ursprünglich wollte sich Doktor Schauer das Leben nehmen, erfuhr aber aus dem Internet, dass man mit der richtigen Konzentration von Salz seine Zellen verjüngen könnte.

Nun ist besagter Doktor Schauer verschwunden. Das klingt nach einem Kriminalfall. In Wirklichkeit geht es aber in dem Stück um die Frage, wie gehe ich mit dem Tod um. Schlicht begibt sich auf die Suche nach dem Doktor. Dabei wird er mit verschiedenen Lebensentwürfen von Menschen im Umgang mit dem Tod konfrontiert z.B. mit Dr. Martha Bitter, einer Anästhesistin und Ehefrau, die ihren betagten Gatten umsorgt und “gesund spritzt”. Sie hat Doktor Schauer bei palliativ-medizinischen Fragen beraten. Der Ehemann von Dr. Bitter sitzt im Rollstuhl und möchte freiwillig in ein künstliches Koma versetzt werden. In einer Szene erstickt er fast am gekochten Essen und kann nur mit dem „Heimlichgriff“ gerettet werden. Eine andere Figur mauert sich in seinem Haus ein und hat Angst vor Besuchern, die könnten ihn töten könnten. Ein ganz anderes Verhältnis zum Tod hat hingegen der Pathologe, der täglich Leichen seziert.

Die Hauptmotive des Stücks sind der Tod, insbesondere der Selbstmord und verschiedene Methoden zur Verlängerung des Lebens. Obwohl Dr. Schauer seinen Suizid nicht durchführt, kommt es im Umfeld zu seltsamen Todesfällen, die Selbstmord als Ursache nahelegen. Die Hauptfigur wird auch mit dem Tod konfrontiert. Zum einen muss Schlicht durch die Hitze von Wien ohne Getränke laufen, zum anderen landet er in einem Sarg, in welchem er eingesperrt wird. 

Das Bühnenbild hat sich augenscheinlich am „Senckenbergmuseum“ orientiert. Dort werden Tiere wie in einem Panoptikum ausgestellt. In einem Bühnenbild gerät Schlicht selbst ins Panoptikum und läuft durch Schaukästen. Die Bühne dreht sich. Die Schauspieler tragen Gesichtsmasken, so kann Schlicht auch mehrfach gleichzeitig auftauchen. Der Hintergrund der Geschichte ist ernst, jedoch sehr skurril umgesetzt.

Das zweite Thema, welches das Stück anspricht, ist Leben in der Großstadt in Zeiten des Klimawandels. Der Humor ist sehr österreichisch und direkt. Der Autor Ferdinand Schmalz ist Österreicher und hat am Schauspiel Frankfurt bereits das Stück “Jedermann stirbt” herausgebracht. Kennen Sie das Buch?

Das Stück passt zu dem Stück über den Totengräber oder auch “Grabmacher” in „Alles ist groß“ von Zsuzsa Bánk.

Haben Sie Lust auf „Mein Lieblingstier heißt Winter“ bekommen? Wer ist nun eigentlich der Mörder, oder gibt es überhaupt einen? Das habe ich Ihnen bewusst nicht verraten, sowie ich Ihnen bewusst nicht die ganze schräge Handlung nacherzählt habe, falls Sie dieses Stück anschauen möchten. Es lohnt sich, es anzuschauen. Gestern Abend war auch die Dramaturgin vor Ort. Der Titel „Mein Lieblingstier heißt Winter“ stammt von einem Kind und hat mit der eigentlichen Story nichts zu tun.

Mit besten Grüßen und großer Freude über eine Antwort!