Mit großem Spaß habe ich den Bericht über die Lesung „Heute kein Konzert“ am Schauspiel Frankfurt über Georg Kreisler. und den Bericht über Bodo Wartke´s Song „Ja, Schatz“, in dem ein Mann seine Frau am liebsten mit der Axt um die Ecke bringen will, gelesen. Als kritischer Leser ist mir aufgefallen, dass an dieser Stelle bisher nur von Männern als Satirikern berichtet worden ist. Was also ist mit den Frauen? Wie dem Bericht an einer Stelle zu entnehmen war, sang der Schauspieler Thorsten Flassig in seinem Liederabend über eine „Barbara“. Gemeint war in diesem Fall seine Partnerin Barbara Peters. Am Anfang des Liedes heißt es: „Ich denke jeden Nachmittag an Barbara. Obwohl ich niemand dieses Namens kenn‘.“
Mir kam dabei eine ganz andere Frau in den Kopf, namens Barbara; nämlich Barbara Schöneberger. Frau Schöneberger tauchte 1998 erstmals für mich sichtbar im Fernsehen als Assistentin von Elmar Hörig in der Sat1-Spielshow „Bube, Dame Hörig“ auf und ließ sich von dem frechen, manchmal sogar etwas anmaßenden, Moderator Hörig nichts gefallen und gab ihm ordentlich Paroli, was für ein großes Selbstbewusstsein spricht. In 2001 erhielt Frau Schöneberger die Sendung „Blondes Gift“ zunächst in ProSieben, später im WDR. Ziel der unterhaltsamen Sendung war es, den sogenannten „Blondfaktor“ des Gastes durch Fragen, Verköstigung und diversen Einspielern über die Charaktereigenschaften des Gastes herauszufinden.
Mit dem „Blondfaktor“ war nicht die Haarfarbe gemeint, das war ein intelligentes Wortspiel, welches auf die Haarfarbe von Frau Schöneberger anspielte, sondern es ging um eine positive Lebenseinstellung, nämlich ein entspanntes Verhältnis zu den Dingen zu haben. Diese Lebenseinstellung verkörperte Frau Schöneberger und versuchte, mit Humor und Schlagfertigkeit dem Gast auf unkonventionelle Art eine neue Seite zu entlocken. Diese halbe Stunde war oft sehr unterhaltsam. Mit der Rolle als „blondes Gift“ zeigte Frau Schöneberger ihr humoristisches Talent und einen gewissen Hang zur Anarchie. Ganz anders als später in ihrer festgelegten Rolle als Gastgeberin in der NDR Talk Show, wo sie nur innerhalb eines starren Rahmes ihre „wilde Seite“ ausleben kann.
Vor dem Eintritt in die NDR Talkshow ab Januar 2008 widmete sich Frau Schöneberger 2007 der Satire. An einem Zeitpunkt ihrer Karriere brachte sie eine Platte mit dem provozierenden Titel „Jetzt singt sie auch noch!“ hervor. Auf diese Platte möchte ich gerne den Fokus des Lesers lenken. Mit dem Song „Jetzt singt sie auch noch!“ beginnt die Platte. In dem Song spielt Barbara Schöneberger mit ihrer Rolle in den Medien. Sie hat eine gewisse Bekanntheit erlangt und kommt in den Medien bereits vor. Sie war als Gast bei der damals angesagten „Harald Schmidt Show“, sie wird als schrill, bunt, üppig und blond angesehen. Sie spielt mit allen Klischees und Gerüchten über ihre selbstgeschaffene Kunstfigur Barbara Schöneberger.
„Männer muss man loben“
Der Song ist der Auftakt und Namensgeber des Albums. Der zweite Song „Männer muss Man loben“ des Albums ist eine ironisch-bissige Abrechnung mit dem männlichen Geschlecht. Ein Mann kommt erst 2-3 Stunden später als mit seiner Partnerin vereinbart nach Hause. Dazu ist er „sehr betrunken“ und hat als Entschuldigung „Blumen von der Tanke“ dabei. In der zweiten Strophe wurde der Mann selbstständig einkaufen geschickt. Ein Umstand, der diesen Mann augenscheinlich leicht überfordert hat. Denn von der aufgeschriebenen Liste für die benötigten Lebensmittel fehlt ein Drittel. Dabei wurde auch noch eine Milch verschüttet. Diese Heldentat nötigt der Sängerin Respekt! Der Mann erfährt eine Würdigung seiner Genialität.
In der dritten Strophe erfährt der Hörer die Würdigung des Mannes als „Held“, „Sexsymbol“, „wilder Hengst“ und gleichzeitiger „Ruhepol“. Der Hörer erfährt über die äußere Erscheinung des Mannes, dass er schon ein „leicht ergrautes Haar hat, welches nicht mehr ganz so voll ist“. Nun spricht Barbara dem Mann ihr größtes Lob aus, nämlich dass sie den Mann „uneingeschränkt toll findet“. Für die weiblichen Hörerinnen hat Barbara noch einen wichtigen Ratschlag zum Umgang mit Männern parat: „Männer muss man loben.“ Als Schlussfolgerung zieht Barbara nun die Konsequenz „Dann bleiben sie stark, dann bleiben sie oben.“
In der nächsten Strophe spricht Barbara offenkundig ein heikles Thema an, nämlich die Bettgewohnheiten dieses Mannes. Der Textzeile „Danach ins tiefste Koma fällst du“ und „Fast alle Schnarchrekorde hältst du“ ist zu entnehmen, dass der Mann eine für ihn wirksame Entspannungstechnik anwendet und über einen guten Schlaf verfügt.
Fähigkeiten, die einen Mann auszeichnen, auch mal loben …
In der letzten Strophe singt Barbara über die Fähigkeiten, die diesen Mann auszeichnen. Zum einen sorgt der Mann dafür, dass das ganze Bad noch trocken ist, nachdem er es benutzt hat. Diese Fertigkeit empfindet Frau Schöneberger als einen Traum. In der nächsten Zeile zeigt der Mann seinen Ordnungssinn. Dieser wird von Barbara gelobt „Du trägst zwei gleichfarbige Socken“. Die letzte Zeile des Liedes widmet sich der Kommunikationsfähigkeit des Mannes. Er bringt seine Wertschätzung gegenüber seiner Partnerin mit den Worten „Ich hab Dich lieb“ ohne Stocken zum Ausdruck. Dies zeigt wie Männer mit einfachen Mitteln Frauen „glücklich“ machen können.
... frei nach Frank Sinatra …
Im nächsten Song „Sei mal verliebt“ zeigt Barbara Schöneberger ihr großes Gesangstalent, indem sie den Cole-Porter-Song „Let´s Do it, Let´s Fall in Love“ in der deutschen Fassung mit der Aufforderung „Sei mal verliebt!“ scheinbar mühelos neu interpretiert. Dies gilt auch für den Frank Sinatra Klassiker „The Lady is a Tramp“, den Barbara Schöneberger als „Ich glaub‚‘ne Dame werde ich nie“, neu gestaltet.
Mailverkehr
Eine Perle des Albums ist sicherlich der Song „Mailverkehr“. Hier greift Barbara das Thema Verbreden im Internet auf. Statt sich persönlich zu verabreden und „Küsse von Mund zu Mund“ auszutauschen zeigt sie ihre Gefühle einfach „mit dem Daumen.“ Ein weiterer Vorteil dieses Kommunikationswegs ist „Frau braucht sich nicht mehr stylen“. Dieser Song kann als geradezu visionär in Bezug auf spätere Kommunikationsmöglichkeiten wie Tinder, Mumble und Co. angesehen werden. Als der Song herauskam, befand sich die Gesellschaft in 2007. Eine Dating-App wie Tinder wurde erst 2012 in West Hollywood Kalifornien in den USA gegründet.
Männer muss man überzeugen, wer die Richtige ist …
In dem Song „Fredy“ geht es um die Lust einer Frau an dem „ungetreuen Fredy“, der auch von ihrer Freundin Hedi umworben wird. Offenkundig trieb die Sängerin vor Fredy mit „Männerherzen“ ihr Spiel. „Egon ließ sie laufen, als der Walter ihr gefiel. Heute ist es umgekehrt, heute büßt die Frau dafür. Denn heute treibt der Fredy sein Spiel mit ihr.“ Letztlich ist sich die Sängerin sicher, den Fredy ganz genau zu kennen und für ihn die richt´ge Frau zu sein. Dies zeugt von einem großen Selbstbewusstsein von Frau Schöneberger, dass sie ihren „Fredy“ von sich überzeugen kann.
… und trotzdem weiß Roger Cicero „Frauen regieren die Welt“
Die frechen Songtexte stammen aus der Feder der deutschen Songschreiber und Produzenten Frank Ramond und Mathias Hass, die auch für den Musiker Roger Cicero erfolgreich Songtexte wie das ironisch-verspielte „Frauen regier´n die Welt“ oder „Zieh die Schuhe aus“ von 2006, indem sich der Mann selbst hinterfragt. Er sieht sich als Sammler und adretter Jetsetter, und sie versucht ihn in den Beziehungsalltag einzubeziehen. „Ich bin ein Sammer, ein Jäger und was sagst du zu mir, zieh die Schuh aus, bring den Müll raus, pass auf Kind auf und dann räum hier auf!
Fazit:
Mit der Besprechung dieser Songauswahl aus dem Album „Jetzt singt sie auch noch!“ von 2007 möchte ich aufzeigen, dass nicht nur Männer satirisch-ironische, aber auch manchmal bissige Lieder singen oder interpretieren können. Frau Schöneberger zeigt mit ihrem Beispiel, dass auch Frauen selbstbewusst, frech und komisch sein können und diese Seite auch auf der Bühne ausleben sollten. Ich möchte deshalb mit einer Textzeile aus dem Song „Glücklich in acht Tagen“, eine Art Ratgebersong von Barbara Schöneberger an Leute, die Hilfe(stellung) suchen, enden: „Also ran an den Mann! Solange er noch kann.“
Wer nun neugierig auf die Songs aus „Jetzt singt sie auch noch“ geworden ist, findet diese kostenlos auf Youtube oder bestellt sich das Album auf Amazon für den „unglaublich teuren“ Preis von 1,47 Euro, allerdings mit Liefergebühr von 3 Euro. Nie war ein Klassiker des Hörvergnügens für einen kleineren Preis zu erwerben.
Herzlichen Dank für den Beitrag! Diese(r) Leser:in hat Humor!
Danke für die Marylin als Ersatz für die Schöneberger im Bild von Klaus Dellerer auf Pixabay