Zur Zeit gibt die Oper Frankfurt wieder einmal die „Daphne“. Den Inhalt und auch die Problematik hatten wir bereits im Jahr 2020 im Seminar “Lebensraum und Seelengarten/” angesprochen. Es ging um die fundamentalen Fragen unserer menschlichen Natur, die sich in unseren Wünschen, Träumen, aber auch Ängsten und dem Umgang damit widerspiegelt.
Da die Oper Daphne immer wieder eine Neuauflage erfährt und die Bedeutung der Träume im neuen Winterseminar „Nachterleben“ eine wesentliche Rolle spielen wird, bin ich auch auf Ihre Meinung zu diesem Themenbereich gespannt.
Danke auch an dieser Stelle einmal mehr unserem Kulturbotschafter, der die Oper in Frankfurt für die UniWehrsEL-Leser besucht und aus seiner Sicht beschrieben hat.
Liebe UniWehrsEL-Leser,
In der Frankfurter Daphne blickt eine alte Frau zurück auf ihr Leben. Als Jugendliche erlebt Daphne ihr sexuelles Erwachen. Sie kann damit aber nicht umgehen. Als sich ihr Freund aus Kindertagen in sexueller Absicht nähert, weist sie seine Anmache zurück.
An dieser Stelle könnte die Oper enden. Der Jugendfreund wird jedoch von den anderen Mädchen aufgezogen, wegen Daphnes Zurückweisung. Sie geben ihm einen aus heutiger Sicht vielleicht sogar verständlich, dennoch bizarren Rat: Er soll sich als Mädchen verkleidet Daphne erneut nähern und einen zweiten Versuch wagen. Derweil versucht die Mutter von Daphne auf diese einzuwirken, doch am Ritus der Vereinigung von Mann und Frau mitzuwirken, Daphne bleibt beim Nein.
Zum Drama wird das Ganze, als sich auf dem Fest ein Fremder in Daphne verliebt und ebenfalls Daphne verführen will. Der Fremde ist der Gott Apollo. Er bekommt einen Wutanfall, nachdem Daphne ihn zurückweist. Als nun der Freund von Daphne ihr als Mädchen verkleidet Avancen macht, rastet Apollo aus und erschlägt Daphnes Jugendfreund.
Anschließend bedauert Apollo seinen Wutausbruch und so verwandelt er Daphne in einen Baum. Der Freund darf bei den Göttern leben.
Schlussfolgerungen aus der Oper aus heutiger Sicht: ein Nein einer Frau bleibt ein Nein. Ratschläge, wie hartnäckig ein Mann dranbleiben muss, sind falsch. Sie erzeugen Druck für die Frau. Druck ist kein Mittel, Frauen zu überzeugen.
Auch die Idee, durch Verkleidung als Frau, die Meinung einer Frau zu ändern, ist kein guter Rat, auch wenn er von Mädchen zu Mädchen geschieht. Dies führt nicht zu mehr Vertrauen der Frau in den Mann, sondern ist eine Manipulation. Wenn sie nicht will hat der Mann das zu akzeptieren.
Das Verhalten von Apollo ist noch schlechter. Zwar wird nicht Daphne selbst von Apollo getötet, wie es in anderen Opern vorkommt, jedoch wird sie sich Vorwürfe machen, wegen des Todes des Jugendfreunds. Um einen Ausweg aus dieser Situation zu finden wird sie in einen Lorbeerbaum verwandelt. Der ist seither selbst Apollo heilig.
Über weitere Gedanken und Anregungen würde ich mich sehr freuen!
Und gerne leite ich Ihnen meine Antwort an unseren Kulturbotschafter weiter:
Lieber Kulturbotschafter,
Daphne ist ein Naturkind und erlebt die Welt mit den Blicken eines eskapistischen Verhaltens. Als „Eskapismus“, also die Flucht aus der realen Welt, in ihrem Fall in eine Naturwelt, in der Sexualität keine Rolle spielt, könnte die Inszenierung in Berlin gedeutet werden. Frankfurt Live, das Online-Gesellschaftsmagazin aus Frankfurt interpretiert die Daphne in diesem Sinne:
„Als menschliche Verkörperung der Natur ist ihr die Liebe zu Männern völlig fremd. Apollo, der als Rinderhirte verkleidet auf dem Fest erscheint und ihr verfällt, kann sie nichts abgewinnen. Erst durch Leukippos’ List, verhüllt in Frauenkleidern Daphne zum Dionysostrank zu verführen, bricht sie mit ihrer wahren Natur. Apollo, der den Betrug durchschaut, fordert Leukippos auf, sich seiner Verkleidung zu entledigen. Daraufhin gibt auch Apollo seine Identität als Sonnengott preis. Daphne jedoch entzieht sich beiden. Als Leukippos Apollo verflucht, tötet ihn dieser. Apollos Erkenntnis, gegen seine göttliche Bestimmung und die Natur Daphnes gehandelt zu haben, kommt zu spät. Vergeblich bittet er die Götter um Verzeihung. Daphne kann erlöst werden: Indem sie sich in einen Lorbeerbaum verwandelt, vereinigt sie sich mit der geliebten Natur.“
Mit besten Grüßen
Ihr UniWehrsEL
Danke für das Traumwesen mit Nymphe von Maria Lorenz auf Pixabay!