Der Lauschangriff im Staatstheater Darmstadt (wir berichteten schon mehrmals darüber hier im UniWehrsEL, unter anderem im Beitrag “Musik weckt Stille …“) gibt immer wieder Denkanstöße. Das Thema des letzten Lauschangriffes hieß: Ich will Spaß. Das klingt doch nach einem vergnüglichen Denkansatz, oder?
Hierzu ein Leserbrief mit bestem Dank an den fröhlich Schreibenden!
Liebes UniWehrsEL,
passend zum Thema des Lauschangriffs fällt mir diese Schlagzeile aus der Bildzeitung ein: “Frau hat Orgasmus beim Sinfoniekonzert. Es spielte Tschaikowskis fünfte Sinfonie. Plötzlich hörte das Orchester ein lustvolles Stöhnen. Die Frau konnte nicht identifiziert werden und spielte einfach weiter“. Das erinnert auch an den bekannten Film „Harry und Sally” und der bekannten Szene ähnlichen Inhalts. Die Pointe dabei ist, dass nach Sallys lustvollem Gestöhne eine andere Frau sagt: “Ich will genau das, was sie hatte.”
Dieses Bild, wie ein interessiertes klassisches Publikum versucht das Stöhnen des Mitmenschen zu ignorieren und dabei kunstvoll zu lauschen, oder auch wie man durch dieses Stöhnen besonders inspiriert wird, finde ich äußerst lustig. Womit ich elegant zum Thema des Lauschangriffs übergeleitet habe. Hinter dem Titel „Ich will Spaß“ verbirgt sich die Frage: wie gehe ich mit Humor auf der Bühne um?
Denkt das Publikum an komische Momente in der Oper, so fällt ihm als erstes womöglich Osmin aus der Entführung aus dem Serail von Mozart ein. Der ist zwar ein Eunuch singt, dafür aber im schönsten Basston. Das mag das Publikum in Erstaunen setzen, und das ist schon Ausdruck des Humors, dass etwas Unerwartetes, etwas mit einer Wendung passiert.
Oder sagen wir es ganz kurz frei nach Schopenhauer: Das Lachen entsteht jedes Mal aus nichts anderem, als aus der plötzlich wahrgenommenen Inkongruenz zwischen einem Begriff und den realen Objekten, die durch ihn, in irgendeiner Beziehung, gedacht worden waren, und es ist selbst eben nur der Ausdruck dieser Inkongruenz.
Dazu mein vorgestelltes Beispiel: Inkongruenz geschieht dann, wenn ein Mensch besonders stolz und hochmütig einher stolziert – und dann seiner Überheblichkeit durch den banalen Bananenschalensturz ein Ende gesetzt wird. Das ist für mich Inkongruenz par excellence.
Aber zurück zur Bühne.
Beliebt beim Publikum ist auch der Babier von Sevillia von Rossini. Dort gibt es eine lustige Szene, wenn Rosinas Liebhaber sich bei deren Vormund als Musiklehrer einschleicht und den Vormund mit seinen Gesangskünsten zum Schlafen bringt, während sich das Pärchen heimlich verabredet.
Als sehr lustig wurde bei der Uraufführung des Orfeos von Monteverdi der Auftritt des Fährmanns gewertet. Im Gegensatz zu allen anderen Sängern singt der Fährmann Charon tief. Das sollte dem Boten des Todes in dieser Oper den Schrecken nehmen. Finden Sie tiefe Töne auch weniger erschreckend?
Lustig sind für mich die Parodien aus den Offenbach Operetten wie z.B. „Orpheus in der Unterwelt“, wo sich Eurydike aus Langeweile in eine Fliege verliebt. Diese Fliege ist natürlich der Gott Zeus in Verkleidung. Das sorgt für ordentliche Lacher im Publikum und war schon beim letzten Lauschangriff zum Thema “Tiere” ein Schmunzeln wert.
Ebenso sorgte die Hosenrolle des Grafen Orlovsky in Johann Strauß´“Fledermaus“ für ordentliche Lacher, denn die Rolle ist mit einer Frau besetzt, die einen gelangweilten reichen Prinzen spielt und eine Flasche Wodka an die Wand knallt. Da fragt man sich, was denn mehr zum Lachen reizt, eine Frau in Hosen oder eine, die ihre Wut auch einmal an einer Wodkaflasche ausleben durfte (heute wohl nicht mehr ganz so ungewöhnlich).
Humorvoll ist auch der Text von Helge Schneider “Käsebrot“, das besonders durch den Text “super sexy ist ein Käsebrot”, schon wegen seiner Einfalt zum Lachen anregt.
Dabei lernen wir, lustig ist was dem einzelnen gefällt. So hat Shostakovitch die Melodie von” Tea for two” einfach neu interpretiert und erntet dafür beim Kenner ein breites Grinsen.
Handfester deutscher Schunkelhumor ist z.B. „Ein bisschen Spaß muss sein“ von Roberto Blanko oder der Neue-Deutsche-Welle Hit „Ich will Spaß – Ich geb´ Gas“ von Markus. Tiefgründiger ist da sicherlich der Humor des Kabarettisten Georg Kreisler wenn er beklagt „Im Theater ist nichts los“ oder der Song „Also geben sie acht“.
Einige Leute finden auch, dass man zu klassischer Musik wie „Carmen“ gut jodeln kann. Wenn dies unerwartet stattfindet, kann dieser Umstand durchaus zur Erheiterung der Leute beitragen. Falsch gespielte Märsche oder Marschmusik erzeugt beim bayernaffinen Publikum sicherlich eine Regung der Lachmuskeln.
Ein tiefsinniger Interpret mit feinem Humor ist dagegen der amerikanische Komponist Cole Porter mit Liedern wie „I´ll get a kick out of you not of Champain“. Dbei handelt es sich wohl eher um ein charmantes Lächeln.
In Opernkreisen gilt die Arie der Königin der Nacht als eine der schwersten Partien. Wer diese Partie einmal richtig falsch gesungen erleben will, der sollte sich die Schallplatte der Amerikanerin Florence Foster Jenkins anhören. Dies kann allerdings nur auf eigene Gefahr geschehen, weil der Gesang einen in seinen Alpträumen verfolgen kann. Schließlich hat die Dame einen Ruf zu verlieren als schlechteste Sängerin der Welt. Ihr erstes Konzert war 1944 trotzdem bis auf die letzte Reihe ausverkauft. Tausende Menschen versuchten vergeblich in der Carnegie Hall in New York für das Konzert eine Karte zu ergattern. Die unglaubliche Geschichte dieser Sängerin wurde 2016 mit Hugh Grand und der Schauspielerin Meryl Streep in der Titelrolle verfilmt. Seitdem erfreut sich die millionenschwere New Yorker Erbin Florence Foster Jenkins auch beim deutschen Publikum großer Beliebtheit.
Ein weiteres gutes Argument einfach mal zu Lachen ist, dass Lachen entspannt und dabei hilft, auch schwierige Situationen heil zu überstehen. Ich hoffe ich konnte Ihre Lachmuskeln mit Hilfe dieses Textes in Bewegung setzen. Sollte mir dies gelungen sein wäre ich mit diesem Text hochzufrieden.
Was bringt Sie zum Lachen? Bitte schreiben Sie mir!
Danke für das Bild der Musiker von Elke Lartz auf Pixabay