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In den letzten Tagen bin ich mit einigen sehr interessanten Tipps zum Lesen Hören und Sehen angeregt worden. Das möchte ich Ihnen, liebe UniWehrsEL-Interessierte, auf keinen Fall vorenthalten. Ganz lieben Dank an die Schreibenden – und jederzeit wieder gerne weitere Tipps, damit wir im Gespräch bleiben!

Liebes UniWehrsEL,

Für Zwischendurch ein kurzer Buchtipp:

Ich lese zur Zeit das Stockholm Oktavo von Karen Engelmann – einen historischen Roman der sich um Gustav III. von Schweden dreht. Als Opernfan klingeln da alle Sirenen im Kopf und man denkt sofort an den Maskenball von Verdi. Im Maskenball geht es um eine Verschwörung gegen den Herrscher. Auf dem titelgebenden Maskenball wird der König von Verschwörern ermordet. Die Vorlage war die reale Geschichte von Gustav III König von Schweden. Da der Maskenball aber so nicht durch die Zensur kam, wurde aus dem König schnell ein Gouverneur eines amerikanischen Staates, weil Amerika für Italien weiter weg war als Schweden.

Das Wort Oktavo beschreibt eine bestimmte Kartenlegung. Der Leser erfährt viel über die gesellschaftlichen Verhältnisse zur Zeit Gustav III. Er räumt den Bürgerlichen durch Reformen mehr Rechte ein, weil er eine Revolution wie in Frankreich vermeiden möchte. Deshalb verägert er die Royalisten, die um ihre Priviligen fürchen. Beim Kartenlegen geht es wohl darum, sein Gegenüber richtig einzuschätzen.

Das Buch widmet sich auch der Bedeutung des Fächers beim Kartenspielen. Mit dem Fächer kann eine Dame dem männlichen Spieler Zeichen geben und ihn bestärken oder verunsichern. Der richtige Einsatz des Fächers muss also erlernt werden und kann nur von Eingeweihten durch einen Code entschlüsselt werden. Erinnert mich auch etwas an die Freimaurermotive aus der Zauberflöte von Mozart. Dort folgt auch eine Gruppe von Menschen selbstaufgelegten Regeln.

Der Titelheld ist ein einfacher Beamter auf der Suche nach einer passenden Heirat, weil er sonst von seinem Vorgesetzen gezwungen wird, seinen Posten wieder abzugeben. Deshalb taucht Emil Larsson in die Welt des Glückspiels, der Fächer und hübschen Damen ein. Er lässt sich seine Zukunft von der Kartenlegerin Madame Sparv in deren Salon vorhersagen. Die Meisterin in der Kunst des Fächers ist die Adlige Baronezz Uzanne, die Schülerinnen um sich versammelt, welche die Kunst des Fächers lernen müssen. Nur wer die Codes lesen kann hat die Chance gesellschaftlich voranzukommen, seine Stellung zu wahren oder sogar mit Hilfe der Fächerkunde aufzusteigen.

Die Fächerkunde ist eine Wissenschaft für sich. Denn die Fächer tragen eigene Namen. Sie sind unbezahlbare Unikate. So macht auch ein Fächerhersteller in dem Buch mit. Er brachte die Fächermode mit aus Paris, wo er vor den Revolutionären geflohen ist. Er selbst ist Meister im Herstellen der Fächer. Seine Frau wiederum ist so geschäftstüchtig und gesellschaftlich geschickt, dass sie die Fächer an den Mann (als Liebesbeweis für die Frau) bringen kann.

Würdest du gerne die Fächerkunst erlernen wollen? Glaubst du an die Macht der Kartendeutung?

Es geht also um ungeschriebene Regeln der feinen Gesellschaft und Codes für eingeweihte Leute oder Menschen, die sich für besonders kultiviert halten. Die Figuren sind geheimnisvoll und so erzeugt der Roman große Spannung.

... und hier etwas zum Schauen …

Liebes UniWehrsEL,

ich habe gerade die erste Staffel der Zukunftsserie Upload beendet. Die Hauptfigur ist ein 20jähriger, kerngesunder Mann. Durch einen Autounfall mit einem selbstfahrenden Auto landet er im Krankenhaus. Dort stehen in dieser Zukunftsphantasie ihm zwei Optionen offen.

A) sich in eine Operation zu begeben, die wenig Aussicht auf Erfolg bietet oder

B) sich eine digitale Version seiner Selbst erstellen zu lassen und in einem digitalen Jenseits weiterzuleben.

Bedrängt von seiner technik-affinen und sehr reichen Freundin wählt er in seinen letzten 20 Minuten Entscheidung B. Doch damit fangen die Probleme für Nathan erst an. Da er nicht mit seinem baldigen Ableben gerechnet hat und eine sorgloser Typ Mann ist, hat er keine Vorsorge getroffen. Also keine Vermögen angespart, um sein digitales Weiterleben abzusichern. Er ist also auf seine Freundin als Finanzier angewiesen und diese entpuppt sich als äußerst launisch.

Dann entpuppt sich die digitale Version des Jenseits als ein Luxushotel in dem zumeist betagte Senioren ihr Weiterleben gestalten. Deshalb ist es für den Titelhelden schwierig, neue Leute bzw. Menschen in seiner Altersgruppe zu treffen. Das Leben im Hotel ist seltsam gleichförmig und daher langweilig. Sein digitales Leben mit immer dem gleichen Tagesablauf zu verbringen, ist für Nathan äußerst schwierig. Das digitale Leben gestaltet sich zudem als äußerst teuer, sobald Nathan es sich angenehmer gestalten will, z.B. mit neuer Kleidung, einem Ausflug oder anderen Ablenkungen, braucht er Geld, was er nicht besitzt, weil seine Freundin ihm das Geldkonto gesperrt hat.

Die digitalen Menschen haben echte Betreuer sogenannte Engel, die sich um die Wünsche der digtalen Leute kümmern. Die echten Menschen leben also in einem Callcenter und stehen den ‘digitalen Uploads’ zur Verfügung. Die echten (lebenden) Menschen träumen von der digitalen Welt, weil sie ihnen das Glück verheißt. Allerdings müssen die echten Menschen dafür hart arbeiten, um dann im digitalen Leben ein Paradies vorzufinden. So kommt es nun, dass sich Nathan in seinen Engel Nora verliebt, weil die beiden sehr viel Zeit miteinander verbringen. Nora hält Nathan auch davon ab, sich in den Digitalstrom zu stürzen. Nora und Nathan sind der romantische Teil der Serie. Später fragt sich Nathan ob er nicht von seinem Geschäftspartner im echten Leben oder seiner Freundin ermordet worden ist, weil er starke Erinnerungslücken an die Zeit kurz vor seinem Tod aufweist.

Was kann der Zuschauer aus der Serie Upload lernen? Ein von einem Unternehmen entworfenes Jenseits spielt nach kapitalistischen Regeln und nicht nach religiösen, wo jedermann willkommen scheint. Nur wer sich die digitale Welt leisten kann, kann sich in dieser vermeintlich frei bewegen. Jedoch ist diese Welt auf ein Hotel und seine Möglichkeiten ausgelegt. Ist es wünschenswert nach dem Tod in einer digitalen Welt weiterzuleben? Wie gehen Angehörige oder auch die digitale Person mit dieser neuen Welt um?

Würdest du gerne in einer digitalen Welt weiterleben wollen?

  • Beitrags-Kategorie:Alltagskultur / Blog
  • Beitrag zuletzt geändert am:30. Januar 2023
  • Lesedauer:7 min Lesezeit