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In Frankfurt gibt es immer wieder etwas Neues zu entdecken. Das haben wir nicht zuletzt bei unserer gemeinsamen Stadtforschung und dem daraus entstandenen Buch “Frankfurter Augenblicke” festgestellt. Manchen Teilnehmer hat es sensiblisiert, das wahrzunehmen, was früher nicht vorhanden war. Und umgekehrt auch das zu sehen, was alles verschwindet.

Ein UniWehrsEL-Leser hat uns dazu einen sehr interessanten Tipp für den nächsten Frankfurtbesuch gegeben.

Liebes UniWehrsEL,

ich habe mir gestern die Ausstellung “Alles verschwindet” im historischen Museum Frankfurt angesehen. Die Ausstellung zeigt das alte Frankfurt aus Sicht des Bildchronisten Carl Theodor Reiffenstein (1820-1893). Reiffenstein wurde in Frankfurt geboren. Mit 13 begann er eine Lehre zum Theatermaler. Ein Theatermaler fertigt die Kulissen für eine Aufführung an. Später wurde er zum Landschaftsmaler ausgebildet. Als Landschaftsmaler bereiste er Frankreich, Italien und die Schweiz. Bedeutend wurde er jedoch für seine Heimatstadt Frankfurt. Im Auftrag der Stadt schuf er zwischen 1836 und 1893 als Maler und Historiker rund 2.000 Zeichnungen und Aquarelle und füllte über fast 2.400 Seiten mit handschriftlichen Notizen über Bauwerke und deren Geschichte. In seiner Sammlung Frankfurt entwarf er etwas, was man als Psychogeopgraphie bezeichnet – einen persönlichen sozialen Erinnerungsraum über Frankfurt.

Seine Sammlung wurde nun digitalisiert und neu aufbereitet. In 13 Stationen kann der Besucher etwas über das Frankfurt von 1836-1893 erfahren. Zum Beispiel dokumentierte er die Einweihung des heutigen Frankfurter Bahnhofs in 1886. Er zeichnete aber auch Tordurchgänge, Pförtchen, Türen, Treppenhäuser, Innenhöfe, gotische Spitzbögen, Flusslandschaften, Kirchen, das Abwassersystem von Frankfurt und Frankfurts Friedhöfe.

Er wird Zeuge wie sich die Stadt Frankfurt verändert: In 1810 lebten um die 40.000 Menschen in der Stadt,  1875 waren es schon 100.000 und um 1900 erfasste die Volkszählung 288.989 Personen. Das lag daran, dass viele Orte vor den Toren der Stadt eingemeindet worden sind und so zu neuen Stadtteilen wurden, z.B. Bornheim oder Bockenheim. Schon damals gab es Spekulationen.

Das Stadtbild änderte sich während Reiffensteins Leben sehr schnell. Mit der industriellen Revolution wuchs die Stadtbevölkerung und damit auch der Verkehr. Straßen wurden verbreitert, Eisenbahnen verlegt, Brücken, öffentliche Gebäude und die Kanalisation wurde modernisiert oder saniert. Das hatte seinen Preis. Es verschwanden ganze Wohnviertel, und andere reiche Bürger bauten grüne Vororte zu, während die Innenstadt verarmte. Arbeiter und Handwerkern fehlte es an bezahlbarem Wohnraum. Mit diesen Entwicklungen konnte sich der Historiker schwer abfinden und ging zu den Orten, an denen Bauwerke vom Abriss bedroht waren. (Unter Zuhilfenahme der Prospekte ist der Text entstanden).

Mit seinen Zeichnungen hielt der Künstler sie fest bevor sie verschwanden und versuchte so, das alte Frankfurt für die Nachwelt zu bewahren. Deshalb hat die Ausstellung auch den Titel “Alles verschwindet”.

Der Besucher kann neben der Ausstellung ein Kinderrätsel lösen und lernt so in einfacher Sprache etwas über die Ausstellung. Dieser Zugang ist sehr empfehlenswert.

Herzlichen Dank für diesen Beitrag! Über Kulturtipps freuen wir uns ganz besonders!

  • Beitrags-Kategorie:Blog
  • Beitrag zuletzt geändert am:30. Januar 2023
  • Lesedauer:4 min Lesezeit