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Denkt man über die Thematik der Ernährung und ihrer kulturellen Dimension nach, so wie wir das in „Fressen und Moral“ demnächst tun werden, dann findet man sehr interessante Beiträge bei der Tagung: Du bist was Du isst – von der Forschungsstelle Kulturökologie und Literaturdidaktik.

Unter dem Titel „Narrative Delikatessen – Kulturelle Dimension von Ernährung“ finden sich zu dem Stichwort „Gender und Inszenierungen weiblicher Identität im intermedialen Kontext“ spannende Kurzanalysen berühmter Autorinnen. So auch zu Zsuzsa Bánk. Die Frankfurter Schriftstellerin schreibt über Zirkuskinder, endlose Sommer, nackte Füße im hohen Gras und nimmt in „Die hellen Tage“ (2011) eine Kindheitsgeschichte ins Visier.

Im Mittelpunkt der hellen Tage steht Evi, die Mutter der Freundin der Ich-Erzählerin, eine Frau von auffallender äußerer Erscheinung, die mit ihrem Umgang mit der Natur, den Speisen, die sie zubereitet, die Bewohner einer schwäbischen Kleinstadt in zunehmenden Maße fasziniert. Sie, die Außenseiterin, aus Ungarn stammend, wirkt fremd, entrückt, entwurzelt und bekommt immer wieder Besuch von einem Artisten aus dem fahrenden Volk, der sich als der Vater ihrer leiblichen Tochter herausstellt.

„Für Evi hat Ostern eine große Bedeutung, sie begeht die Feiertage mit Ritualen und sorgfältigen Vorbereitungen. Das in der Kirche gesprochene Osterlob wirkt auf sie als Gläubige wie eine Erlösung, eine Befreiung aus der Schweigsamkeit und Ruhelosigkeit in den Wochen vor dem Osterfest. Sie backt ein Osterlamm, das symbolisch für die unschuldige Hingabe und das Sterben Jesu steht. Dieser Osterkuchen bringt die Mutter der Ich-Erzählerin auf die Idee für eine Tätigkeit, die der Analphabetin Evi die Möglichkeit gibt, Geld zu verdienen, das sie dringend braucht. Durch ihre Vermittlung backt Evi nun Kuchen auf Bestellung für andere Familien des Dorfes, die verschiedensten Sorten, mit großer Kunstfertigkeit“, so kann ich es in den Beiträgen zu oben genannten Kurzanalysen lesen.  

Wofür steht eigentlich das Osterlamm? Und was bedeutet es, wenn ein Kuchen in einem fremden Haus von fremden Tellern gegessen wird?

Das sollten wir in unserem Seminar versuchen, gemeinsam herauszufinden, wenn wir uns dem Themenbereich des gemeinsamen Essens und Backens zuwenden.

Aber auch in unserem Seminar „Gestatten Sie, dass ich liegen bleibe“ kann Zsuzsa Bánk hervorragend interpretiert werden, zumal sie gerade das Publikum des Schauspiel Frankfurt mit „Alles ist groß“ begeistert.  

Nachlesen kann man da: Die vielfach ausgezeichnete Autorin Zsuzsa Bánk trifft einen Mann für das letzte Geleit, dessen sensible Beobachtungsgabe besondere Perspektiven eröffnet. Wir lernen einen Grabmacher kennen, der in seinem vorherigen Job als Paketzusteller extrem unter Stress stand. Erst in seiner Arbeit auf dem Friedhof scheint er eine große Lebensfreude und einen inneren Frieden gefunden zu haben. Er hat eine tägliche Verbindung zu etwas Höherem, das er nicht ganz greifen und fassen, aber doch auf eine Art spüren kann. Zweifel an unserer Existenz verstärken sich durch seine Arbeit nicht, sie hören auf. Zsuzsa Bánk wirft in ihrem Text die Frage nach dem Glück auf: Wieviel davon hängt von unserem Beruf ab, wieviel ist in unserer eigenen Persönlichkeit angelegt?

Und wieder hat mich dazu ein Leser des UniWehrsEL angeregt, herzlichen Dank dafür!

Liebes UniWehrsEL,

heute schaue ich mir das Stück “Alles ist groß” von Zsuzsa Bánk im Schauspiel Frankfurt an. Es ist im Rahmen des Projekts “Stimmen einer Stadt” entstanden – dabei geht es um Lebensläufe von Menschen, die in Frankfurt leben. In dem Stück „Alles ist groß“ geht es um einen Grabmacher. Er arbeitet also auf dem Friedhof. Falls Sie die Vorstellung noch nicht kennen und wir uns ja im Seminar für die Friedhofskultur interessieren, könnte Sie das Stück ansprechen.

Haben Sie davon schon gehört?

Ich freue mich jedenfalls darauf, etwas über den mir bisher unbekannten Beruf des Grabmachers zu erfahren.

Liebe Grüße