Im Beitrag Frankfurter Museen, was ist denn eigentlich aktuell? machte uns der Kulturbotschafter des UniWehrsEL auf eine ganz besondere Ausstellung in Darmstadt aufmerksam. Das Hessische Landesmuseum Darmstadt zeigt vom 1. März bis 2. Juni 2024 die Ausstellung »TOD UND TEUFEL. Faszination des Horrors«, die in Kooperation mit dem Museum Kunstpalast entstanden ist und die Faszination des Horrors, Schreckens und Grauens beleuchtet. Lesen Sie dazu bitte unseren Bericht.
Liebes UniWehrsEL,
lässt du dich gerne gruseln? Hast du gerne einen Schrecken um dich rum? Lässt du keinen guten Horrorfilm aus? Dann ist die neue Ausstellung Tod und Teufel im Landesmuseum Darmstadt genau richtig für dich. In der Ausstellung Tod und Teufel begegnet der Zuschauer dem Mephisto und Faust wieder, trifft auf die Wolfsschlucht aus der Oper „Freischütz“, sieht Orpheus mit dem Fährmann Charon in Verhandlung treten. Er sieht die gruseligen Hexen von Hans Baldung wieder. Sie sind in einem Stich meisterhaft eingefangen. Ein Dämon thront über einer geisterhaften Landschaft.
Doch damit nicht genug. Es gibt ein echtes Folterinstrument in der Ausstellung. Ein Toter liegt auf einem Boden – „Hilfe“, möchte man rufen, ist das echt oder Kunst? Auch Fans des gepflegten Horrorfilms kommen auf ihre Kosten mit beliebten Kinoplakaten des Grauens. Stephen Kings „Shining“, der Horrorfilm „Get Out“, die Zombieserie „The Walking Dead“, „Das Schweigen der Lämmer“, die US-Horrorkomödie aus 2009 „Jenifer‘s Body, der ‚Trashfilm‘ mit Megan Fox als beißender Teenager mit blutigen Absichten. „Wednesday“ aus der Netflix Serie schaut den Zuschauer finster an. Irgendwo im Hintergrund läuft „Nosferatu, eine Sinfonie des Grauens“. Gruselige „Scorbion Figuren“ gibt es auch.
Die Filmplakate zeigen auf, wie die Filmemacher des 21. Jahrhunderts beliebte Charaktere einem Wandel unterzogen haben. So reagierte z.B. die Serie „American Horror Story“ in Staffel 7 bewusst auf die Wahl Donald Trumps zum Präsidenten der Vereinigten Staaten. Donald war also auch Pate für neue Horrorszenarien.
Es gibt die absolut „finstersten“ CDs bzw. Schalplattencover zu sehen, natürlich mit der unnachahmlich seltsam-skurril-verrückten Lady Gaga und ihrem Horrorshowkonzept. Aber auch allerlei Horrorfilmtrailer sind zu sehen. Es gibt Totenkopfschmuck und Gothic Kleidung in Vitrinen zu bewundern. Denn Kleidung kann die eigene Identität definieren und die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe. Die Goth-Szene ging aus dem konservativen England von 1980 hervor. Sie legte den Grundstein für eine „Ästhetik des Grauens“. So könnten die Leute problemlos in einem Vampirfilm mitmachen. Diese Szene wurde von gotischer Literatur und der viktorianischen Trauerkultur beeinflusst.
Die Ausstellung wirbt auf ihrem Außenplakat mit dem kanadischen Künstler Rick Genest. Er ist bekannt als “Zombieboy“ aufgrund seiner Ganzkörpertätowierung, die eine verwesende Leiche zeigt. So ist der Horror längst zur Popkultur geworden. Das wird sehr deutlich. Da kann auch der Apokalyptische Reiter von Dürer den Zuschauer nicht erschrecken, gehört er doch ganz klar in dieses Horrorkabinett.
Manche behaupten, ein guter Horrorfilm wäre ein besserer Vorbereiter auf das Leben als so mancher Schulunterricht. Wer hat schließlich keine Angst vor Penny Wise, dem fiesen Clown von Stephen Kings „Es“? Der Schrecken kann also auch tierische Freude verbreiten. Da fällt mir doch gleich spontan auch der Film “corpse bride” ein, den wir hier im UniWehrsEL auch schon einmal besprochen haben!
Neben all dem Horror kommt der Tod zu seiner Bedeutung in einer kleinen Figurenreihe. Der Tod ist der größte Gleichmacher. Sei es die wunderschöne Frau, der hinterlistige Narr, die Königstochter oder der Bischof. Letztlich holt der Tod sie alle ein. Der berühmte „Todestanz“ beginnt, den eigentlich „Jedermann“ einmal tanzen muss. Die Idee des vor ca. 600 Jahren entwickelten Genres des Totentanzes beruht auf der Vorstellung der tanzenden Skelette, die alle Standesvertreter in einen tödlichen Reigen zwingen, dem sie verzweifelt zu entkommen versuchen. Diskutieren, Betteln oder auch Beten hilft nicht – der Tod ist unerbittlich.
Toll ist, wenn man als Zuschauer neue Wörter lernt wie z.B. Abjektion. Das Konzept der Abjektion bezieht sich auf das Gefühl des Horrors, wenn übliche Einordnungen, Grenzen und das Verständnis der Dinge nicht mehr greifen. Dies betrifft vor allen den menschlichen Körper, der in bestimmten Zuständen an die eigene Sterblichkeit erinnert wird.
Es gibt noch vieles zu entdecken, was ich hier nicht beschreiben konnte.
Nachklapp
passend zur Ausstellung Tod und Teufel am Landesmuseum Darmstadt habe ich noch einen Buchtipp für dich.
Der Autor Frank Schätzing hat einen historischen Krimi mit dem Titel „Tod und Teufel“ geschrieben. Der Krimi spielt im Mittelalterlichen Köln. Es geht um Jacob, genannt der Fuchs. Er lebt in Köln 1260 und sein Beruf ist Dieb. Bei seinen nächtlichen Beutezügen trifft er auf den sterbenden Dombaumeister Gerhard. Jacob beobachtet wie der Dombaumeister von einer dunklen Gestalt vom Baugerüst gestürzt wird. Leider bricht in dem Moment, wo sich Jacob vom Schauplatz des Mordes entfernen will, ein Ast und so sieht der Mörder Jacob. Es beginnt eine Verfolgungsjagd. Jacob kann entkommen und bei Freunden unterkommen. Aus der Not heraus beginnt Jacob zum Mordermittler zu werden.
Der Roman von Schätzing passt gut zur Ausstellung, nicht nur wegen des Titels, möglicherweise hat sich der Kurator der Ausstellung auch von dem Titel inspirieren lassen – sondern vor allem wegen der schummrig-schaurigen Atmosphäre, welche die Stadt Köln in dem Krimi ausstrahlt. Das schlägt einen Bogen zu den Kunstwerken wie die bereits erwähnten apokalyptischen Reiter von Dürer. Übrigens hat sich auch der bekannte Architekt Hans Poelzig dieses Themas angenommen. Im Casino auf dem Uni Campus Westend, so kann man in Forschung Frankfurt von 2005 nachlesen, findet man dazu seine Impressionen.
Der Roman passt auch deshalb so gut zur Ausstellung, weil Schätzings Werk ein Teil der Popkultur ist, der gerade in der Ausstellung besonders angesprochen wird.
Wer sich noch näher mit „Der Tod und Teufel“- Ausstellung auseinandersetzen möchte, dem sei der Ausstellungskatalog, der auch im Eingangsbereich des Museums zum Blättern ausliegt und im Museumsshop für 42 EUR erworben werden kann, wärmstens empfohlen.
Die Ausstellung wurde, bevor sie im März nach Darmstadt gekommen ist, bereits im Kunstpalast Düsseldorf gezeigt. Dabei hatte Düsseldorf eine kuriose Besonderheit den Besuchern geboten. Vor dem Betreten des Kunstpalasts war eine Geisterbahn aufgebaut, über diese haben die Besucher die Ausstellung betreten. Das war sicherlich eine spektakuläre Einstimmung auf das Thema „Faszination des Horrors“ wie der Untertitel der Ausstellung lautet.
Das Landesmuseum Darmstadt verzichtet auf die Geisterbahn. Der Besucher wird wie immer von den steinernen hessischen Löwen empfangen und die Ausstellung befindet sich in einem Seitenflügel des Museums. Dennoch kann sich der Besucher mit Hilfe eines kostenlosen Ausstellungsflyers in die richtige Stimmung für die Faszination des Horrors versetzen.
Bei meinem Besuch traf ich auch auf Besucher in Gothic Kleidern – das ist ein Anblick den man sonst selten bei Museumsgästen sieht. Vielleicht ein gutes Omen für das Landesmuseum Darmstadt, damit die Ausstellung gut vom Publikum angenommen wird. Die Ausstellung ist noch bis 6. Juni zu sehen. Bei Erfolg gibt es vielleicht eine Verlängerung.
Herzlichen Dank, lieber Kulturbotschafter des UniWehrsEL, einmal mehr dafür, dass Du uns kulturell immer so gelungen auf dem Laufenden hältst!
Danke für das Bild der Geisterbahn von Karsten Paulick auf Pixabay.