Du betrachtest gerade Nolans „Interstellar“, eine Erwiderung oder „Wie halten Sie es mit Umweltschutz?“

Danke für einen Leserbrief, der sich mit dem Thema der Eigenverantwortung für den Umweltschutz beschäftigt: „Im Seminar-Talk gab es einen Beitrag zu „Nolans Interstellar“. Dabei ging der Kulturbotschafter des UniWehrsEL (vielen Dank an dieser Stelle an ihn und seine tollen Beiträge!) auf den ‚American Way of Life‘ ein und den (vielleicht falschen) Glauben der Amerikaner, an den eigenen Pioniergeist und die Opferbereitschaft einer Gruppe, um die eigene Welt durch Eroberung eines fremden Planeten zu retten. Er zog gedankliche Verbindungen zu den ersten Siedlern, die Amerika unter großem Risiko ‚kultiviert‘ haben. Dabei ließ der Autor einen weiteren für mich wichtigen Aspekt des Films allerdings außer Acht, nämlich warum es eine Notwendigkeit für die Menschen gegeben hat, sich in das Abenteuer nach neuen für sie bewohnbaren Planeten zu stürzen. Beginnt nicht Umweltschutz vor der eigenen Haustür? Darum an Sie die folgende Frage:

Interstellar und die Gretchenfrage: Wie hältst du es mit dem Umweltschutz?“

Bitte lesen Sie weiter: „In „Interstellar“ entfaltet sich vor den Augen des Zuschauers eine Welt, die im Schatten ihrer eigenen Zerstörung liegt. Die Erde, einst ein blühender Planet voller Leben, ist nun zu einem trostlosen Ödland geworden. Der Himmel, einst blau und klar, ist von dichten Staubwolken verhangen, die die Sonne verdecken und das Land in einen ewigen Dämmerzustand versetzen. Die Bodenverschlechterung hat die Felder in braune, unfruchtbare Wüsten verwandelt, wo einst saftige Ernten wuchsen. Die „Blight“ (Seuche), eine unaufhaltsame Krankheit, frisst sich durch die letzten verbleibenden Pflanzen, während die Menschen verzweifelt versuchen, den fürchterlichen Hungertod abzuwenden. Winde fegen über das Land und tragen den erstickenden Staub in jede Ritze der Häuser, in die Lungen der Menschen, die um jeden Atemzug kämpfen.

Christopher Nolan entwirft in seinem Film „Interstellar“ eine düstere Reflektion auf eine wenig aussichtsreiche Zukunft, wenn die Menschheit die Zeichen der  Umweltzerstörung ignorieren. Dabei greift er auf die Bibel zurück. Die einst fruchtbare Erde wird zu einem kargen Ödland. Dieses Szenario erinnert mich an die biblische Vertreibung aus dem Paradies. In der Genesis wird die Vertreibung als Verlust eines perfekten Ortes beschrieben, ein Ort voller Überfluss und Harmonie, zerstört durch menschliche Verfehlungen. So ist die menschengemachte Umweltzerstörung wohl die Verfehlung die zur Katastrophe führt.

In „Interstellar“ erlebt der Zuschauer eine ähnlich erzählte Tragödie. Die Menschheit hat das Paradies Erde durch Gier und Ignoranz verloren, und nun wandert die Menschheit durch die Wüste der eigenen Schöpfung. Die Staubstürme sind die Plagen, welche die Menschheit über sich selbst gebracht haben, und die „Blight“ ist die Strafe, welche das Menschengeschlecht zwingt, zu erkennen, was die Gesellschaft zerstört hat. Doch warum wählt Chistopher Nolan ein so düsteres Szenario um den Zuschauer auf die Umweltzerstörung durch den Menschen aufmerksam zu machen?

Ein düsteres Bild, wie das in „Interstellar“ gezeichnete, dient als kraftvoller Weckruf. Solche Darstellungen, meinen einige Leute, sind oft notwendig, um das Bewusstsein für die dringliche Bedrohung durch Umweltzerstörung zu schärfen. Sie hoffen auf eine Schockwirkung. Das apokalyptische Szenario verdeutlicht die möglichen Konsequenzen des menschlichen Handelns und Nicht-Handelns auf drastische Weise. Es zwingt die Zuschauer, sich mit der Realität auseinanderzusetzen, dass die Erde nicht unzerstörbar ist. Doch ist das wirklich so?

Nützt ein emotionaler Appell wirklich dem Umweltschutz? Motiviert so ein Szenario wirklich, sich mehr für den Umweltschutz einzusetzen?

In dem Blogbeitrag über die Diskussion um die Ausstellung Körperwelten wurde bereits aufgezeigt, dass Schockbilder zwar Aufmerksamkeit für ein Thema schaffen. Jedoch in ihrer Wirkung begrenzt sind. Raucher, die man mit Schockbildern vom Genuss des Tabaks abhalten wollte, finden Wege um die Schockbilder auf den Schachteln, z.B. mit schöneren Motiven, zu verdecken. So wird zwar mit vielleicht schlechtem Gewissen weiter geraucht, aber die Gefahr des Rauchens wird heruntergespielt. Dies auf das Umweltthema übertragen bedeutet, dass fast jeder den Klimawandel und die Umweltzerstörung als schlimm oder sogar als furchtbar empfinden mag, aber der Einzelne deshalb noch lange nicht sein Verhalten dauerhaft ändert. Daher ist es fraglich, ob ein apokalyptisches Szenario, wie in „Interstellar“ aufgezeigt, wirklich hilfreich ist, um Umweltschutz zu fördern.

In „Interstellar“ wird ein düsteres Zukunftszenario gezeichnet, das als Warnung vor den Folgen der Umweltzerstörung dient. Diese Darstellung kann mit Martin Luthers Glauben an die Endzeit verglichen werden. Luther lebte in einer Zeit großer sozialen Umbrüche (z.B. Bauernaufstände) und sah in den Ereignissen seiner Zeit, Zeichen für das bevorstehende „Jüngste Gericht“.

Sowohl „Interstellar“ als auch Luthers Endzeitvorstellungen dienen als Mahnung. Für Luther war die Vorstellung der Endzeit ein Anstoß, die Menschen zur Umkehr und zu einem „gerechten“ Leben zu bewegen. Ähnlich soll „Interstellar“ die Zuschauer dazu bringen, über ihre Verantwortung gegenüber der Erde nachzudenken. Luther betonte die Dringlichkeit, sich auf das Ende vorzubereiten, da es jederzeit eintreten könne. „Interstellar“ vermittelt eine ähnliche Dringlichkeit im Hinblick auf den Umweltschutz und die Notwendigkeit, sofortige Maßnahmen zu ergreifen. In beiden Fällen gibt es eine Botschaft der Hoffnung. Für Luther lag die Rettung im Glauben und in der Gnade Gottes. In „Interstellar“ liegt die Hoffnung in der menschlichen Entschlossenheit und dem Glauben an die Wissenschaft, die eine Lösung für die Probleme der Erde finden kann.

Obwohl Endzeitszenarien wie in „Interstellar“ natürlich reizvoll sind und mit tollen Bildern auf Umweltkatastrophen aufmerksam machen, oder historische Vorstellungen wie bei Martin Luther eine starke Warnfunktion haben, ist es entscheidend, den Fokus auf konkrete Maßnahmen zu legen, um den Umweltschutz effektiv voranzutreiben. Die Panikmache und futuristische Schreckensszenarien allein reichen nicht aus, um nachhaltige Veränderungen zu bewirken. Stattdessen sollten sich Umweltschützer auf praktische Lösungen und umsetzbare Strategien konzentrieren, um die Erde zu bewahren. Einige dieser Maßnahmen für einen besseren Umweltschutz sind heiß umkämpfte Themen, wie die Förderung von erneuerbaren Energien z.B. die Windkraft oder die Mobilitätswende, z.B. die Förderung von Elektroautos, welche den CO2-Ausstoß im Straßenverkehr deutlich verringern soll.

Dies zeigt, dass es deutlich leichter ist, ein Endzeitszenario durch Umweltzerstörung an die Wand zu malen, als praktische Hilfen für Menschen zu organisieren. Wenn Umweltmaßnahmen nicht als Verbesserung der Lebensqualität des einzelnen, sondern als Kostenfaktor, der die Energie verteuert, angesehen werden, wird Umweltschutz zum heiß umkämpften Politikfeld zwischen einer Gruppe, die schnell Maßnahmen für Umweltschutz ergreifen will und einer anderen Gruppe, die auf den ‚Status Quo‘ setzt. Am Ende gewinnen nicht die konkreten Maßnahmen für Umweltschutz an Bedeutung, sondern es wird eine hitzige Debatte um die Umsetzung und den Nutzen von Umweltschutz an sich geführt.

Deshalb wäre es vielleicht hilfreich, weniger Endzeitszenarios und die Vertreibung aus dem Paradies in Filmen wie „Interstellar“ darzustellen und darauf zu verweisen, sondern positive Wirkungen, welche durch Umweltschutzmaßnahmen entstehen können, zu betonen. Wer möchte nicht an einem Ort leben, wo es „gesunde Luft, klares Wasser und eine fruchtbare Erde gibt“? Das war schon immer das utopische Bild eines „Arkadien“, ein Sehnsuchtsort, einem „Locus amoenus“ (Paradiesgärtlein) wie sie ihn im Beitrag „Una cosa rara“ beschrieben.

Daher wäre es besser selbst in die Natur zu gehen, statt sich im Kino oder Theater eine zerstörte Erde anzuschauen und sich dabei zu „schocken“. „So lasst uns denn ein Apfelbäumchen pflanzen“ empfahl doch Hoimar von Ditfurth bereits 1988, in seinem Umweltszenario. Schon damals stellte er die Frage, ob die Menschheit als Kollektiv in der Lage ist, ihr Verhalten zu ändern, als elementare Voraussetzung für ihr Überleben.

Also pflanzen Sie bitte lieber einen Baum, der spendet Schatten und sorgt für gute Luft. Was meinen Sie? Im Voraus Danke für Ihre Antwort und beste Grüße!“

Herzlichen Dank für Image by Gerd Altmann from Pixabay